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Jenseits von Uedem

Jenseits von Uedem

Titel: Jenseits von Uedem
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Dachwohnung in Oberbilk, lebten zusammen.
    Arend war Trauzeuge gewesen, als sie 1976 heirateten; er war Olivers Pate.
    Das Gespräch stockte. Bonhoeffer goß Wein nach.
    »Ich habe ein Verhältnis mit Astrid«, sagte Toppe, »seit einer ganzen Weile.«
    Bonhoeffer antwortete nicht, sah ihn nur ruhig an.
    »Sie ist nicht der Grund für die Trennung!« Es klang trotzig.
    »Auch nicht der Anlaß?«
    Toppe rieb sich die Augen. »Weiß ich nicht. Wirklich nicht. Ich weiß überhaupt nichts mehr. Schon gar nicht, wie es weitergehen soll.«
    Als Bonhoeffer ging, war es zehn vor sechs.

6
    »Gottverdammter Mist!« Astrid schlug mit der Faust auf den Computer.
    »Was ist los, Mädchen?« fragte Heinrichs mitfühlend. »Probleme?«
    »Ach, dieses bescheuerte MS DOS! So was von schwerfällig. Ich hasse es!« Sie dehnte ihre verkrampften Finger. »Außerdem hat der Typ ein Passwort eingebaut, das ich nicht geknackt kriege.«
    »Dann machen Sie doch mal Pause. Sie sitzen jetzt ja auch schon drei Stunden an diesem Ding.«
    Aber sie hörte nicht zu. »Und dann auch noch die ganze Zeit dieses entsetzliche Gedudel!«
    Die ganze Emmericher Straße erbebte seit zwei Stunden unter dem Pferd auf dem Flur an der Nordseeküste, die mal nach links, mal nach rechts rollte.
    Sie hatten die Fenster fest geschlossen, aber auch das half nicht viel, denn einer der Lautsprecher, die in regelmäßigen Abständen den Zugweg säumten, hing an der Laterne vor dem Präsidium.
    Noch standen die Wagengetüme dicht an dicht, von wohlformierten Fußgruppen getrennt. Von dieser Ordnung würde in der Oberstadt nicht mehr viel übrig sein. Da flitzten die Fußgruppen vermutlich im Laufschritt vorbei, um den Anschluß nicht zu verlieren, da gab es minutenlange Lücken, und der Zugmeister raufte sich die Haare - Jahr für Jahr.
    Noch zogen die Zuschauer, Flachmänner, Bierdosen und frisierte Colaflaschen schwenkend, ziellos die Straße rauf und runter. Einige Erwachsene als Punker oder Clowns, die meisten lediglich mit ein paar gemalten Herzchen im Gesicht oder j ecken Hüten auf dem Kopf. Man traf Bekannte, lachte, schunkelte ein paar Takte zusammen. Die Kinder irgendwie im Schlepptau - Cowboys und Piratenjungs, süße Biene Majas, Marienkäfermädchen, Prinzessinnen - zog man weiter zur nächsten Bierbude. Nur über die Narren auf den Wagen hatte man ein Abstinenzgebot verhängt, bis der letzte Bonbonsegen erteilt war.
    »Kleve, helau!« - der Lärm schwoll an, und Astrid ging zum Fenster hinüber.
    »Endlich!« stöhnte sie. »Es scheint loszugehen.«
    Die Menge wogte jetzt dichtgedrängt, schrie und sang, verteilte Küsse an DRK-Helfer und Schupos, bedrängte sie mit Schnapsflaschen - ein besoffener Bulle, das wäre das Größte!
    Astrid entdeckte den Kollegen Flintrop in der ersten Reihe.
    »Ej, Pommes, tolles Kostüm!« Jemand riß ihm die Mütze vom Kopf, reichte sie juchzend weiter. Flintrop lachte. Irgendwann landete sie wieder schief auf seinem Kopf.
    Bier und Appelkorn wurden brüderlich geteilt, Flaschenhälse in benachbarte Münder geschoben. Stimmung. Bis die ersten Bonbons fielen.
    »Nehmen Sie den Schirm da weg!«
    »Spejt ow mar niet op et bäffke!«
    »Klootsack!«
    Die großen Jungs zündeten Chinaböller und Kettenknaller, brachten Seidenbestrumpfte zum Kreischen, tauchten in der Menge unter.
    Viele rannten in die Fußgruppen hinein, fanden einen Freund, hielten ihm Plastiktüten unter die Nase und ließen Süßkram, Flummies und Streichholzbriefchen hineinschaufeln.
    »Wie mich das ankotzt«, wandte sich Astrid abrupt vom Fenster weg.
    »So humorlos?« Heinrichs blickte von seinem Papierwust auf und sah sie ernst an. »Jedem das Seine, sage ich mir immer. Lassen Sie den Leuten doch ihren Spaß.«
    »Ach!« winkte sie ab und setzte sich.
    Es war sowieso ein Scheißtag. Dabei hatte er eigentlich ganz gut angefangen. Heute morgen war Helmut ins Büro gekommen und hatte sie zur Begrüßung kurz in den Arm genommen. Zum erstenmal war er vor allen anderen zärtlich zu ihr gewesen. Aber dann hatte er schnell auf Routine geschaltet, die heutigen Aufgaben verteilt. Er selbst wollte mit van Appeldorn die beiden Gespräche führen und dann mit seinen Söhnen zum Rosenmontagszug gehen. Mit seinen Kindern. Was sollte das heißen? Ging seine Frau auch mit? War da die große Versöhnung im Gang? Herrgott! - Warum hatte sie sich die ganze Zeit vor einem klärenden Gespräch gedrückt? Nicht nur in den letzten sechs Wochen, das ganze vergangene Jahr über.
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