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Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)

Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Gregor Weber
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rührte sich nichts mehr.
    »Was soll das denn werden?«, rief Kim ihm zu.
    Bernie sah zu dem Fahrzeug. »Keinen Schimmer.«
    Er hob die rechte Hand, Handrücken zum Skoda, und winkte den Wagen näher heran. Nichts.
    Der Regen fiel jetzt fast senkrecht, kein Wind mehr. Bernie fühlte, wie Wasser in seinen Kragen rann und den Weg über seinen Rücken nach unten nahm. Ein Schauder.
    »Du sicherst.« Er drehte seinen Kopf in Kims Richtung.
    »Verstanden.«
    Schlagartig schoss Adrenalin in ihre Blutbahn, und wie automatisch ging der tausendmal geübte Griff zum Sicherungsbügel am Holster, klappte ihn nach vorn, und ihre Hand legte sich locker auf den Griff der Walther P99Q.
    Bernie näherte sich dem Skoda in möglichst entspannt wirkender Haltung, aber Kim wusste, dass er jetzt jedes Detail geschärft wahrnahm und verarbeitete. Sie hatten oft darüber gesprochen, wie anders die Zeiten heute waren. Bernie war zu jung, um den Terroristenwahn der Siebziger als Polizist mitgemacht zu haben, aber er war gestartet, als das bloße Auftauchen uniformierter Beamter selbst bei übelsten Kneipenschlägereien für Ruhe sorgte. »Wir konnten nicht gut schießen, weil wir es gar nicht können mussten.« Er hatte gelacht dabei, aber sein Gesicht drückte eher Unglauben aus.
    Heute war ein einsatzorientiertes Schießtraining unabdingbar. Sie schossen im Stehen, Knien und Liegen, aus Deckungen heraus und übten taktisch überschlagenes Vorgehen unter Deckungsfeuer. Sie trainierten drillmäßig das schnelle Ziehen der Waffe und die Abgabe von Dubletten, zwei schnellen Schüssen direkt hintereinander.
    Aber sie mussten sich auch immer wieder sagen, dass das, was sie als »polizeiliches Gegenüber« bezeichneten, in aller Regel ein normaler Mitbürger war, den sie bestimmt, aber stets höflich und freundlich zu behandeln hatten. Den zu schützen ihr Job war.
    Bernie stand jetzt an der Fahrertür und klopfte an die Scheibe. Kim stellte sich schräg links vor das Fahrzeug. So, dass sie Fahrer und Beifahrer durch die Frontscheibe gut sehen konnte, bei einem eventuellen Schuss Bernie auf keinen Fall gefährden würde und selbst schnell in Deckung springen konnte, falls der Fahrer plötzlich Gas gab.
    Mann, warum ließ die Frau am Steuer das Fenster nicht runter? Die Scheibenwischer liefen auf schnellster Stufe. Der Beifahrer war ein Typ, kurze Haare, schwarzer Hoodie. Beide dürften Ende zwanzig sein. Kims Füße standen etwa schulterbreit auseinander, der linke leicht vorgesetzt, sie hatte die Knie ganz leicht gebeugt, die Hand ruhte immer noch entspannt auf dem Griff der Waffe. Schulmäßig.
    Grewe kochte vor Wut. Nicht genug, dass er seine Familie aus blankem Frust angeblafft hatte, jetzt war er bei dem Versuch, eine Straßenbahn früher zum Dienst zu erwischen, ausgerutscht und hatte sich einen Riss in der nun völlig versauten Hose zugezogen. Außerdem blutete sein Knie. Er saß im Wartehäuschen, drückte ein Tempo auf die Schürfwunde und versuchte, sich daran zu erinnern, welchen Anzug er als Ersatz in der Dienststelle deponiert hatte. Als die Bahn anhielt, fiel ihm ein, dass es der grüne Zweiteiler war, den Stina eigentlich hatte wegwerfen wollen. Dazu passten weder Hemd noch Krawatte, die er trug, und außerdem war er ihm derzeit sicher ein bisschen zu eng. Mit einem kaum unterdrückten »Scheiße, verdammte« bestieg Grewe die Bahn. Der Fahrer guckte stur geradeaus. Berufsverkehrsprofi.
    Im Büro zwängte Grewe sich in den alten Anzug. Immerhin, es ging besser als befürchtet. Er schaute auf die Uhr. Halb acht. Noch eine halbe Stunde bis zum Gespräch mit Kertsch. Er machte sich auf den Weg in die Kantine.
    Der Joghurt war dann doch nur eine Konzession gewesen. Grewe löffelte ihn hastig aus, damit er endlich in sein Brötchen mit Fleischsalat beißen konnte. Er trank Kaffee, obwohl er wusste, dass er davon Bauchgrimmen kriegen würde, und auf den Multivitaminsaft hatte er jetzt überhaupt keine Lust mehr.
    »Ich denke, den kann ich haben, oder?« Therese Svoboda setzte sich Grewe gegenüber und stellte das Glas auf ihr Tablett. Obstsalat, grüner Tee, Vollkornschnitte mit Käse.
    »Mrgm«, mampfte Grewe. Mehr Freundlichkeit brachte er nicht auf. Dabei war Therese nicht nur seine Stellvertreterin, sondern auch eindeutig seine Lieblingskollegin.
    »Dir auch einen guten Morgen.« Therese strahlte ihn an. Grewe schluckte den ersten Bissen Fleischsalatbrötchen runter.
    »Mein Morgen ist unwiderruflich verschissen.«
    »Vielleicht ist
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