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Kein Opfer ist vergessen

Kein Opfer ist vergessen

Titel: Kein Opfer ist vergessen
Autoren: Michael Harvey
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warf sich neben ihr auf den Sitz, stützte einen Ellbogen auf den Tisch und rückte dicht an sie heran. »Hast du mich vermisst?«
    Sarah wirkte eher peinlich berührt als erschrocken und stieß ihn von sich fort. Er rutschte zu ihr zurück.
    »Komm, lass die Looser hier sitzen. Wir fahren in die Stadt.« Brennan legte eine Hand auf Sarahs Schulter, die andere glitt unter den Tisch.
    »Kyle, lass das.«
    »Heh, Arschloch.« Ich griff nach Brennan, ohne zu wissen, was ich machen würde, wenn ich ihn gepackt hatte. Zum Glück kam Havens mir zuvor.
    Er zerrte Brennan von der Bank und warf ihn zu Boden. Brennan landete auf dem Bauch. Das Ganze hatte nicht länger als drei Sekunden gedauert. Brennan wand sich wie ein Fisch auf dem Trockenen. Havens setzte ein Knie auf seinen Rücken und drückte einen Unterarm auf seinen Nacken. »Du solltest mal ein bisschen runterkommen«, sagte er und gab Druck in sein Knie. Brennan lag mit einer Wange auf dem klebrigen Fußboden. Ich hörte ein Röcheln und nahm an, dass Brennan keine Luft mehr bekam.
    »Lass ihn los, Mann.« Einer von Brennans Kumpeln trat einen Schritt vor, wahrte aber Distanz.
    »Ihm fehlt nichts«, sagte Havens. »Er nimmt sich nur eine kleine Auszeit.«
    Brennan grunzte, wälzte sich auf die Seite und stieß seinen Ellbogen in die Richtung von Havens’ Kinn. Havens lehnte sich kurz zurück, und nahm Brennan so in den Schwitzkasten, dass sein Adamsapfel genau in seiner Ellbogenbeuge lag. Dann spannte er den Arm an. Brennans Lider flatterten und schlossen sich. Seine Brust schien sich nicht mehr zu bewegen. Die Gespräche ringsum waren schon vor einer Weile verstummt, doch jetzt herrschte plötzlich Grabesstille.
    »Lass ihn los«, sagte ich. Havens warf mir einen Seitenblick zu und lockerte seinen Griff. Brennans Freunde stürzten vor und hoben ihren Kumpel hoch. Er hing schlaff in ihren Armen.
    »Setzt ihn gerade hin«, befahl Havens. Sie gehorchten. Havens schlug mit der Faust auf eine Stelle zwischen Brennans Schulterblättern. Brennan hustete. Seine Lider zuckten und öffneten sich.
    »Schafft ihn raus«, sagte Havens. Das ließen sich Brennans Freunde nicht zweimal sagen. Havens kehrte in die Sitzecke zurück. Ich sah mich nach Sarah um.
    »Sie ist gegangen«, erklärte Havens. »War ihr wohl zu peinlich.«
    Ich setzte mich ihm gegenüber. Wir schwiegen.
    Nach einer Weile fragte ich: »Wo hast du das gelernt?«
    »Was?«
    »Einen Typen auszuknocken.«
    Havens hob die Schultern. Auf seinem Unterarm sickerte Blut aus einem dünnen langen Kratzer. Er schien es nicht zu bemerken.
    »Stemmst du Gewichte?«
    »Ich habe Thunfisch gefangen. Langleinenfischerei. Vor Chatham und Gloucester.«
    »In New England?«
    »Ja. Drei Jahre lang als Vollzeitjob. Manchmal waren wir eine Woche oder sogar einen Monat lang auf Georges Banks. Ich habe auf dem Boot geschlafen. Bei Schnee und Eis und jeder Art von Seegang. Habe die schweren Taue eingeholt.« Havens umschloss sein Bierglas. »Da brauchst du keine Gewichte mehr zu stemmen.«
    »Hm.«
    Wir schwiegen erneut.
    An der Theke unterhielten sich einige Gäste, aber um uns machte jeder einen Bogen.
    Havens zog die Akte aus seinem Rucksack heraus. »Willst du mal einen Blick darauf werfen?«
    »Klar, warum nicht.«
    Er nickte, als wäre es die einzig denkbare Antwort. »Wie es heißt, bist du hier oben einer der Stars.«
    »Wo oben?«
    Havens verdrehte die Augen. »Na, hier.«
    »Auf die Nummer hab ich keinen Bock.«
    »Auf was für eine Nummer?«
    »Auf Chicago gegen Northwestern. Welche Uni besser ist oder strenger oder reiner in der Wissenschaft. Diesen Mist brauche ich nicht.«
    »Du meinst, das ist in Chicago hier ein Thema?«
    »Es ist eins in Evanston. Und für dich offenbar auch. Ich weiß, dass du ein kluger Junge bist. Einer, der andere plattmachen kann. Finde ich gut. Super sogar. Ich könnte mich nicht mal selber plattmachen. Bin eher der harmlose Typ. Aber auf den Kopf gefallen bin ich nicht. Und Sarah ist auch nicht dämlich.«
    »Bist du dir da sicher?«
    »Absolut. Und deshalb schlage ich vor, wir schenken uns den ganzen Schwachsinn und arbeiten einfach zusammen. Schließlich bist du obendrein noch Jurist. Lass uns an die Fälle gehen. An deinen oder einen von Z oder sonst einen. Wir suchen uns einen aus und schauen, was dabei herauskommt.«
    »Ist Gold damit einverstanden?«, fragte Havens.
    »Ich kenne Sarah kaum, aber sie scheint mir ziemlich straight zu sein.«
    »Was soll das heißen?«
    »Keine Ahnung. Fand
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