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Kabale und Liebe

Kabale und Liebe

Titel: Kabale und Liebe
Autoren: Friedrich Schiller
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Mädchen, dem die heiligsten Gefühle der Liebe nur Puppen waren, wird es den Vater glücklich machen können?—Es wird nicht, es wird nicht! Und ich verdiene noch Dank, daß ich die Natter zertrete, ehe sie auch noch den Vater verwundet.
    Fünfte Scene.
    Miller, der zurückkommt, und Ferdinand.
    Miller. Gleich sollen Sie bedient sein, Baron! Draußen sitzt das arme Ding und will sich zu Tod weinen. Sie wird Ihnen mit der Limonade auch Thränen zu trinken geben.
    Ferdinand. Und wohl, wenn's nur Thränen wären!—Weil wir vorhin von der Musik sprachen, Miller—(Eine Börse ziehend.) Ich bin noch Sein Schuldner.
    Miller. Wie? Was? Gehen Sie mir, Baron! Wofür halten Sie mich? Das steht ja in guter Hand, thun Sie mir doch den Schimpf nicht an, und sind wir ja, will's Gott, nicht das letzte Mal bei einander.
    Ferdinand. Wer kann das wissen? Nehm' Er nur. Es ist für Leben und
Sterben.
    Miller (lachend). O deßwegen, Baron! Auf den Fall, denk' ich, kann man's wagen bei Ihnen.
    Ferdinand. Man wagte wirklich—Hat Er nie gehört, daß Jünglinge gefallen sind—Mädchen und Jünglinge, die Kinder der Hoffnung, die Luftschlösser betrogener Väter—Was Wurm und Alter nicht thun, kann oft ein Donnerschlag ausrichten—Auch Seine Luise ist nicht unsterblich.
    Miller. Ich hab' sie von Gott.
    Ferdinand. Hör' Er—Ich sag' Ihm, sie ist nicht unsterblich. Diese Tochter ist Sein Augapfel. Er hat sich mit Herz und Seel' an diese Tochter gehängt. Sei Er vorsichtig, Miller. Nur ein verzweifelter Spieler setzt Alles auf einen einzigen Wurf. Einen Waghals nennt man den Kaufmann, der auf ein Schiff sein ganzes Vermögen ladet—Hör' Er, denk' Er der Warnung nach—Aber warum nimmt Er Sein Geld nicht?
    Miller. Was, Herr? die ganze allmächtige Börse? Wohin denken Eure
Gnaden?
    Ferdinand. Auf meine Schuldigkeit—Da! (Er wirft den Beutel auf den
Tisch, daß Goldstücke herausfallen.) Ich kann den Quark nicht eine
Ewigkeit so halten.
    Miller (bestürzt). Was beim großen Gott? Der klang nicht wie Silbergeld! (Er tritt zum Tisch und ruft mit Entsetzen.) Wie, um aller Himmel willen, Baron? Baron? Wie sind Sie? Was treiben Sie, Baron? Das nenn' ich mir Zerstreuung! (Mit zusammengeschlagenen Händen.) Hier liegt ja—oder bin ich verhext,—oder—Gott verdamm mich! Da greif' ich ja das baare, gelbe, leibhaftige Gottesgold—Nein, Satanas! Du sollst mich nicht daran kriegen!
    Ferdinand. Hat Er Alten oder Neuen getrunken, Miller?
    Miller (grob). Donner und Wetter! Da schauen Sie nur hin!—Gold!
    Ferdinand. Und was weiter?
    Miller. Ins Henkers Namen—ich sage—ich bitte Sie um Gottes Christi willen—Gold!
    Ferdinand. Das ist nun freilich etwas Merkwürdiges.
    Miller (nach einigem Stillschweigen zu ihm gehend, mit Empfindung). Gnädiger Herr, ich bin ein schlichter, gerader Mann, wenn Sie mich etwa zu einem Bubenstück anspannen wollen—denn so viel Geld läßt sich, weißt Gott, nicht mit etwas Gutem verdienen.
    Ferdinand (bewegt). Sei Er ganz getrost, lieber Miller. Das Geld hat Er längst verdient, und Gott bewahre mich, daß ich mich mit Seinem guten Gewissen dafür bezahlt machen sollte.
    Miller (wie ein Halbnarr in die Höhe springend). Mein also! mein! Mit des guten Gottes Wissen und Willen, mein! (Nach der Thür laufend, schreiend.) Weib! Tochter! Victoria! Herbei! (Zurückkommend.) Aber du lieber Himmel! Wie komm' ich denn so auf einmal zu dem ganzen grausamen Reichthum? Wie verdien' ich ihn? lohn' ich ihn? Heh?
    Ferdinand. Nicht mit Seinen Musikstunden, Miller.—Mit dem Geld hier bezahl' ich Ihm, (von Schauern ergriffen hält er inn) bezahl' ich Ihm (nach einer Pause mit Wehmuth) den drei Monat langen glücklichen Traum von Seiner Tochter.
    Miller (faßt seine Hand, die er stark drückt). Gnädiger Herr! Wären Sie ein schlechter, geringer Bürgersmann—(rasch) und mein Mädel liebte Sie nicht—erstechen wollt' ich's, das Mädel! (Wieder beim Geld, darauf niedergeschlagen.) Aber da hab' ich ja nun Alles und Sie nichts, und da werd' ich nun das ganze Gaudium wieder herausblechen müssen? Heh?
    Ferdinand. Laß Er sich das nicht anfechten, Freund—Ich reise ab, und in dem Land, wo ich mich zu setzen gedenke, gelten die Stempel nicht.
    Miller (unterdessen mit unverwandten Augen auf das Gold hingeheftet, voll Entzückung). Bleibt's also mein? Bleibt's?—Aber das thut mir nur leid, daß Sie verreisen—Und wart, was ich jetzt auftreten will! Wie ich die Backen jetzt vollnehmen will! (Er setzt den Hut auf und schießt durch
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