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Julia Extra 260

Julia Extra 260

Titel: Julia Extra 260
Autoren: Julia James
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Stimme klang atemlos, und ihre Augen funkelten. Wie zwei goldene Seen, dachte er.
    „Dabei hatte ich Angst, es wäre gar nicht so wundervoll, wie alle behaupten“, fuhr Vanessa fort, „aber das ist es! Das Rosenfenster ist einfach unglaublich! Und die Deckengemälde! Aber bestimmt haben Sie das schon oft gesehen …“
    Beschämt über ihren Redeschwall, hielt sie inne.
    „Seit vielen Jahren nicht mehr. Und was ich noch nie getan habe“, meinte er, und sein Tonfall bekam einen nachdenklichen Klang, „ist, die Türme zu besichtigen. Ich hatte es immer vor.“ Ganz kurz trafen sich ihre Blicke, auf ihrem Gesicht zeichnete sich Überraschung ab. Markos lächelte. „Hatten Sie vor hinaufzusteigen?“
    „Ja“, erwiderte sie zögernd.
    Wieder durchströmte Markos Befriedigung. Mochte sie auch die letzte halbe Stunde in ihren Audioführer vertieft gewesen sein, jetzt galt ihre Aufmerksamkeit allein ihm.
    „Gut“, sagte er sanft. „Worauf warten wir noch? Der Eingang zu den Türmen ist draußen, auf der anderen Seite, glaube ich.“
    Kaum waren sie wieder im warmen Sonnenschein, blieb sie stehen und wandte sich zu ihm um. Ihrem Gesicht nach zu urteilen, würde sie jetzt gleich etwas sehr Britisches sagen, sehr höflich, sehr ablehnend.
    Also gab er ihr gar nicht erst die Chance dazu.
    „Hier entlang“, meinte er und lächelte. Das höfliche Lächeln,das er für ältere Damen reserviert hatte.
    Es hatte den beabsichtigten Effekt. Ihr Widerstand schmolz.
    Vor dem Eingang zu den Türmen auf der Nordseite der Kathedrale stand bereits eine kleine Schlange. Markos führte Vanessa auf den letzten Platz und stellte sich hinter sie.
    „Das sollte nicht allzu lange dauern“, sagte er und schenkte ihr ein weiteres höfliches Lächeln. „Bitte entschuldigen Sie mich einen Moment.“
    Aus den Augenwinkeln sah er Taki und Stelios, die ihm in der Kathedrale wie Schatten gefolgt waren. Er holte sein Mobiltelefon aus der Jacketttasche, wählte Takis Nummer und befahl ihm auf Griechisch, seinen Lunchtermin mit einer mustergültigen Entschuldigung abzusagen. Dann unterbrach er die Verbindung und steckte das Telefon wieder ein.
    Neugierig sah Vanessa ihn an.
    „Griechisch“, erklärte Markos.
    „Ich habe mich schon gefragt, was Ihre andere Hälfte ist.“
    Er lächelte. Diesmal war es nicht das Lächeln für ältere Damen.
    „Griechischer Vater, englische Mutter“, verkündete er.
    „Sie sehen überhaupt nicht britisch aus. Aus welchem Teil Griechenlands kommen Sie?“
    Markos dachte an die vielen Orte, an denen er als Kind gelebt hatte. Die Hälfte davon in England und die andere über das restliche Europa verstreut. Bis er neun Jahre geworden war, hatte er bei seiner Mutter gelebt, danach, als der hässliche Scheidungskrieg seiner Eltern beendet war, in Griechenland und der Schweiz. Zu Hause hatte er sich nirgends gefühlt.
    Deshalb gab er die Antwort, die er immer gab.
    „Ursprünglich stammt meine Familie aus der Türkei, aus einer der vielen griechischen Siedlungen dort. In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts hat sich mein Großvater in Athen niedergelassen. Aber ich bin heimatlos. Ah, die Schlange bewegt sich.“
    Er war froh, das Thema wechseln zu können. Zu Hause war kein Wort, das eine Bedeutung für ihn hatte.
    „Noch einen Kaffee?“
    Vanessa schüttelte den Kopf. „Nein, vielen Dank. Ich sollte jetzt wirklich gehen.“
    In der Nähe von Notre Dame saß sie unter einem Sonnenschirm auf der Terrasse eines Restaurants. Wie sie hier hergekommen war, wusste sie immer noch nicht genau. Es scheint einfach passiert zu sein, dachte sie verwirrt.
    Markos Makarios. So lautete sein Name. Auf der Spitze des Turms, Paris zu ihren Füßen, hatte er sich vorgestellt.
    „Jetzt werden Sie mich immer mit dem Glöckner von Notre Dame assoziieren“, hatte er lächelnd gesagt, und in seinen grauen Augen war ein heller Schimmer erschienen. Diese Augen … in denen sie so gern versinken wollte, aber genau wusste, dass sie es nicht durfte.
    Genauso wenig, wie sie ihm ihren Namen hätte verraten oder seine Hand mit spöttischer Feierlichkeit auf dem Dach von Notre Dame, im warmen Sonnenschein des Septembertags, hätte schütteln sollen.
    Und ganz bestimmt hätte sie nicht zulassen dürfen, dass er auf dem Weg nach unten ihren Ellenbogen ergriff, als wäre das die natürlichste Sache der Welt. Vor der Kathedrale hatte er sie über den Platz geführt und verkündet, es sei Zeit für den Lunch.
    Doch irgendwie hatte sie
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