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Kannst du mir verzeihen

Kannst du mir verzeihen

Titel: Kannst du mir verzeihen
Autoren: Sarah Harvey
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Warte ...« Sie ging auf Hanny zu, die gerade wieder die Axt heben wollte, und nahm sie ihr aus der Hand. »Lass mich mal. Du brauchst ja ewig.«
    Edith war geschickt und schnell.
    In der Hälfte der Zeit, die Hanny benötigt hatte, um einen Scheit vierzehnmal zu verfehlen, spaltete Edith zehn. Dann half sie ihr, sie ins Haus zu tragen, und wurde mit einem Kaffee belohnt.
    Â»Zwei Tage hintereinander? Wie komme ich denn zu der Ehre?«, fragte Hanny, als sie am Küchentisch saßen. Ihre Holzhackniederlage nagte an ihr.
    Â»Wollte bloß sichergehen, dass du nicht von irgendeinem Balken baumelst«, frotzelte Edith, schlürfte ihren Kaffee und hielt Hanny die leere Tasse zum Auffüllen hin.
    Hanny verzog das Gesicht zu einer Grimasse, um ihr Grinsen zu verbergen.
    Auch heute blieb Edith lange zu Besuch, und Hanny freute sich über den Beistand ihrer Freundin. Was hätte der heutige Tag sonst für sie bereitgehalten? Ihren Auftrag hatte sie gestern abgeschlossen, in ihre Arbeit konnte sie sich also nicht verkriechen.
    Als Edith am späten Nachmittag nach Hause ging, stand Hanny am Küchenfenster und sah hinaus in den Garten, der noch immer unter der Schneedecke ruhte. Sie mochte den Schnee. Er gab ihr das Gefühl, auf einer Insel zu sein, umgeben von einem Wassergraben.
    Allein.
    Warum war Bastian heute nicht hier gewesen?
    Der verdammte Mistkerl. Er spielte mit ihr. Sie wollte nicht mit ihm reden, also sicherte er sich ihre Aufmerksamkeit auf andere Weise. Und dabei war er doch mit dieser ... dieser ...
    Mist, wieso brachte sie ihren Namen nicht über die Lippen? War doch nur ein Name!
    Sie war doch auch nur ein Mensch. Sie. Sie war die Sorte Frau, in die Männer sich so leicht verliebten. Sie war wunderschön. Und eine starke Persönlichkeit dazu.
    Bastian hatte immer gesagt, dass sie, Hanny, schön war, aber sie wusste, dass sie keine konventionelle Schönheit war. Sie fand ihre Nase zu groß, und ihre Haare weigerten sich, eine Frisur zu bilden. Außerdem hatten ihre Schwäche für Kuchen und Schokolade ihren Hintern mehr geformt, als ihr lieb war ...
    Sie dagegen war gertenschlank. Sie hatte meterlange Wimpern, die nicht doppelt getuscht werden mussten, um überhaupt gesehen zu werden. Eine kecke Stupsnase. Kecke Brüste, Körbchengröße B. Einen kecken, knackigen Po.
    Keck.
    Rundherum keck.
    Diese Schnepfe.
    Ach, ja, das seidig glänzende Haar hatte Hanny ganz vergessen. Und die glatte Samthaut, auf der nicht sofort Pickel sprossen, wenn irgendwelcher Stress anstand. Das Schlimmste war, dass sie immer auf das Heftigste mit Bastian geflirtet und Bastian immer jegliches Interesse an ihr abgestritten hatte. Mehr noch, er hatte sogar gesagt, er fände sie unattraktiv.
    Â»Sie mag ja äußerlich schön sein, aber innerlich ...«, hatte er mal gesagt, als er betrunken war und zu einer Aussage genötigt wurde.
    Â»Hättest du dir nicht einfach eine hässliche Frau aussuchen können!?!«, schimpfte Hanny laut, als sie sich daran erinnerte.
    Entschieden verstaute Hanny das Geschirr im Küchenschrank, das noch draußen gestanden hatte, und beschloss, ins Atelier zu gehen. Auf dem Weg dorthin kam sie an der Haustür vorbei, und ohne lang nachzudenken, streckte sie noch einmal den Kopf heraus, um ganz beiläufig Ausschau nach einem gewissen Päckchen zu halten, das jemand dort abgelegt haben könnte.
    Wieder nichts.
    Enttäuscht wollte sie sich schon wieder umdrehen, als sie es schließlich doch entdeckte. Sie musste das Päckchen am Morgen übersehen haben, denn es steckte halb verborgen in einem der großen Gummistiefel, die sie draußen vor der Tür immer für Gäste bereithielt.
    Verführerisch, aber irgendwie auch vorwitzig, sprang ihr das glitzernde Päckchen nun förmlich ins Auge.
    Mit einer schnellen Bewegung schnappte sie es sich und legte es erst einmal auf den Küchentisch.
    Dort ließ sie es erst mal liegen und versuchte, sich mit Zeichnen abzulenken. Aber sie brachte keinen einzigen Strich zustande, weil sie vor allem damit beschäftigt war, auf gar keinen Fall an das Päckchen auf dem Küchentisch zu denken.
    Und doch schaffte sie es, bis zum Abend zu warten. Die Kaminfeuer, die sie den ganzen Tag in Gang gehalten hatte, erloschen langsam, und im Haus wurde es wieder kühler.
    Erst da gab sie nach. Bedächtig zog sie die Schleife auf und entfernte das
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