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Julia Extra Band 0347

Julia Extra Band 0347

Titel: Julia Extra Band 0347
Autoren: Emma Darcy , Carol Marinelli , Fiona Harper , Catherine George
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hatte und dem Tier beruhigend den Hals tätschelte, wollte er es antreiben, wollte die gepflegten Pfade verlassen und immer weiter und schneller reiten.
    Hier, mitten im grünen Gürtel der britischen Metropole, rief ihn die Wüste – genau, wie sein Vater es vorausgesagt hatte.
    Obwohl Ibrahim sich dagegen wehrte, spürte er es – den magnetischen Sog des Landes, zu dem er angeblich gehörte.
    Nur für einen Moment erlaubte er es sich, sich diesem Gefühl zu überlassen.
    „Dir würde es gefallen.“ Er stieg vom Pferd und sprach in Arabisch auf das Tier ein – auf den Hengst, der in seinem luxuriösen Stall gegen die einengenden Wände der Pferdebox trat und jeden Fremden biss, der unachtsam oder auch dumm genug war, das Warnschild zu missachten und der Box zu nahe kam. „Da draußen“, sagte er zu dem Tier, strich über dessen Muskeln und konnte in seinem Kopf das Donnern der Hufe hören, „würdest du endlich kennenlernen, was Erschöpfung bedeutet.“ Nur in der Wüste.
    Und Ibrahim meinte sie vor sich zu sehen – die sich endlos erstreckende Weite mit den sich stetig bewegenden Dünen, meinte fühlen zu können, wie der Wind den Sand auf seine Wangen trieb, meinte das Muskelspiel des gestreckten Hengstes unter sich zu spüren.
    Doch … sein Leben war in London. Ein Leben, das er sich selbst aufgebaut hatte. Sein Unternehmen und sein Reichtum, ohne Regeln, ohne Einschränkungen. Er selbst hatte es erreicht, es gehörte allein ihm. Seine Mutter lebte ebenfalls hier – gezwungenermaßen. Es war ihr verboten, nach Zaraq zurückzukehren, weil sie vor vielen Jahren die Regeln gebrochen hatte.
    „Ich nehme ihn, Ibrahim.“ Eine junge Stallhelferin, die er manchmal in sein Bett holte, kam zu ihm, und er reichte ihr die Zügel. Er erkannte die Einladung in ihren Augen, als sie den Sattelgurt aufschnallte. Ibrahim hob den Sattel vom Rücken des Tieres und beobachtete, wie die junge Frau das Fell des Hengstes streichelte, erhaschte einen Blick auf ihre bloße Taille, als sie die Decke über das Tier legte, und wartete darauf, dass er etwas fühlte. Es war so viel angenehmer, das Brennen in seinem Körper und den Tumult in seinem Kopf mit seiner sonst allzeit bevorzugten Lösung zu beruhigen.
    „Kann ich sonst noch etwas für dich tun?“ Einladend, schön, willig, drehte sie sich zu ihm um.
    An jedem anderen Tag hätte die Antwort ja gelautet. Heute jedoch nicht.
    An jenem anderen Abend auch nicht.
    An dem Abend, an dem er Georgie wiedergetroffen hatte. Er hatte seinen Fahrer instruiert, zur Adresse seiner Begleiterin zu fahren anstatt zu seinem Haus, und er hatte die Einladung, mit hineinzukommen, abgelehnt.
    „Lass uns zu Bett gehen, Ibrahim.“ Mit Lippen und Händen hatte sie ihn zu überreden versucht, doch Ibrahim hatte sie von sich geschoben. Als auch Tränen nicht die gewünschte Wirkung erzielten, war sie wütend geworden. „Es ist dieses Flittchen aus dem Klub, das alles verdorben hat, nicht wahr?“
    „Nein“, hatte er kühl geantwortet, „das hast du ganz allein geschafft.“
    „Ibrahim?“ Die Stallhelferin riss ihn aus den Gedanken. Sie lächelte ihn an, und er sah auf ihre festen Brüste, schätzte ab, wie lang ihr Haar wohl sein mochte … dann drehte er sich wortlos um und ging. Erstens war sie zu schlank und ihr Haar dunkel, und zweitens hätte er nur an sie denken müssen.
    An Georgie.
    Er wollte nicht an sie denken, also stellte er sich stattdessen wieder die Wüste vor und beschleunigte seine Schritte. Das Echo von den Absätzen seiner Reiterstiefel hallte an den Mauern wider. Er würde aufs Land rausfahren. Wenn er in London blieb, würde er Georgie anrufen, das wusste er.
    Er mochte keine offenen Enden. Er mochte es auch nicht, wenn man ihm etwas abschlug. Sie wiederzusehen hatte neues Öl in das Feuer gegossen. Im Moment konnte er allerdings keine zusätzlichen Probleme mit seiner Familie gebrauchen. Auf dem Land hätte er die nötige Ablenkung.
    Doch als er in seinen Sportwagen stieg und auf den Navi-Bildschirm starrte, sah er die Landkarte aus der Vogelperspektive – Felder, Häuser, Hecken, Bäume …
    Sein Vater hatte recht gehabt. Er hatte immer gesagt, dass die Wüste ihn eines Tages rufen würde. Der König hatte den Sohn mit erstaunlicher Ruhe für das Ingenieurstudium ziehen lassen – in der festen Überzeugung, dass Ibrahim zurückkehren würde.
    „Natürlich komme ich zurück“, hatte der junge Ibrahim damals voller Arroganz gesagt. Er war bereit für die
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