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Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund

Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund

Titel: Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund
Autoren: Eva Almstädt
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gezogen für den Tod Ihres Kindes?«
    »Man hat den Unfall natürlich untersucht und es kam auch zum Prozess. Aber die Richter nannten es fahrlässige Tötung mit mildernden Umständen, oder so ähnlich. Er ist für die kleine Straße zu schnell gefahren, wusste, dass hier kleine Kinder wohnen, aber als sie auf ihrem Bobbycar auf die Straße rollte, konnte er nicht mehr rechtzeitig reagieren. Er versuchte auszuweichen,schleuderte und rutschte quasi in sie hinein. Er selbst hat sich nur ein paar Prellungen zugezogen. Elise schlug so hart mit dem Kopf auf, dass die Ärzte behaupteten, sie sei sofort tot gewesen.« Bettina Rohwer lehnte sich erschöpft zurück, schien sich in sich zurückzuziehen.
    Wenn Pia nicht aufpasste, wäre der Redestrom hiermit versiegt. Sie konzentrierte sich auf Bettina Rohwers Haltung, ihre Atmung, versuchte, den Kontakt nicht abreißen zu lassen. Unerwünschte Bilder des Unfalls tauchten vor ihrem inneren Auge auf. Leise fragte sie: »Wie ist es passiert?«
    Bettina schloss kurz die Augen, bevor sie zu erzählen begann, was sie in Gedanken wohl immer wieder durchleben musste.
    »Es war vormittags, so gegen 10.30 Uhr. Ich war mit Elise draußen und hängte die Wäsche auf, während sie auf ihrem Bobbycar auf dem Hofplatz herumfuhr. Ich hatte mein Telefon am Gürtel, und als es klingelte, ging ich ran. Es war Sinas Klassenlehrerin, die mir mitteilte, dass Sina auf dem Schulhof mit einem anderen Kind zusammengestoßen war. Die Lehrerin dachte, sie hätte sich vielleicht die Nase gebrochen. Nun hat Sina große Angst vor Ärzten, und sie weigerte sich, mit der Lehrerin zusammen zum Krankenhaus zu fahren. Man bat mich, zu kommen und sie zu begleiten. Ich regte mich etwas auf, da mir die Lehrerin unfähig erschien. Deshalb wollte ich schnellstmöglich zur Schule fahren. Da Elise so friedlich beschäftigt schien, wollte ich schnell ins Haus laufen, die Autoschlüssel und mein Handtasche holen und sie dann einsammeln und zur Schule fahren. Drinnen fiel mir ein, dass ich Torge, der um zwölf Uhr aus der Schule kommen sollte, eine Nachricht hinterlassen musste. Ich war vielleicht drei Minuten im Haus – drei Minuten zu lang. In der Zwischenzeit ist Elise mit ihrem Bobbycar die Auffahrt hochgefahren und von dort den kleinen Berg abwärts zur Straße, genau in dem Moment,als Malte Bennecke mit dem Motorrad angerast kam. Ich hörte im Haus die quietschenden Bremsen und den Knall. Ich rannte zur Tür und da sah ich es: Mein Kind und das Bobbycar waren etwa 5 Meter durch die Luft geschleudert worden und lagen am Rand des Asphaltweges. Das Motorrad lag mit sich noch drehendem Rad im Knick. Ich lief hin, ich glaubte irgendwie noch, dass mein Kind leben müsse. Ein paar Knochenbrüche vielleicht, Blutergüsse, aber als ich sie dort liegen sah, wusste ich es sofort. Es war der schlimmste Moment meines Lebens. Was danach kam, weiß ich nicht mehr, das müssen Ihnen andere erzählen. Ich habe keine Erinnerungen mehr, bis zu dem Zeitpunkt, als ich im Krankenhaus aufwachte.«
    Einen kurzen Moment lang war es ganz still im Raum. Bettina starrte ins Leere, das Gesicht gezeichnet von dem erlittenen Leid. Nun erkannte Pia, dass Bettina Rohwer noch nicht so alt war, wie sie sie zunächst geschätzt hatte. Die Monate der Trauer und des Zorns hatten sich in ihr Gesicht eingeprägt. Sie war wohl höchstens fünfunddreißig Jahre alt.
    »Ich glaube, ich habe ein erstklassiges Motiv, den Benneckes, allen voran Malte und seiner Mutter, den Tod zu wünschen. Aber ich habe es nicht getan«, sagte Bettina Rohwer schlicht.
    »Warum betonen Sie, dass Sie Malte und seiner Mutter den Tod gewünscht haben? Was hatte Ruth Bennecke mit der Sache zu tun?«, fragte Pia schließlich.
    »Ach, diese kaltschnäuzige Hexe hat doch ihren Sohn erst zu dem erzogen, was er war. Sie hat ernsthaft im Dorf herumerzählt, ihr armer Malte wäre völlig unschuldig, und ich sei die einzig Schuldige.«
    Pia konnte eine gewisse Mitschuld Bettina Rohwers auch nicht von der Hand weisen, aber sie hütete sich, etwas in der Richtung zu sagen. Sie wollte die Frau nicht verprellen, jetzt, wo sie gerade etwas offener zu reden begann.
    »Wie hat sie ihren Sohn denn erzogen? Was für ein Mensch war Malte Bennecke?«
    »Sie hat ihn eher verzogen, er war ihr Ein und Alles. Das Nesthäkchen der Familie. Um ihre ältere Tochter hat sie sich kaum gekümmert, tat mir manchmal direkt Leid, die junge Frau, obwohl ich sie nur selten hier gesehen habe. Sie lebt in Frankfurt
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