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Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne
Autoren: 01 Die Spielleute von Dalemark
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hast kein Recht, so was zu sagen.«
    Gut möglich, dass Kialan nicht begriff, wie verärgert Moril war. »Weißt du«, erklärte Brid ihrem Bruder später, während sie dem Wagen in gehörigem Abstand folgten, »selbst wenn du wütend bist, guckst du so verschlafen und … sanft. Da hat er wahrscheinlich nicht einmal bemerkt, dass du ihm zugehört hast. Nicht«, fügte sie scharf hinzu, »dass er irgendjemandes Gefühle außer seinen eigenen bemerken würde.«
    Denn Kialan hatte geantwortet: »Ach du meine Güte! Ich wusste ja, dass du der Familientrottel bist, aber du brauchst trotzdem nicht genauso unhöflich wie dumm zu sein.«
    »Danke gleichfalls!«, gab Moril zurück und überraschte Kialan völlig, indem er ihm den Kopf in den Bauch rannte. Kialan fiel nach hinten und landete – schmerzhaft, wie Moril hoffte – auf dem Weinkrug. Daraufhin schien es Moril das Vernünftigste, eilends vom Wagen zu springen und in Gegenrichtung davonzulaufen. Aus Furcht vor Kialans Rache musste er für den Rest des Tages in gebührendem Abstand hinter dem Wagen hergehen.
    Doch Clennen war es, der die Rache ausführte. Während sie das Nachtlager aufschlugen, winkte er Kialan und Moril zu sich. »Werdet ihr einander um Entschuldigung bitten und euch vertragen?«, fragte er. Moril sah Kialan müde an, und Kialan erwiderte den Blick höchst ungnädig. Keiner antwortete. »Na schön, wie ihr wollt«, sagte Clennen und schlug ihnen die Köpfe zusammen. Nichts scheint härter zu sein als der Kopf eines anderen Menschen. Moril hoffte nur, dass Kialan genauso viele Sterne sah wie er. Eigentlich staunte er, dass Kialan keine Widerworte gegeben hatte. »Beim nächsten Mal mache ich es fester«, versprach Clennen. Dann, als wäre nichts geschehen, begann er mit der nächsten Übungsstunde für Moril. Und zu Morils Verdruss blieb Kialan dabei stehen und hörte zu wie üblich.
    Am folgenden Tag erreichten sie einen Marktflecken namens Creding, und es begann zu regnen. Die großen, warmen Tropfen schienen fast Bestandteil der Luft zu sein und nur wenig mit dem trüben Himmel zu tun zu haben. Sie sprenkelten den Straßenstaub bräunlich und lockten einen köstlichen Duft nach nasser Erde hervor. Leider mussten sich alle wegen des Regens im Wagen umziehen, was sehr unbequem war. Moril überraschte es nicht, dass Kialan sie verließ.
    »Eure Vorstellung interessiert mich eigentlich nicht«, sagte er zu Clennen. »Wir treffen uns am Ortsausgang von Creding, ja?«
    »Wie du willst, Junge«, antwortete Clennen fröhlich. In der Enge unter der Plane tauschten Brid und Moril sengende Blicke und fragten sich, warum Clennen ihm keine Ohrfeige gab. Dem Vater indes schien nur der Regen Unmut zu bereiten. »Unter freiem Himmel finden wir kein Publikum«, sagte er. »Ich werde sehen, was ich tun kann. Wir fahren mit bedecktem Wagen ein.«
    Diese Entscheidung erwies sich als recht weise, denn als sie auf den Marktplatz fuhren, prasselte der Regen in Strömen auf die Pflastersteine. Olob trug eine wahre Trauermiene zur Schau, und es war keine Menschenseele zu sehen. Doch wie überall hatte Clennen auch in Creding Freunde. Eine halbe Stunde später standen sie unter den hohen Balken einer Scheune am Rande des Marktplatzes, und vor ihnen sammelte sich eine nasse, aber erwartungsfrohe Menge.
    Sie gaben eine Saalvariante ihrer Vorstellung. Nachdem Clennen allen von Hadd und Henda, dem Geld aus Weymoor, dem Preis, der auf den Kopf des Pförtners ausgesetzt war, und dem Kornpreis in Derent berichtet hatte und die üblichen Botschaften verteilt worden waren, sangen sie Lieder, in die das Publikum im Chor einfallen konnte. Dagner trat recht früh auf. Dann, als gute Laune und Aufmerksamkeit den Höhepunkt erreicht hatten, erzählte Clennen eine der alten Geschichten. Moril hatte daran große Freude. Unter einem Dach war ihm eigentlich immer zu warm, und das Quidderspiel brachte ihn noch mehr zum Schwitzen. Aber während einer Geschichte wurde er nur ein-oder zweimal gebraucht. In allen Geschichten wurde an einigen Stellen ein Lied gesungen. Die übrige Zeit aber konnte Moril, die Arme um die Knie geschlungen, auf der staubigen Spreu am Boden sitzen und die Geschichte in sich aufsaugen.
    Clennen entschied sich, eine Episode der Geschichte vom Adon zu erzählen. Es konnte nur eine Episode sein, denn wie Clennen gern sagte, umschwirrten den Adon und Osfameron Geschichten wie ein Bienenschwarm seine Königin. Die Lieder, die zu dieser Geschichte gehörten, stammten
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