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Keine Schokolade ist auch keine Loesung

Keine Schokolade ist auch keine Loesung

Titel: Keine Schokolade ist auch keine Loesung
Autoren: Meg Cabot
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kreischt deutlich einen Namen. »Cassidy!«
    Lauren dreht ruckartig den Kopf nach hinten. »Scheiße!«, flucht sie, reißt ihr Headset herunter und rennt in den Flur. Die Bühnentür fällt abrupt zu und taucht uns wieder in Dunkelheit.
    Trotzdem kann ich die Mädchen weiter kreischen hören. Die Schreie klingen jetzt nur gedämpfter. Ich weiß, unten im Saal beim Publikum sind sie nicht mehr zu hören, wegen des lauten Stimmengewirrs.
    »Ihr bleibt hier«, sagt Cooper, während er mir Tanias Hund in die Hände drückt und seine Waffe aus dem Holster unter seiner Smokingjacke zieht. »Hast du verstanden?« Ich kann im Halbdunkel nicht viel erkennen, aber ich weiß, dass sein Blick mein Gesicht sucht. »Du folgst mir nicht durch diese Tür, egal, was du hörst.«
    Ich nicke stumm, und Cooper öffnet die Bühnentür, wodurch der nächste Schwall von entsetzten Schreien hereinschwappt, bevor er durch die Tür verschwindet. Gleich darauf stehen Tania und ich wieder im Dunkeln. Ich halte Baby an meiner Brust, Tania umklammert Miss Mexiko.
    »W… was glaubst du, was da hinten los ist?«, fragt sie, die Augen auf die Tür zu den Garderoben geheftet.
    »Wahrscheinlich nichts«, lüge ich. Babys Haut ist so dünn, seine Rippen sind so zerbrechlich, dass ich sein Herz an meinem wie das eines kleinen Vogels klopfen spüre. Er riecht schwach nach Tanias Parfüm. »Bestimmt war da bloß eine Spinne oder so.«
    »Ja«, sagt Tania. Das rote Licht von dem Podium auf der Bühne wirft gespenstische Schatten auf ihr Gesicht. Sie lassen ihre Augen eingefallen wirken. »Du hast recht. Was denkst du, wo Jordan steckt?«
    »Der unterhält sich bestimmt noch mit seiner Mutter«, sage ich. »Warum rufst du ihn nicht mal an? Mag ja sein, dass er bei Stephanie nicht rangeht, aber ich bin mir sicher, bei dir sieht das anders aus.«
    Womit auch immer ich sie davon ablenken kann, was sich gerade hinter dieser Tür abspielt. Ich bin mir nämlich sicher, dass es nicht mit einer Spinne zu tun hat.
    »Das ist eine gute Idee.« Tania geht in die Hocke, um ihre Handtasche aufzuheben, die mir vorhin heruntergefallen ist. »Ich werde …«
    Die andere Tür – die, die in den Saal führt – öffnet sich plötzlich, und wir hören Schritte, die leichtfüßig die schmale Treppe hochkommen.
    »Oh, da ist er ja«, sagt Tania mit einem erleichterten Lachen. Sie richtet sich wieder auf, während eine große männliche Gestalt durch das Halbdunkel auf uns zukommt. »Jordan, wir haben uns schon Sorgen gemacht. Warum hat das so lange gedauert?«
    Es geht alles so schnell. Eine Sekunde, mehr braucht es nicht. Im Nu wird mir bewusst, dass die Person, die sich uns nähert, nicht Jordan ist. Vielmehr ist es ein Mann, den ich nicht kenne, ein Fremder, den ich nie zuvor gesehen habe. Meine Gedanken überschlagen sich.
    Im nächsten Augenblick wird mir bewusst, dass ich den Mann doch schon mal gesehen habe … nämlich auf einem alten Foto auf einer Homepage. Damals hatte er braune Haare und war glatt rasiert. Dann habe ich ihn ein zweites Mal gesehen, auf seinem Führerscheinfoto, auf dem er rote Haare, eine Brille und ein Ziegenbärtchen hatte … Und danach noch einmal, erst vor Kurzem, als er blond war.
    Nun sind die Haare wieder braun. Er trägt ein ordentliches, sauberes Hemd mit Krawatte unter einem spießig-langweiligen Jackett, die typische Kluft eines Chorleiters aus der Provinz, oder eines Vaters, der gerade von der Ar beit kommt und die Kinder zum Fußballtraining bringt oder den Babysitter nach Hause fährt. Man würde den Verband an seiner Hand nicht wahrnehmen, wenn man nicht darauf achten würde. Man würde wahrscheinlich auch nicht den Revolver wahrnehmen, den er genau in dieser Hand hält, wenn man nicht darauf achten würde.
    Aber ich achte darauf. Und ich nehme ihn wahr.
    »Ich … ich verstehe nicht«, sagt Tania und blickt von der Waffe in das Gesicht des Mannes. Ihre Miene ist völlig konsterniert. »Wie … wie bist du hier reingekommen?«
    Ich kann ihr keinen Vorwurf daraus machen, dass sie verwirrt ist. Ich bin auch verwirrt. Einen Moment zuvor war ich mir noch sicher, dass es Jordan war, der aus der Dunkelheit auf uns zukam. Ich hatte erwartet , dass es Jordan sein würde. Aber es ist nicht Jordan, sondern Gary Hall ohne Verkleidung, Gary Hall, ein sechsundvierzigjähriger gewalttätiger Ehemann … der, wie sich herausstellt, aussieht wie jedermann.
    »Hallo, Tatiana«, sagt er lächelnd. »Gefällt dir dieses Outfit?« Er rückt seine
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