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K

Titel: K
Autoren: T McCarthy
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Sie sich das. Sind Sie hungrig?«
    »Ich hatte Eier und Räucherhering und…«

    »Räucherhering und – was? Essen Sie doch mit mir ein Stück Geburtskuchen. Und dazu genehmigen wir uns einen kräftigen Schluck, einen Malzwhisky, prächtiger Tropfen!«
    Er geht mit Learmont in einen der Ställe. Werkbänke stehen unter Regalen mit reihenweise Instrumenten: Morsetasten, Telephonhörer, große Phonographen, aus denen Papierstreifen hängen, Wachszylinder, Flaschen, Gegenstände und Apparate, deren Namen und Funktion Learmont nur erraten kann. Zwischen Metallspänen auf einem Werktisch stehen ein Krug mit dunkelbrauner Flüssigkeit, zwei Becher und etwas Käsekuchen. Mr Karrefax wischt sich die schmutzigen Hände an einem Tuch, das kaum sauberer aussieht, teilt mit einem Messer zwei Kuchenstücke ab, reicht eines dem Arzt und gießt Whisky in die beiden Becher.
    »Frühstück, Mittagessen, Abendessen – wer weiß? Hab die ganze Nacht nicht geschlafen«, erzählt er Learmont. »Auf Ihr Wohl, Doktor.«
    Der Whisky belebt, der Käsekuchen ist schwer und herb im Geschmack. Einen Moment lang essen und trinken die beiden Männer stillschweigend.
    »Ich hab’s repariert«, sagt Mr Karrefax nach einer Weile.
    »Was denn?«, fragt Learmont.
    »Den B-und-L-Bapsus – Lapsus, meine ich. Wäre gar nicht erst passiert, wenn ich das Kabel von hier zur öffentlichen Leitung in einem Stück verlegt hätte.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich Sie verstehe«, erwidert Learmont.
    »Aha!«, trompetet Mr Karrefax, legt Learmont mit festem Griff eine Hand auf den Rücken und dirigiert ihn zur Werkstatttür. »Sehen Sie!«, sagt er und zeigt auf die Kupferstränge, die sich über ihren Köpfen unter die Ranken der Giftbeere auf dem Spalier einfädeln. »Was glauben Sie, wo die enden?«

    Learmonts Blick folgt dem Spalier zur Mauer und zur geschlossenen Tür, hinter der er noch vor fünf Minuten gestanden hat. Zwischen dem wuchernden Gemenge aus Efeu und Gebüsch steht eine Art metallener Wetterhahn, um dessen Fuß sich die Kabel wie Schlangen winden.
    »Da hören sie auf?«
    »Aha!«, trompetet Karrefax erneut. »Ja – und nein! Die Kabel enden, aber das Signal springt weiter! Im Augenblick anderthalb Meter. Mit dem Kupferdraht kann ich auf drei, vielleicht sogar viereinhalb Meter verlängern. Dieser Italiener, der sich gerade mit all seinen Türmen, Masten und Drachen auf der Salisbury Plain herumtreibt … Hat die Post hinter sich, verstehen Sie? Reichlich Förderung. Immer der beste Weg! Ein Sponsor – Kopfnicken hier, Augenzwinkern da: bestimmt ein Freimaurer. Wenn das Kind kommt, wird es wohl nach ihm benannt. Junge oder Mädchen?«
    »Das Neugeborene? Ein Junge.«
    »Prächtig! Prächtig! Nehmen Sie noch vom Whisky und vom Kuchen. Problemlos gelaufen? Das Mädchen musste regelrecht rausgezogen werden. Hätten wir kein Spielzeug am Fußende vom Bett aufgestellt, wäre die Kleine nie gekommen.«
    »Dauerte eine Weile, aber letzten Endes war es eine ruhige Geburt. Auf dem Kopf hatte er eine Kappe, die Fruchtblase.«
    »Die was? Rotznase?«
    »Eine Haube, ein Schleier um den Kopf, fast wie ein Netz. Soll Glück bringen – vor allem für Matrosen.«
    »Matrosen? Ich sag Ihnen, Doktor, wenn dieses verdammte Ding erst funktioniert, brauchen die kein Glück mehr. Dann gibt es rund um die Welt ein Netz, über das sie Signale verschicken können. Sind Sie mit der Lieferkutsche gekommen?«
    »Ja. Die Frau im Telegraphenbüro hat beide Meldungen aufgenommen und wusste deshalb, dass Hudson and Dean einen Mann herschickt.«

    »Ausgezeichnet! Dann muss Sie nur noch jemand zurückfahren.«
    »Bis Lydium ist es nicht weit. Ich kann auch laufen und nehme dann den Zug.«
    »Sie brauchen nicht zu laufen!«, trompetet Mr Karrefax. »Ich telegraphiere nach einer Kutsche.«
    »Ach, das ist nicht nötig«, sagt Dr. Learmont. »Die frische Luft wird meinem Kopf guttun.«
    »Wird Ihrem Kopf – was? Kommt gar nicht in Frage! Gehen Sie zurück ins Haus. Ruhen Sie sich aus, während ich die Order über die Mauer springen lasse.«
    Dr. Learmont gehorcht. Er ist zu müde, um zu widersprechen, also geht er zurück, vorbei an Iris und Margeriten, über den schmalen Bach und die Kastanienallee entlang. Hoch über ihm schwirren immer noch die schwarzen Vögel; Learmont könnte nicht sagen, ob es mehr geworden sind oder ob es seine Müdigkeit ist, die ihn die Himmelskuppel in langsam kreisende Punkte aufbrechen lässt. Im Haus packt er seine Utensilien in den
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