Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal
Autoren: Libba Bray
Vom Netzwerk:
hinten geschubst.
    »Wir haben gerade eine Einladung zu einem Ball der Herzogin von Crewesbury erhalten.« Cecily rekelt sich wie eine verwöhnte Perserkatze.
    »Ich auch«, sagt Elizabeth.
    Felicity blickt so gelangweilt wie möglich drein. »Meine Mutter hat unsere Einladungen schon vor einer Ewigkeit bekommen.«
    Ich habe keine solche Einladung erhalten und ich hoffe, niemand wird mich danach fragen.
    Cecily fächelt sich Luft zu und schneidet eine Grimasse. »Ach je. Es ist ziemlich eng hier, nicht wahr? Ich fürchte, wir haben nicht alle Platz.« Sie schaut zu Ann. Cecily und ihre Clique haben Ann nie viel besser als einen Dienstboten behandelt. Aber seit unserem unglückseligen Versuch letzte Weihnachten, sie in der Gesellschaft als die Tochter eines Herzogs aus einem russischen Adelsgeschlecht zu präsentieren, ist Ann vollends eine Ausgestoßene. Der Klatsch hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet, durch Briefe und hinter vorgehaltener Hand, und nun gibt es in Spence kein Mädchen mehr, das die Geschichte nicht kennt.
    »Du wirst uns schrecklich fehlen, Cecily«, sage ich mit strahlendem Lächeln. Ich möchte ihr am liebsten die Zähne einschlagen.
    Cecily stellt unmissverständlich klar, dass nicht sie es sein wird, die verschwindet. Sie breitet ihre Röcke aus und nimmt somit noch mehr Platz ein. Martha flüstert Elizabeth etwas ins Ohr und sie brechen in Gekicher aus. Ich könnte fragen, worüber sie lachen, aber sie würden es mir nicht sagen, also wozu die Mühe.
    »Was riecht hier so?«, fragt Martha und verzieht das Gesicht.
    Cecily schnuppert theatralisch. »Kaviar vielleicht? Den ganzen weiten Weg von Russland! Er muss wohl vom Zaren persönlich sein!«
    Diese falschen kleinen Biester. Anns Wangen glühen und ihre Lippen zittern. Sie springt auf und stürzt so hastig zum Eingang, dass sie fast über ihre Füße fällt. »Entschuldigt mich, ich muss noch eine Handarbeit fertig machen.«
    »Bitte bestelle deinem Onkel, dem Herzog, meine besten Empfehlungen«, ruft ihr Cecily nach und die anderen wiehern vor Lachen.
    »Warum musst du sie so heruntermachen?«, frage ich.
    »Sie gehört nicht hierher«, sagt Cecily überheblich.
    »Das stimmt nicht«, sage ich.
    »Nein? Manche Leute sind einfach fehl am Platz.« Cecily fixiert mich mit einem hochmütigen Blick. »Vor Kurzem habe ich gehört, deinem Vater geht es nicht gut und er befindet sich in Oldham. Ich kann verstehen, dass du dir große Sorgen machst. Was für eine Krankheit hat er eigentlich?«
    Das Einzige, was Cecily zu einer Schlange fehlt, ist eine gespaltene Zunge, denn bestimmt ist sie unter ihrem schönen Kleid eine Kobra.
    »Grippe«, sage ich. Die Lüge schmeckt bitter in meinem Mund.
    »Grippe«, wiederholt Cecily, den anderen einen verstohlenen Blick zuwerfend.
    »Aber es geht ihm schon viel besser und ich werde ihn morgen besuchen.«
    Cecily gibt noch nicht auf. »Ich bin froh, dass du das sagst. Denn man hört ja mitunter so ekelhafte Geschichten – von Männern aus den besten Kreisen, die im Opiumrausch aufgefunden und deswegen in ein Sanatorium eingeliefert werden. Skandalös.«
    »Cecily Temple, ich will heute Abend keine Verleumdungen hören«, warnt Felicity.
    »Er hat Grippe«, wiederhole ich, aber meine Stimme schwankt.
    Cecily lächelt triumphierend. »Ja, natürlich.«
    Ich folge Ann und rufe ihren Namen, doch sie bleibt nicht stehen. Vielmehr geht sie immer schneller, bis sie fast rennt, nur um von uns und unserem Geschwätz über Bälle und Teegesellschaften wegzukommen. All die schillernden Verlockungen, die fast in Reichweite sind und doch nie erfüllt werden.
    »Ann, bitte«, sage ich und bleibe am Fuß der Treppe stehen. Sie ist schon halb oben. »Ann, kümmere dich nicht um sie. Sie sind gar keine echten Mädchen. Sie sind böse Hexen – Furien mit Ringellocken!«
    Wenn ich gehofft hatte, Ann würde lachen, dann habe ich mich gründlich getäuscht. »Aber sie sind es, die den Ton angeben«, sagt sie, ohne aufzuschauen. »So war es immer und so wird es immer sein.«
    »Aber, Ann, sie haben nicht gesehen, was du im Magischen Reich gesehen hast. Sie wissen nicht, was du getan hast. Du hast Steine in Schmetterlinge verwandelt und bist durch einen Vorhang aus Gold gesegelt. Du hast uns mit deinem Gesang vor den Quellnymphen gerettet.«
    »Es ist vorbei«, sagt sie tonlos. »Was spielt das alles noch für eine Rolle? Es wird mein Schicksal nicht wenden, oder? Im Mai werdet ihr, du und Felicity, eure Saison beginnen. Ich werde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher