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Kinder des Wassermanns

Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns
Autoren: Poul Anderson
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armseligen Hütte mit einer häßlichen Frau wohnt, nicht unzufrieden werden, soll er nicht vielleicht sogar Gottes Gerechtigkeit in Frage stellen? Und wann wird ein anderer Wassermann ein andere Jungfrau verführen, dieses Mal für immer? Das wird um so wahrscheinlicher jetzt, da die Kinder Agnetes und ihres Liebhabers erwachsen sind. Es ist ihnen fast schon zur Gewohnheit geworden, an Land zu kommen, sie haben Freundschaft mit einigen Knaben und jungen Männern geschlossen – und mehr als Freundschaft, so hörte ich erzählen, mit einigen Mädchen.
    Mein Herr, das ist Satanswerk! Wenn wir Seelen verlorengehen lassen, die unserer Obhut anvertraut sind, wie sollen wir uns beim Jüngsten Gericht verantworten?“
    Der Bischof runzelte die Stirn und rieb sich das Kinn. „Ihr habt recht. Aber was sollen wir machen? Wenn die Bewohner von Alsen bereits tun, was verboten ist, wird ein weiterer Bann sie kaum davon abbringen. Ich kenne dieses hartschädelige Fischervolk. Und wenn wir uns vom König Ritter und Soldaten erbitten, wie sollen diese auf dem Meeresgrund kämpfen?“
    Magnus hob einen Finger. Es flammte aus ihm heraus: „Mein Herr, ich habe derlei Dinge studiert, und ich kenne das Heilmittel. Diese Meeresbewohner mögen keine Dämonen sein, aber die Seelenlosen fliehen immer vor dem Wort Gottes, wenn es ihnen in der richtigen Weise auferlegt wird. Habe ich Eure Erlaubnis, einen Exorzismus durchzuführen?“
    „Ihr habt sie“, antwortete der Bischof erschüttert, „und dazu meinen Segen.“
    So kam es, daß Magnus nach Alsen zurückkehrte. Mehr Bewaffnete als üblich klirrten hinter ihm her, für den Fall, daß die Dorfleute Ärger machen würden. Diese sahen zu – einige voller Neugierde, einige verdrossen, ein paar unter Tränen –, als der Erzdiakon sich an eine Stelle oberhalb der Unterwasserstadt hinausrudern ließ. Und da verfluchte er mit Glocke, Buch und Kerze feierlich das Seevolk und befahl ihm in Gottes Namen, für immer zu verschwinden.

 
2
     
    Tauno, das älteste Kind der schönen Agnete und des Königs von Liri, hatte seinen einundzwanzigsten Winter gezählt. Zu seinen Ehren wurden viele Lustbarkeiten veranstaltet. Die köngliche Halle war von Meeresfeuer erhellt, das die Muscheln und Spiegel und goldenen Platten zurückwarfen, und zwischen ihnen, nach oben und unten und rings im Kreis, nach Norden, Osten, Westen und Süden, nach oben und unten woben die Tänze Muster auf schwebenden Pfaden; man sang und schmauste. Tauno erhielt Geschenke, kunstvoll gefertigt, und nicht nur aus Gold und Bernstein und Narwal-Elfenbein, sondern auch aus Perlen und rosigen, spitzenartigen Korallen, die im Lauf der Jahrhunderte durch Reisende von weither mitgebracht worden waren. Es gab Wettbewerbe im Schwimmen, Ringen, Harpunieren, Musizieren und Runenzauber. In dämmerigen Räumen, die kein Dach besaßen, weil sie keines brauchten, und in den wallenden Gärten mit ihren roten, grünen, purpurnen und braunen Gewächsen, wo Quallen wie weiße und blaue Blüten schwebten und Fische wie Meteore dahinschossen, wurde der Liebe gehuldigt.
    Danach ging Tauno auf eine lange Jagd. Obgleich das Seevolk von den Früchten des Meeres lebte, tat er es diesmal zur Unterhaltung und vor allem, um noch einmal die herrlichen norwegischen Fjorde zu besuchen. Mit ihm kamen die Mädchen Rinna und Raxi, zu seinem Vergnügen und zu ihrem eigenen. Sie hatten viel Spaß unterwegs, was Tauno viel bedeutete; denn zu oft war er unter seinen leichtherzigen Artgenossen ernst, und manchmal verfiel er in dunkles Brüten.
    Sie waren auf dem Weg nach Hause, und Liri war schon in Sicht, als das Unheil sie traf.
    „Da ist es!“ rief Rinna aufgeregt. Sie schoß voraus. Ihre grünen Haarsträhnen fluteten über den schlanken weißen Rücken. Raxi blieb bei Tauno. Lachend schwamm sie um ihn herum, und jedesmal, wenn sie unter ihm vorbeikam, streichelte sie mit den Händen sein Gesicht oder seine Lenden. Ebenso verspielt wollte er sie haschen, aber immer war sie dann schon außer Reichweite. „Fang mich!“ forderte sie ihn heraus und blies ihm Luftblasenküsse zu. Er grinste und schwamm stetig weiter. Die Halbblut-Kinder hatten die Form der Füße von ihrer Mutter geerbt und waren daher im Wasser weniger schnell und geschickt als die Rasse ihres Vaters. Trotzdem hätte ein Landmensch vor Staunen die Luft angehalten bei ihren Bewegungen. Und an Land kamen sie besser zurecht als ihre Vettern. Sie waren mit der Fähigkeit geboren worden, unter Wasser
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