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Kalymnos – Insel deines Schicksals

Kalymnos – Insel deines Schicksals

Titel: Kalymnos – Insel deines Schicksals
Autoren: Anne Hampson
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gesprochen, fiel ihr Blick auf einen der Gärtner, der quer über den Rasen ging - wobei „humpelte" der richtige Ausdruck gewesen wäre, denn selbst aus dieser Entfernung war unübersehbar, dass der Mann ein Bein nachzog, als wäre es steif. Und ein zweiter, der ihm jetzt folgte, schien eine ganz ähnliche Verletzung erlitten zu haben.
    Julie war tief berührt. Allem Anschein waren sie nicht trotz, sondern wegen ihrer Behinderung eingestellt worden. Der Besitzer schien also nicht nur viel Geld, sondern auch ein gutes Herz zu haben.
    Plötzlich fiel ihr auf, wie wenig sie von ihm wusste. Mehr, als dass er zwar verheiratet, aber kinderlos war, hatte sie Doneus bislang nicht entlocken können. Überhaupt war er ziemlich wortkarg, wenn die Sprache auf seinen Arbeitgeber kam.
    Mittlerweile waren sie auf einem großen Hof angekommen, dessen Umrisse durch die drei Flügel des Schlosses bestimmt wurden. Doneus führte Julie zum Eingang des Südtraktes, und als sie die Halle betraten, stockte ihr der Atem. Was von außen groß und eindrucksvoll gewirkt hatte, war von innen schlicht überwältigend. Der Fußboden war aus feinstem Terrakotta, in die Wände waren kleine Nischen eingelassen, in denen geschnitzte Figuren standen, und die Decke war mit kostbaren Fresken verziert. Der ganze Raum bildete eine Art Flucht, die in einer Treppe mündete, die wiederum auf eine Galerie führte, auf der Julie wertvolle Gemälde erkennen konnte, die meisten aus der Hand italienischer, vor allem venezianischer Meister -passend zum Stil, in dem das Schloss einst errichtet worden war.
    Aber das war erst der Anfang der kleinen Führung, die Doneus mit ihr machte. Als Nächstes führte er sie in den Salon, der ausschließlich mit antiken Möbeln eingerichtet war. An den Wänden hingen Gobelins aus chinesischer Seide, die sich vom weißen Stuck abhoben, der wie ein Fries an die Decke appliziert war.
    Etwas Vergleichbares hatte Julie bisher noch nicht gesehen. Und doch bemühte sie sich darum, sich ihre Faszination über diesen verschwenderischen Luxus nicht allzu deutlich anmerken zu lassen. Sie wollte Doneus nicht unnötig kränken.
    An den Salon schloss sich der Trakt mit den Schlafzimmern an, alle geschmackvoll, aber ohne Extravaganz eingerichtet. Wie alles überaus stilvoll und keineswegs protzig wirkte - nicht einmal das Speisezimmer, bei dem es sich eher um einen Saal denn um ein Zimmer handelte.
    „Er wird nur selten benutzt", erklärte Doneus, „eigentlich nur zu Festen und ähnlichen Anlässen mit entsprechend vielen Gästen."
    „Und wer wird zu solchen Gelegenheiten eingeladen?" wollte Julie wissen.
    „Die Großhändler zum Beispiel, von denen ich dir erzählt habe", erklärte Doneus.
    „Dann noch die wenigen Reeder, die es auf der Insel gibt. Und Leute wie Tracy und Michaiis. Manchmal reisen Gäste auch aus dem Ausland an. Aus England etwa oder aus Frankreich."
    Julie kam ein eigenartiger Verdacht. „Auch aus Amerika?"
    „Auch von dort", antwortete Doneus, aber er sagte es so, als wäre es ihm lieber gewesen, er hätte nicht so bereitwillig Auskunft gegeben. „Jetzt fehlt nur noch der Dachgarten", wechselte er schnell das Thema. „Möchtest du dir den auch noch ansehen?"
    „Liebend gern", gestand Julie. „Das wünsche ich mir seit dem Tag, an dem ich zum ersten Mal zu dir gekommen bin. Selbst aus dem Taxi ließ sich erahnen, welchen Blick man von dort oben haben muss."
    Sie hatte sich nicht geirrt. Der Blick war unbeschreiblich: Das Meer, die Berge, alles schien zum Greifen nah und doch so klein, dass es jegliche Bedrohlichkeit verlor.
    „Es wird Zeit für das Mittagessen", mahnte Doneus nach einer Weile zum Aufbruch.
    „Du kannst gern bleiben und mit uns essen. Allerdings musst du dich mit der Küche zufrieden geben - um den Speisesaal zu füllen, sind wir dann doch nicht genug."
    „Macht das denn nicht zu viel Umstände?"
    „Überhaupt nicht", versicherte Doneus. „Ich werde Polymnea sagen, dass sie ein Gedeck mehr auflegen soll."
    Zunächst trug die Köchin barbouni auf, dann gab es ein süßes, sehr delikates Gebäck, vom dem Julie nicht einmal den Namen wusste. Dazu tranken sie kokkinelli, eine inseltypische Variante des retsina, die sehr selten und deshalb ziemlich teuer war. Nicht einmal Tracy und Michaiis hatten ihnen etwas so Kostbares angeboten. Dass die Angestellten zu ihrem Mittagessen einen solch edlen Wein tranken, damit konnte der Besitzer doch bestimmt nicht einverstanden sein!
    Aber das war auch schon
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