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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton
Autoren: Daniel Defoe
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Barmherzigkeit zu verzweifeln sei aber kein Bestandteil der Reue, sondern hieße, mich dem Teufel auszuliefern, vielmehr müsse ich mich befleißigen, mit einem ehrlichen, demütigen Be-kenntnis meines Verbrechens Gott, den ich so oft beleidigt hatte, um Vergebung zu bitten, mich seiner Gnade zu empfe hlen und mich zu entschließen, Ersatz zu leisten, wenn es Gott jemals gefallen würde, dies in meine Macht zu legen, und sei es bis zum Letzten, was ich auf der Welt besaß. Dies sei auch die Methode, so sagte er mir, die er für sich selbst beschlossen habe, und darin habe er seinen Trost gefunden.
    Das Gespräch mit William war für mich äußerst befriedigend und beruhigte mich sehr. Seitdem aber war William außerordentlich besorgt, ich könnte im Schlaf reden, und achtete darauf, daß er stets selbst bei mir schlief und mich davon abhielt, in irgendeinem Haus zu schlafen, wo man auch nur ein Wort Englisch verstand.
    Es gab danach jedoch nicht mehr soviel Anlaß dazu, denn ich war innerlich viel ruhiger und entschlossen, in Zukunft ganz anders zu leben, als ich es zuvor getan hatte. Was den Reic htum betraf, den ich besaß, so bedeutete er mir nichts. Ich entschied mich, ihn aufzuheben, für den Fall, daß mir Gott Gelegenheit gab, Gerechtigkeit zu üben; und die wunderbare Möglichkeit, die sich mir später bot, einen Teil davon dazu zu verwenden, eine Familie, die ich ausgeplündert hatte, vor dem Ruin zu bewahren, mag es wert sein, daß man sie liest, falls ich in meinem Bericht noch Platz dafür habe.
    Nach diesen Entschlüssen begann sich mein Gemüt in gewissem Maße wieder zu beruhigen, und da wir, nach fast dreimo-natige m Aufenthalt in Basra, einige unserer Waren verkauft, 344
    aber noch immer viele übrig hatten, mieteten wir uns auf Empfehlung des Holländers Boote und fuhren nach Bagdad oder Babylon am Tigris oder vielmehr Euphrat. Wir führten eine beachtliche Warenladung mit, weshalb wir dort Aufsehen erregten und achtungsvoll empfangen wurden. Wir hatten neben anderen Waren vor allem zweiundvierzig Ballen indische Stoffe der verschiedensten Art, wie Seiden, Musseline und feine Chintze, bei uns, dazu fünfzehn Ballen sehr kostbare chinesische Seiden und siebzig Bündel oder Ballen Gewürze, insbesondere Nelken und Muskatnüsse. Man bot uns hier Geld für unsere Nelken, aber der Holländer riet uns, sie nicht fortzugeben, und sagte, wir würden in Aleppo oder in der Levante einen besseren Preis dafür erzielen; und so bereiteten wir uns auf die Reise mit der Karawane vor.
    Wir verheimlichten so gut wie möglich, daß wir Gold und Perlen hatten, und verkauften deshalb drei, vier Ballen Chinaseide und indischen Kaliko, um das nötige Geld zu haben, Kamele zu erwerben, den Zoll zu bezahlen, der an mehreren Stellen erhoben wurde, und uns für die Wüste mit Proviant auszurüsten.
    Ich unternahm diese Reise mit äußerster Sorglosigkeit, was meinen Reichtum oder meine Waren anging, denn ich glaubte, da ich mir alles durch Raub und Gewalttätigkeit angeeignet hatte, werde Gott es so fügen, daß ich es auf die gleiche Art wieder verlor; ich denke sogar, ich kann sagen, daß ich dies nicht ungern gesehen hätte. Aber so, wie ich über mir einen gnadenreichen Beschützer hatte, hatte ich auch einen sehr treuen Verwalter, Ratgeber, Partner, oder wie man ihn nennen will, zur Seite, der mein Führer, mein Lotse, mein Erzieher, mein Alles war und sowohl für mich als auch für das, was wir besaßen, sorgte, und obgleich er noch niemals in diesem Teil der Welt gewesen war, nahm er es doch auf sich, sich um alles zu kümmern. Nach ungefähr neunundfünfzig Tagen gelangten wir von Basra an die Mündung des Tigris oder Euphrat, kamen 345
    dann durch die Wüste und über Aleppo nach Alexa ndrette oder Iskenderun, wie wir es nennen, in der Levante.
    Hier berieten William, ich und unsere beiden anderen treuen Kameraden, was wir tun sollten, und hier beschlossen William und ich, uns von den beiden zu trennen, denn sie wollten mit dem Holländer in die Niederlande reisen und dazu ein holländisches Schiff benutzen, das dort gerade auf Reede lag.
    William und ich erklärten ihnen, wir seien entschlossen, uns auf Morea niederzulassen, das damals den Venezianern gehörte.
    Gewiß handelten wir weise, sie nicht wissen zu lassen, wohin wir uns begaben, da wir nun einmal beschlossen hatten, uns zu trennen, aber wir ließen uns von unserem alten Doktor angeben, wohin wir ihm nach Holland und nach England Briefe schicken sollten,
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