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Kehrseite der Geschichte unserer Zeit (German Edition)

Kehrseite der Geschichte unserer Zeit (German Edition)

Titel: Kehrseite der Geschichte unserer Zeit (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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früheres Amt ein scharfes Vorgehen ersparen darf. Was Ihren Enkelsohn anlangt, so will ich gleich mit dem Staatsanwalt sprechen, und wir werden dem Enkel eines früheren Ersten Präsidenten, dem Opfer einer jugendlichen Verirrung, jede Rücksicht angedeihen lassen. Aber die Klage ist angestrengt, der Angeklagte gesteht, ich habe ein Protokoll aufgenommen, es ist ein Haftbefehl ergangen: ich kann also nichts ändern. Was das Gefängnis anlangt, so werden wir Ihren Enkelsohn in die Conciergerie bringen.«
    »Ich danke Ihnen, mein Herr!« sagte der unglückliche Bourlac.
    Und er fiel der Länge nach auf den Schnee hin und rollte in eine der Vertiefungen, die sich damals zwischen den Bäumen des Boulevards befanden.
    Der Polizeikommissar rief nach Hilfe, und Nepomuk lief mit der alten Vauthier herbei. Man brachte den Greis in seine Wohnung, und die Vauthier bat den Polizeikommissar, wenn er durch die Rue d'Enfer käme, so schnell als möglich den Doktor Berton herzuschicken.
    »Was ist denn meinem Großvater?« fragte der arme August.
    »Er ist wahnsinnig geworden!... das kommt davon, wenn man stiehlt!...«
    August machte eine Bewegung, als ob er sich den Kopf zerschmettern wolle, aber die beiden Agenten hielten ihn fest.
    »Ruhig, junger Mann!« sagte der Polizeikommissar, »ruhig! Sie haben zwar unrecht gehandelt, aber das ist wieder gut zu machen!...«
    »Aber, lieber Herr, sagen Sie der Frau doch, daß mein Großvater wahrscheinlich seit vierundzwanzig Stunden nichts zu sich genommen hat!...«
    »Ach, die armen Leute!« sagte der Kommissar leise. Er ließ den Wagen, der schon abgefahren war, halten und sagte leise ein paar Worte zu seinem Sekretär, der hinlief, um mit der Vauthier zu reden, und gleich wiederkam.
    Herr Berton hielt die Krankheit des Herrn Bernard, den er nur unter diesem Namen kannte, für ein sehr heftiges, hitziges Fieber; nachdem ihm aber die Vauthier die Ereignisse, die diesen Zustand herbeigeführt hatten, in der Weise, wie Portierfrauen zu erzählen pflegen, berichtet hatte, hielt er es für nötig, am andern Morgen Herrn Alain von der Sache in Kenntnis zu setzen, und dieser sandte durch einem Kommissionär ein paar mit Bleistift beschriebene Zeilen an Herrn Nikolaus in die Rue Chanoinesse.
    Gottfried hatte am Abend vorher beim Nachhausekommen die Notizen zu der Arbeit Herrn Nikolaus übergeben, der den größten Teil der Nacht damit zubrachte, den ersten Band von Baron Bourlacs Werk zu lesen.
    Am andern Morgen forderte Frau de la Chanterie den Neophyten auf, sich, wenn er immer noch an seinem Entschlusse festhielte, sofort an die Arbeit zu machen. Gottfried, von ihr in die Finanzgeheimnisse der Gesellschaft eingeweiht, arbeitete nun mehrere Monate hindurch täglich sieben bis acht Stunden unter der Aufsicht Friedrich Mongenods, der alle Sonntag seine Arbeiten prüfte, und von dem er Lobsprüche darüber erntete.
    »Sie sind«, sagte er, als alle Konten abgeschlossen waren und eine klare Übersicht gestatteten, »eine kostbare Akquisition für die frommen Leute, in deren Mitte Sie leben. Von jetzt aber werden zwei bis drei Stunden täglich genügen, um die Bücher kurrent zu halten, und in der übrigen Zeit werden Sie ihnen helfen können, wenn Sie sich immer noch ebenso dazu berufen fühlen, wie Sie vor sechs Monaten erklärten...»
    Man befand sich damals im Monat Juli des Jahres 1838. Während der ganzen Zeit, die seit dem Abenteuer am Boulevard Mont Parnasse verflossen war, hatte Gottfried, bestrebt, sich seiner Freunde würdig zu zeigen, keine einzige Frage in bezug auf den Baron Bourlac gestellt; da er kein Wort darüber sprechen hörte und nichts in den darauf bezüglichen Schriftstücken fand, so sah er das über die beiden Henker der Frau de la Chanterie bewahrte Stillschweigen für eine Prüfung an, der man ihn unterwarf, oder für einen Beweis, daß die Freunde der edlen Frau sie gerächt hatten.
    Er war zwei Monate danach bei einem Spaziergang bis zum Boulevard Mont-Parnasse gekommen, hatte es eingerichtet, mit der Witwe Vauthier zusammenzutreffen und sich bei ihr nach der Familie Bernard erkundigt.
    »Weiß ich denn, mein lieber Herr Gottfried, was aus den Leuten geworden ist?... Zwei Tage nach Ihrem Vorgehen – denn Sie waren es doch, Sie Schlaukopf, der die Sache meinem Eigentümer gesteckt hat – sind Leute gekommen, die uns von diesem alten hochnäsigen Kerl befreit haben. In vierundzwanzig Stunden war alles weggebracht, und aus den Augen, aus dem Sinn! Niemand hat mir eine
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