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Karambolage

Karambolage

Titel: Karambolage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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und du darfst im Finale mitspielen.«
    »Worauf du dich verlassen kannst«, geiferte Sykora von der Eingangstüre. »Im Geist habe ich es schon so oft getan, dass es mir nicht schwerfallen wird. Wenn ich du wäre, würde ich heute Nacht nicht allein nach Hause gehen. Es könnte dir etwas zustoßen.«
    »Nichts für ungut, alter Sportsfreund!«
    »Bis später, du mieses Charakterschwein. Feiere, solange du noch kannst. Aber pass auf, dass du aus deiner grenzenlosen Überheblichkeit nicht ein einziges und letztes Mal unsanft auf den Boden der Wirklichkeit geholt wirst.«
    Damit verschwand Sykora hinaus in die Nacht, wo ein immer stärker auffrischender Wind den bevorstehenden Wettersturz ankündigte.



3

    Es war sehr ruhig geworden im Kaffeehaus. Der Eklat hatte viele betroffen gemacht. Man diskutierte den Vorfall, aber mit gedämpfter Stimme, so, als wolle man nicht noch einen Wirbel heraufbeschwören:
    »Das war aber nicht notwendig von dem Sykora, sich so aufzuregen.«
    »Na ja, ganz fair hat man ihn nicht behandelt.«
    »Er ist eben ein Heferl [7] , das hat der Fellner gewusst und im richtigen Moment ausgenutzt.«
    »Die vertragen sich doch sowieso nicht. Jetzt werden sie wieder ein paar Jahre nichts miteinander reden.«
    »Wart’s ab! Ich traue es dem Sykora zu, dass er dem Fellner wirklich noch irgendwo auflauert.«
    »Aber geh! Was bringt denn das? Außerdem: Er ist zwar ein Streithansl, aber kein Schläger. Er hat jetzt in seinem ersten Zorn etwas gesagt und wird sich schon wieder beruhigen.«
    Tatsächlich hatte nach der kurzen, improvisierten Siegerehrung ein Großteil der Gäste das Lokal verlassen – wohl auch, weil man in der Ferne immer wieder Donnergrollen hörte und das Gewitter nun tatsächlich im Anrollen war.
    »Ich werde mich auch auf den Weg machen«, sagte Maria zu Korber.
    »Jetzt schon?«
    »Ja! Es war nett, dieses Lokal kennenzulernen und mit dir zu plaudern, und dieses Billardspiel war auch sehr spannend. Ich hätte gar nicht gedacht, dass die Emotionen da so hochgehen können. Aber es war ein langer Tag, ich denke, es ist Zeit für mich. Und einen Abend haben wir ja immerhin noch gut für uns allein.«
    »Richtig«, murmelte Korber leise. Er hätte Maria liebend gerne aufgehalten, aber wie? Er musste geduldig sein.
    »Na, siehst du. Man kann halt nicht alles auf einmal haben.«
    »Wo ist eigentlich Ingrid hin verschwunden?«
    »Ich weiß nicht. Kann durchaus sein, dass sie schon gegangen ist. Es hat aber sicher nichts mit dir zu tun, sie ist nur manchmal so eigenartig. Da weiß sie selbst nicht, was sie will. Du hast ja schon gehört, dass sie ihren Vater nie gekannt hat. Ihre Mutter hat sich das Leben genommen, kurz bevor sie zur Schule kam, schließlich hat sich der Bruder des Kindes angenommen. Und das alles auf dem Land, Thomas! Das ist kein Honiglecken. Sie war schon immer sehr sensibel. Sie läuft davon und kommt wieder, wenn du verstehst, was ich meine. Ich habe das Gefühl, dass sie mich braucht und dass ich einfach für sie da sein muss, wenn sie es möchte, auch wenn das manchmal falsch ist.«
    Korber nahm’s wie eine allerletzte Entschuldigung. Ihm blieb die Hoffnung auf mehr. »Schon gut«, sagte er. »Welche Richtung gehst du?«
    Maria lächelte ihn noch einmal beinahe zärtlich an: »Das weißt du ganz genau, lieber Thomas: nach vor, zum Bahnhof, zur Straßenbahn. Aber du brauchst nicht den Kavalier spielen und mich begleiten, ich komme schon zurecht. Du willst sicher noch ein wenig mit deinen Freunden plaudern, ehe du dich auf den Heimweg machst.«
    Korber zuckte mit den Schultern. »Kann sein. Schau jedenfalls, dass du nicht nass wirst. Ich glaube, es ist wirklich bald so weit, und ein Gewitter geht nieder.«
    »Mach dir keine Sorgen. Erstens: Ich habe meine Regenjacke eingesteckt. Und zweitens: Wir Steirer sind solche Unbilden des Wetters gewohnt. Also mach’s gut!«
    Hastig drückte sie ihm einen Kuss auf die Wange, der ihn für einige Augenblicke benommen auf seinem Sessel kleben bleiben ließ, während sie enteilte, erst noch sichtbar, dann nur mehr Erinnerung, wie eine Gestalt aus einem Traum, deren Existenz mit dem Aufwachen erlischt. Mühsam rappelte er sich auf und schleppte sich nach vor zur Theke, wo sich bereits ein fröhlicher Kreis gebildet hatte. Daneben, am ersten Fenstertisch, feierte Fellner mit seinem verbliebenen Anhang seinen Sieg. Immer wieder ließ er Sekt in den Siegespokal nachschenken. Der Lautstärkepegel hatte bereits ein ziemlich hohes Maß

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