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Königsfreunde (German Edition)

Königsfreunde (German Edition)

Titel: Königsfreunde (German Edition)
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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unbeteiligt durchs Fenster schien und Clara in seinem Arm schlummerte.
     

 
    Am nächsten Tag gab es eine Ablenkung. Marquard erstellte mit ihm zusammen eine Liste der Dinge, die erledigt werden mussten. Robin war erstaunt, wie gut Marquard sich mit all den Regierungsgeschäften auskannte. Anscheinend hatte er in den Jahren bei Hofe viel gelernt. Als Robin ihn danach fragte, zögerte er zunächst mit der Antwort.
    »Weißt du, ich will dich nicht mit so was belasten«, sagte Marquard.
    »Womit?«, fragte Robin. Sie saßen gemeinsam an dem großen Ebenholztisch im königlichen Arbeitszimmer, auf dem sich Papiere und Bücher mit Aufzeichnungen türmten.
    »Ich sage das nicht gern. Aber deine Eltern haben sich nie sehr um das Regieren gekümmert. Es gab Leute, die das Wichtigste für sie erledigt haben, sodass alles irgendwie weiterlief. Sie haben Schätze angehäuft durch hohe Steuern. Sie belasteten die Pächter und gaben das Geld aus. Viele Feste wurden gefeiert. Sie verhielten sich politisch still, dadurch gab es auch keinen Krieg, weil sie kein benachbartes Herrscherreich provozierten«, sagte Marquard.
    Robin starrte auf den Tisch und dachte darüber nach.
    »Willst du sagen, dass sie schlechte Regenten waren?«, fragte Robin.
    »Viele waren dieser Ansicht, ja. Und das hatte Folgen. Sie bekamen es mit der Angst zu tun, als du auf den Thron gesetzt werden solltest. Sie dachten, dass du ein verweichlichter Knabe sein wirst, der zu viel Macht hat, der sich gehen lässt, damit nicht umgehen kann und alles ins Unglück stürzt. Ich ließ mich nach Monaten davon überzeugen, dass sie recht hatten. Danach entwickelte es sich schnell zu einer Intrige. Zuerst wollten sie dich nur beeinflussen, dann töten. Denn sie hatten längst selbst die Krone im Auge. Eine sehr seltene Gelegenheit, den letzten Spross einer Königsfamilie zu beseitigen. Der neue Regent würde damit auch eine neue Herrscherfamilie gründen. Natürlich wollte jeder das gern für sich selbst erreichen.«
    »Du auch?«, fragte Robin.
    »Nein«, sagte Marquard. »Nachdem deine Mutter gestorben war, hatte ich kein Interesse mehr an dem Ganzen. Ich glaubte, dass ich die Macht wollte, aber heute weiß ich, das hätte nichts geändert. Vielleicht habe ich auch gedacht, dass der Schmerz nachlässt, wenn das letzte Bisschen von ihr verschwindet. Also du. Ich war nur noch ein Mitläufer, Robin. Und ich fühle mich immer noch schlecht. Sie fehlt mir.«
    Robin wischte sich die Augen.
    »Das tut mir leid«, sagte er.
    »Es ist nicht deine Schuld. Ich muss damit leben.«
    »Ich fühle mich auch manchmal schlecht. Aber aus einem anderen Grund. Ich vermisse meine Mutter kaum noch. Und ich schäme mich deshalb. Ich habe sie kaum gekannt. Ich hatte immer wechselnde Ausbilder und Lehrer, ich hatte Friedrich, der nur ein Diener für mich war. Und dich. Du warst der Einzige, von dem ich glaubte, dass ihm persönlich etwas an mir liegt.«
    »Das war vielleicht auch so«, sagte Marquard.
    »Ich fühle mich schuldig, weil ich Nesa fast mehr liebe als meine Mutter«, sagte Robin. »Wie kann so was sein?«
    »Ich weiß es nicht. Gefühle sind, wie sie sind. Oft unerklärbar. Sie tun, was sie wollen und quälen uns.«
    »Ja, das tun sie«, sagte Robin. Er senkte den Kopf, damit sein Vater die Tränen nicht sah, die sich schon wieder in seine Augenwinkel schlichen.
    »Weißt du, deine Mutter hat sich zwar wenig um dich gekümmert, aber sie hat immer alles Schlechte von dir ferngehalten. Sie konnte dich nicht erziehen, aber ich weiß, dass sie auch nicht wollte, dass du von diesen ganzen Abgründen, Versäumnissen und Fahrlässigkeiten etwas mitbekommst. Du hast in einer Scheinwelt gelebt, Robin. Und jetzt wartet viel Arbeit auf dich«, sagte Marquard. »Das Vertrauen deines Volkes wirst du aber mit der Zeit gewinnen. Alle reden davon, dass du diese Jungen aus dem Kerker geholt hast und dich auf die Seite einer Bauernfamilie gestellt hast. Das ist ein guter Anfang. Sie müssen an dich glauben, sie brauchen eine Zukunft.«
    »Ich weiß«, sagte Robin. »Auf die Liste schreiben wir: Überprüfung der Pächter und neue Festlegung der Höhe der Pacht. Ich will sehen, ob man sie nicht entlasten kann. Müssen wir dann an anderer Stelle einsparen?«
    Marquard lächelte.
    »Das müssen wir ausrechnen. Du bist kein Verschwender, das wird an sich schon sparen, wenn du nicht pausenlos Bälle und Feste gibst. Ich denke, dass du das schaffen wirst, mein Sohn.«
    »Hast du mich schon mal so
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