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Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen

Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen

Titel: Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
Autoren: Evelyn Boyd
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zerbrochen«, hatte Cousine Edda hinter vorgehaltener Hand getuschelt.
    Ich hatte mich weggedreht, um sie nicht mehr hören.
    Wie sehr hatte ich mir gewünscht, dass Ben bei mir gewesen wäre und mir Halt gegeben hätte. Doch Ben hatte mich schon lange verlassen. In jenem Sommer vor 10 Jahren in Schweden.
    Langsam versiegte der Tränenstrom und ich wischte mir die Augen. Ich fühlte mich seltsam erleichtert. Das Weinen hatte mir gutgetan.
    Ich ging ins Bad. Im Spiegel blickte mir mein blasses Gesicht mit geröteten Augen entgegen. »Ich komme damit klar! Ich werde es schaffen!« Ich nickte meinem Spiegelbild zu und ging zurück zum Auto, um meine Sachen ins Haus zu tragen.
    Zuerst trug ich die Einkaufstüten in die Küche und stellte sie auf den Esstisch, dann schleppte ich meine Reisetasche die schmale Holztreppe hinauf zum Schlafzimmer unter dem Dach. Ich öffnete das Dachfenster und blickte nach unten. Die Terrasse hinter dem Haus wurde von einer Rasenfläche umsäumt, die sanft in Richtung Wasser abfiel. Der Teil, den man sehen konnte, wirkte wie ein kleiner verwunschener See mit Seerosen und Schilfgras. Die Bäume des Waldes standen dicht bis ans Ufer. Sogar die kleine Insel in der Mitte hatten ein paar Birken erobert. Es handelte sich jedoch nicht um einen kleinen See, sondern genau genommen um eine Verbindung zwischen zwei größeren Seen. Dem Fängen in Norden und dem Sandsjön im Süden. Diese hatten wiederum viele kleine Nebenseen und verschwiegene Buchten, in denen man ungestört angeln, sich sonnen und baden konnte. Ich freute mich darauf, wieder mit dem Boot hinauszufahren. Schon etwas zuversichtlicher steckte ich den Kopf aus dem Fenster. Die Luft war klar und frisch. Links hinter dem Haus standen ein kleiner Angelschuppen und der Schmetterlingsbaum. Den Baum hatten wir als Kinder so genannt, weil durch seine Rinde im Sommer immer ein süßer Saft tropfte und viele Insekten anlockte. Vor allem Schmetterlinge bevölkerten die Baumrinde, um zu naschen. Der Stamm schien dann aus unzähligen bunten Flügeln zu bestehen, die aufgeregt flatterten.
    So viele wundervolle Erinnerungen gab es. Ich wandte mich vom Fenster ab und begann meine Sachen in den Kleiderschrank zu räumen. Als ich fast fertig war, vernahm ich plötzlich ein Geräusch aus der Küche. Bestimmt war es Herr Krångshult! Ich trat zügig aus dem Schlafzimmer auf die hölzerne Balustrade hinaus. Dort hatte man einen direkten Blick in das darunter liegende Erdgeschoss. Gegenüber gab es ein halbrundes Giebelfenster, welches die dicken Holzbalken, die das Dach stützten, in ein helles Licht tauchte. Unter der Balustrade lag der kleine Flur. Von meinem Platz aus konnte ich auf Teile der offenen Wohnküche und das Wohnzimmer mit dem großen, gemauerten Kamin gucken. Das Haus wirkte hell und friedlich. Niemand war zu sehen. Allerdings konnte man von oben den Wintergarten nicht einsehen. Ebenso wenig wie das Badezimmer und das Arbeitszimmer, in dem wir als Kinder geschlafen hatten. Die lagen direkt unter dem Schlafzimmer.
    »Hallo, ist da jemand? Herr Krångshult?«, rief ich. Doch niemand antwortete. Ich wollte mich schon abwenden, als ich wieder ein Geräusch vernahm. »Hallo? Wer ist denn da?«, rief ich nochmals. Jetzt allerdings etwas verunsichert.
    Zur Antwort schepperte es laut. Zögernd ging ich die Treppe runter und trat in die Wohnküche. Ich glaubte meinen Augen nicht. Auf dem Küchentisch saß ein riesiges, schwarz-weißes Katzentier. Zwei orange Augen funkelten mir entgegen, während es meine Einkaufstüten mit der Pfote inspizierte. Da fiel mir das zerfetzte Ohr des Tieres auf. Ich zog die Luft ein. »Captain One Ear! Bist du es wirklich?«
    Bei dem Klang seines Namens legte der Kater den Kopf schief. Dann erhob sich das zottelige Tier und sprang vom Tisch. Mit erhobenem Schwanz lief er gemächlich auf mich zu und strich mir schnurrend um die Beine.
    »Oh, One Ear, du alter Räuber, du bist es tatsächlich!« Ich war völlig aus dem Häuschen vor Freude und streichelte über seinen Rücken. Anscheinend erkannte er mich ebenfalls. Denn als ich mich bückte, um ihn hochzuheben, ließ er sich das anstandslos gefallen. »Mein Gott, bist du schwer geworden! Damals warst du noch ein kleines, wildes Katzenbaby.« Ich drückte den Kater an mich und vergrub mein Gesicht in seinem Fell. Captain One Ear maunzte leise. Anscheinend hatten mich nicht alle verlassen.
    »Hej, da hast du ja gleich deinen alten Freund wieder gefunden«, ertönte eine
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