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Jenseits von Uedem

Jenseits von Uedem

Titel: Jenseits von Uedem
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Liste.
    Toppe setzte van Appeldorn am Präsidium ab und fuhr Richtung Innenstadt. Wenn Arend heute abend schon den Wein mitbrachte, mußte er wenigstens was zu essen besorgen. Er konnte ihm ja wohl schlecht trockenes Knäckebrot vorsetzen.
    Er suchte eine Weile erfolglos nach einem Parkplatz an der Stadthalle und stellte schließlich seinen Wagen auf der Zickzacklinie des Taxistandes am Brücktor ab - es würde ja nicht lange dauern.
    Als er die Tür zum China-Restaurant aufstieß, bummerte ihm Karnevalsmusik entgegen. Das Lokal war leer. Der chinesische Kellner wieselte vom Tresen her auf ihn zu.
    »Kann ich helfen?« grinste er fix.
    Toppe blinzelte. Der Mann trug eine Girlande aus Luftschlangen um den Hals, auf dem Schädel klebte schräg ein Papphütchen. »Eine indonesische Reistafel für zwei Personen. Zum Mitnehmen.«
    Zu Hause nahm er die Aluschälchen aus der Plastiktüte und stellte sie in den Backofen. Grübelnd betrachtete er die Bedienungsknöpfe, drehte schließlich den linken so, daß die beiden schwarzen Balken oben waren, den rechten auf 100 Grad und betete stumm, daß das nicht alles ruinieren würde.
    Dann duschte er, zog Jeans und einen weiten schwarzen Pullover an, deckte den Tisch in der Küche für zwei - Senfkristall für Arends Wein war zwar ein Sakrileg, aber wenigstens paßten die Teller zueinander -, verbrannte sich die Finger, als er nach dem Essen sehen wollte, schaltete fluchend den Herd aus und wartete nervös.
    Arend brachte einen dicken Strauß fröhlicher Anemonen.
    »Danke«, sagte Toppe und stand unbeholfen mit den Blumen in der Hand.
    »Gern geschehen«, meinte Bonhoeffer und schloß die Wohnungstür. »Stell sie in eine Vase.«
    »Vase«, nickte Toppe. Er hatte noch nie Blumen bekommen.
    »Salz und Brot fand ich für diesen Anlaß nicht so ganz passend«, sagte Bonhoeffer und setzte den Weinkarton ab.
    »Ich habe überhaupt keine Vase, glaube ich. Du mußt schon entschuldigen.«
    »Na, irgendein Glas wirst du doch haben.«
    »Glas? Ach ja, sicher. Halt mal.«
    Toppe drückte Bonhoeffer die Blumen wieder in die Hand und öffnete die Besenkammer gleich neben der Wohnungstür. Im Weißglascontainer fand er ein hohes Würstchenglas.
    »Das müßte gehen. Komm doch mit durch.«
    Bonhoeffer folgte ihm in die Küche und sah sich um. Toppe drehte ihm den Rücken zu, füllte das Glas mit Wasser. »Tut mir leid«, sagte er, ohne sich umzudrehen, und quetschte die Blumen in die Öffnung. »Ich weiß, es ist alles noch ein bißchen kahl.«
    »Ja.«
    »Ich habe uns aber Essen besorgt, beim Chinesen. Eigentlich wollte ich ja selbst kochen, aber, na ja .«
    Vorsichtig nahm er mit einem Küchenhandtuch die Aluschalen aus dem Backofen und stellte sie auf den Tisch. »Tut mir leid, daß ich noch keine Weingläser habe.«
    »Warum entschuldigst du dich eigentlich die ganze Zeit?« fragte Bonhoeffer unwirsch.
    »Tut mir ...«
    Sie lachten beide.
    »Gib mir lieber einen Korkenzieher und laß uns essen.«
    Sie hockten sich auf die Klappstühle, aßen und tranken, redeten über dies und das.
    »Und wie geht es Gabi?« fragte Arend.
    »Keine Ahnung«, antwortete Toppe achselzuckend. »Ich habe sie seit sechs Wochen nicht mehr gesehen. «
    Bonhoeffer runzelte die Stirn, sagte aber nichts. Toppe hob sein Glas, ließ den Wein kreisen und betrachtete ihn ausgiebig. »Du hast doch selbst mitgekriegt, was bei uns in den letzten Jahren gelaufen ist«, meinte er.
    Bonhoeffer sah ihn an und schüttelte den Kopf. »Nein, wenn ich ehrlich sein soll, ich habe nicht mitgekriegt, daß es so schiefgelaufen ist.« Er fing an, über die Anfänge ihrer Freundschaft zu sprechen. Über die Jahre in Düsseldorf, als Toppe noch bei seiner Mutter lebte. Wie sie beide sich getroffen hatten, kurz nachdem Toppe sein Abitur nachgeholt hatte und von der Schutzpolizei zur Kripo gegangen war.
    Toppe lächelte. Bei seinem allerersten Fall hatte er den frischgebackenen Pathologen kennengelernt. Sie hatten sich auf Anhieb gemocht und so manche Nacht durchgezecht und durchgequatscht in Toppes Kellerzimmer oder in der Altstadt.
    In einer Kneipe hatten sie eines Abends ein paar MTAs kennengelernt, sehr jung, sehr unbedarft, und Toppe hatte sich Hals über Kopf in die allerjüngste von ihnen verliebt: Gabi Kuipers, ein zierliches Mädchen, seit drei Wochen zum ersten Mal von zu Hause weg, die erste richtige Stelle in einer Großstadt. Sie wohnte in einem Schwesternheim. Schon drei Monate später zogen die beiden in eine winzige
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