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Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)

Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)

Titel: Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)
Autoren: Martin Korte
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eines kranken Gehirns verbessert, muss sich noch lange nicht positiv auf die Leistungsfähigkeit gesunder alternder Gehirne auswirken. Altern ist eben keine Krankheit und kann auch nicht als solche behandelt werden.
    Dessen ungeachtet finden sich weltweit mindestens 40 Kandidaten für Gedächtnispillen in der Entwicklung. Hierbei investieren etwa ein Dutzend Pharmafirmen jährlich 1,5 Milliarden Euro. Der erhoffte Umsatz liegt bei 10 Milliarden Euro – was würde man nicht bezahlen, wenn eine morgendliche Tablette das Vergessen vergessen sein lässt und die Konzentrationsfähigkeit ebenso wie die Multitasking-Fähigkeit erhöht würde. Schon heute liegt der Umsatz für Ginkgo-biloba-Präparate allein in den USA bei etwa 1 Milliarde Dollar, und dies allein ob der Tatsache, dass es die Durchblutung des Gehirns fördert (wobei umstritten ist, ob die Wirkung stärker ist als die von Koffein in Kaffee und Tee, das ebenfalls eine kurzfristig durchblutungsfördernde Wirkung auf das Gehirn hat). Auch in Deutschland wird mit Ginkgo-Präparaten mehr umgesetzt als mit Alzheimer-Medikamenten. Und Medikamente wie Donezepil, Rivastagmin, Galantamin finden immer mehr Abnehmer auf dem Absatzmarkt der »vor dem Vergessen Angst habenden« Menschen. In der Tat konnten bei Substanzen gegen neurologische Erkrankungen wie Donezepil (Demenz), Methylphenidat ( ADHS ) oder Modafinil (Narkolepsie) in Versuchen die kognitiven Fähigkeiten von Versuchstieren positiv beeinflusst werden (die allerdings unter sehr sterilen und reizarmen Laborkäfig-Bedingungen leben).
    Bei gesunden Menschen ließ sich dieser Effekt bislang aber nicht eindeutig nachweisen. Auch ist beim Menschen schwer abzuschätzen, ob nicht doch gesundheitliche Folgeschäden eintreten können. Hier gilt es weiter zu forschen und die Wirkmechanismen dieser Kandidaten-Substanzen zu ergründen. Nach dem momentanen Stand der Forschung darf man hier eher skeptisch sein. Vor allem vor dem Hintergrund, dass man im Alter besonders vorsichtig mit der Einnahme von zusätzlichen Lifestyle-Medikamenten sein sollte. Der Stoffwechsel von Niere und Leber, die normalerweise für die Beseitigung von Medikamenten (und anderen Fremdstoffen) aus unserem Körper sorgen, ist verlangsamt, und entsprechend sind die Nebenwirkungen von Medikamenten im Alter stärker. Empfehlenswert sind hier Ginkgo-Präparate, die die Durchblutung des Gehirns fördern (in einigen Studien fand man positive Effekte auf die kognitive Leistungsfähigkeit), aber wer schon blutverdünnende Mittel einnimmt wie Acetylsalicylsäure (z. B. als Aspirin®), muss mit dem Risiko rechnen, dass Ginkgo-Präparate zu unkontrollierten Blutungen führen.
    Furore haben zwischenzeitlich auch Hormonpräparate für Frauen wie für Männer gemacht. Sie sind entwickelt worden vor dem Hintergrund, dass Geschlechtshormone wie Östrogen und Testosteron und deren verschiedene Vorstufen nicht nur an Reproduktionsaufgaben beteiligt sind, sondern auch im Gehirn und darüber hinaus am Muskel- und Knochenaufbau Wirkung entfalten, im Alter aber zum Teil sehr stark abnehmen. Aber auch hier sind die Chancen ebenso ungewiss wie die Risiken, und aus dem momentanen Stand der Forschung kann man nur vor übertriebenen Erwartungen warnen. Männer, die den Muskelaufbau steigern bzw. den Muskelschwund stoppen wollen, sollten lieber im Fitnessstudio unter kontrollierten Bedingungen Krafttraining machen. Ein positiver Effekt von Vorstufen des Testosterons, wie DHEA , ist nur bei extremen Hormonstörungen nachgewiesen. Angemerkt sei auch, dass direkte Testosterongaben weder bei Erektionsstörungen noch bei Gedächtnisschwächen helfen. Etwas komplexer ist das Bild, was die Östrogengaben bei Frauen angeht; aber auch hier sind die Befunde widersprüchlich (siehe Kapitel 5). Zwar gibt es Hinweise darauf, dass Östrogene die Neubildung von Synapsen fördern können, aber ob die Bedingungen dafür im weiblichen Gehirn erfüllt sind, ist offen; außerdem sind Risiken hinsichtlich einer Krebserkrankung, z. B. Brustkrebs, gegeben. Hier gilt es, sich intensiv mit seinem Arzt zu besprechen und die Vor- und Nachteile einer solchen Behandlung abzustimmen. Subjektiv fühlen sich viele Frauen allerdings mit einer Hormonersatztherapie psychisch besser. Hier ist zu prüfen, wie lange der Mangel ausgeglichen werden muss. Oft sind es nur ein oder zwei Jahre, bis sich die Wechseljahre eingespielt haben.
    Postkarte aus dem Leben
    Während bei der Ruder-Altersklassen-WM in Zagreb 2007
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