Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal
Autoren: Libba Bray
Vom Netzwerk:
dafür lautet, dass es viel zu gefährlich sei: Wir könnten von einem losen Balken erschlagen oder einem rostigen Nagel durchbohrt werden.
    Aber die Wahrheit ist, dass Mrs Nightwing uns nicht in der Nähe der Männer haben will. Ihre Anweisungen in diesem Punkt waren unmissverständlich: Wir dürfen kein Wort mit den Arbeitern sprechen und sie dürfen nicht mit uns sprechen. Für einen gehörigen Abstand ist vorgesorgt. Die Arbeiter haben ihre Zelte eine halbe Meile entfernt von der Schule aufgestellt. Sie befinden sich unter den wachsamen Augen von Mr Miller, ihrem Vorarbeiter, während wir nie ohne die Begleitung einer Anstandsdame sind. Es wurden alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen, um uns voneinander fernzuhalten.
    Genau das ist es, was uns dazu treibt, die Männer aufzusuchen.
    Mit fest zugeknöpften Mänteln – der März ist noch immer eisig kalt – gehen wir durch den Wald hinter Spence, gefolgt von Brigid, unserer Haushälterin, die schnaufend und keuchend versucht, Schritt zu halten. Es ist nicht nett von uns, so schnell zu gehen, aber es ist die einzige Möglichkeit, ein paar Augenblicke for uns zu haben. Als wir die Hügelkuppe erreichen und uns an einer Stelle niederlassen, von der man einen ausgezeichneten Blick auf die Baustelle hat, ist Brigid weit hinter uns und wir haben kostbare Zeit gewonnen.
    Felicity streckt eine Hand aus. »Das Opernglas, bitte, Martha.«
    Martha zieht das Fernglas aus ihrer Manteltasche und reicht es weiter bis in Felicitys wartende Hände.
    Felicity setzt es an die Augen. »Wirklich sehr eindrucksvoll«, schnurrt sie.
    Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Felicity nicht den Ostflügel meint. Von da, wo wir sitzen, können wir sechs gut gebaute Männer in Hemdsärmeln sehen, die einen riesigen Balken an seinen Platz hieven. Ich bin sicher, wenn ich das Opernglas hätte, könnte ich jeden einzelnen ihrer Muskeln ausmachen.
    »Oh, lass mich sehen, Fee«, stöhnt Cecily. Sie fasst nach dem Glas, aber Felicity reißt es weg.
    »Warte, bis du an der Reihe bist.«
    Cecily zieht einen Flunsch. »Brigid wird jeden Moment da sein. Ich werde nicht dazu kommen!«
    Felicity lässt das Glas rasch sinken und greift nach ihrem Zeichenblock. »Seht jetzt nicht hin, aber ich glaube, einer von den Männern hat uns entdeckt.«
    Elizabeth springt auf und reckt den Hals. »Welcher? Welcher?«
    Felicity tritt ihr auf den Fuß, sodass Elizabeth auf ihren Allerwertesten fällt.
    »Aul Warum tust du das?«
    »Ich habe gesagt, ihr sollt jetzt nicht hinsehen«, zischt Felicity. »Der Punkt ist, es so erscheinen zu lassen, als ob wir ihre Aufmerksamkeit nicht bemerken.«
    »Ohhh«, sagt Elizabeth, der langsam ein Licht aufgeht.
    »Der eine dort am Ende, in dem Hemd mit dem armseligen roten Flicken«, sagt Felicity und wendet sich mit gespieltem Interesse ihrer Skizze zu. Ich beneide sie um ihre Kaltblütigkeit. Stattdessen suche ich Tag für Tag den Horizont nach einem anderen jungen Mann ab, von dem ich kein Wort mehr gehört habe, seit ich ihn vor drei Monaten in London verlassen habe.
    Jetzt wirft Elizabeth einen verstohlenen Blick durch das Opernglas. »Oh mein Gott!«, sagt sie und lässt das Glas sinken. »Er hat mir zugezwinkert! So eine Frechheit! Ich sollte mich sofort bei Mrs Nightwing über ihn beschweren«, empört sie sich, aber die atemlose Aufregung in ihrer Stimme straft sie Lügen.
    »Bei allen Heiligen.« Brigid hat uns endlich eingeholt. Flugs gibt Felicity das Opernglas an Martha weiter, die es mit einem kleinen Aufschrei ins Gras fallen lässt, bevor sie es in der Tasche ihres Capes verstaut.
    Brigid setzt sich auf einen Felsblock, um zu Atem zu kommen. »Sie sind zu schnell für Ihre alte Brigid. Schämen Sie sich nicht, mich so abzuhängen?«
    Felicity lächelt süß. »Oh, es tut uns leid, Brigid. Wir wussten nicht, dass Sie so weit zurückgeblieben sind.« Leise fügt sie hinzu: »Du alter Drache.«
    Brigid runzelt die Stirn über unser Gekicher. »He, was fällt Ihnen ein? Machen Sie sich über Ihre Brigid lustig, ja?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Oje, das ist sinnlos«, seufzt Cecily. »Wie können wir aus so weiter Entfernung den Ostflügel zeichnen?« Sie sieht Brigid hoffnungsvoll an.
    »Sie werden ihn von hier zeichnen und keinen Zollbreit näher, Miss. Sie haben gehört, was Mrs-Nightwing gesagt hat.« Brigid starrt auf das hölzerne Gerüst und die Steine behauenden Maurer. Sie schüttelt den Kopf. »’s ist nicht richtig, diesen verfluchten Ort wiederaufzubauen. Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher