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Kerstin Gier 2

Kerstin Gier 2

Titel: Kerstin Gier 2
Autoren: Mutter-Mafia und Friends
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seiner Mutter legt er alles ordentlich hin, und die Kinder fangen an, in Ruhe zu buddeln. Sie rennen nicht, sie schreien nicht, sie zanken nicht, und ich möchte hingehen und sie an den Haaren ziehen, um zu sehen, ob sie echt sind.
    »Gerda, pass auf«, schreit Ralf, und ich bemerke, dass eine Welle auf Nico zurollt, ich haste ins knietiefe Wasser und schnappe ihn im letzten Moment. Puh, das war knapp. Reiß dich zusammen, Gerda. Ist doch völlig egal, dass andere dünn sind. Davon wirst du nicht dicker. Ist doch völlig egal, dass andere bravere Kinder haben. Davon wirst du keine schlechtere Mutter. Und wenn, dann nur in deiner Einbildung. Ich überrede Nico, mit mir Muscheln zu sammeln. So kann ich heimlich diese unheimliche Familie beobachten. Der Vater pustet seiner Frau ein Strandkissen auf, dann geht er mit den zwei älteren Kindern zu den Steinen, um Krebse zu beobachten. Die Kleinste spielt neben der Mutter mit einem Bagger. Und auch jetzt klebt noch kein einziges Sandkörnchen an ihr. »Mama«, brüllt Moritz mir ins Ohr, als er an mir vorbeistürmt und sich in den trockenen Sand schmeißt. »Schön warm«, ruft er und wälzt sich herum. Im Nu ist er schwarz paniert. Ralf ist auch aus dem Wasser raus, trocknet sich ab und lässt das nasse Handtuch auf die sandige Matte fallen. Ich schleppe Nico zu unserem Platz, wo er Pipi macht. »Ich muss jetzt das Auto abholen«, informiert mich Ralf.
    »Was?«, sage ich erschrocken. »Hat das nicht Zeit, bis wir im Appartement sind?«
    »Nee, dann machen die Mittagspause. Und wir wollen doch heute Nachmittag in die Stadt!« Er schnappt seine Adiletten und winkt zum Abschied. »Bis nachher.« Und schon ist er weg. Und ich muss nachher alleine zwei komplett sandige und ein komplett zickiges Kind vom Strand nach Hause befördern. Was eigentlich Aufgabe für eine Spezialeinheit wäre. Wobei ich fest davon überzeugt bin, dass die GSG 9 daran scheitern würde. Ich überlege mir gerade eine Strategie: Moritz unter die Dusche oder Nico in den Kinderwagen oder vielleicht doch erst die Spielzeuge einsammeln, die über den Strand verteilt sind wie die Bestandteile einer Splitterbombe. Mein Blick wandert unwillkürlich zu der Traummutter, die auf dem Rücken liegt, den Kopf bequem auf das Kissen gebettet, und liest. Sie liest! Keiner zerrt an ihr rum, keiner plärrt ihr ins Ohr. »Mama«, sagt Moritz.
    »Ja, was denn, Schatz?« Aber er antwortet nicht, sondern kramt im Kinderwagennetz, schmeißt alle Teile vom Ball bis zu Nicos voller Windel in den Sand, bis er endlich seinen Tyranno gefunden hat. Ich möchte mal wissen, was das für ein Buch ist. Bestimmt irgendwas Seichtes. Ich meine, keine Mutter der Welt hat Hirnkapazitäten für anspruchsvolle Literatur. Das höchste der Gefühle wäre ein Krimi. Oder vielleicht Chick-Lit. Jedenfalls muss es irgendetwas Belangloses ohne geistigen Nährwert sein. Gaby Hauptmann oder so. So was schaffe ich auch ab und zu. Die Neugier nagt an mir wie eine Ratte am Käfiggitter. »Komm, Moritz!«, sage ich, »Lass uns Fußball spielen.«
    »Och nöö«, sagt Moritz, der gerade ein Gehege für seinen Tyranno baut und sogar Nico mitspielen lässt. Ich werfe den Ball aufreizend in die Luft. Das Lehrerpaar von nebenan guckt skeptisch. Gut, es ist eigentlich zu voll, um Ball zu spielen. Aber ich muss auch nur ein einziges Mal in die Nähe der Traummutter kommen, um unauffällig den Buchtitel lesen zu können, dann packe ich ihn sofort wieder weg.
    »Los, Moritz«, rufe ich und lege den Ball neben ihn. »Na gut, Mama.« Er steht auf, schießt unwillig und der Ball kullert Richtung Wasser.
    »So doch nicht«, rufe ich. »Guck mal, so schießt man richtig!« Ich werfe den Ball in die Luft, bringe irgendwie den Fuß darunter und will ihn elegant über die Traummutter lupfen, doch plötzlich komme ich ins Straucheln und treffe den Ball viel fester als geplant, und er fliegt los, fliegt viel weiter als beabsichtigt, senkt sich wieder, und ich denke, oh nein, bitte nicht ein Kind treffen, und dann donnert der Ball auf den Rücken eines krebsroten Mannes, der wie ein trächtiges Flusspferd im Sand liegt. Der Mann schreit, als hätte ich ihm die Haut abgezogen. »Entschuldigung«, murmele ich. »Es tut mir sehr leid.«
    »Wenn Kinder mal einen Ball schießen, dann hat man ja noch Verständnis, aber wenn eine erwachsene Frau hier rumbolzt, hört das Verständnis auf«, meldet sich die Lehrerfrau zu Wort. »Unmöglich«, fügt ihr Mann hinzu.
    »Es war ein
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