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Jeier, Thomas

Jeier, Thomas

Titel: Jeier, Thomas
Autoren: ersten Amerikaner Die
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Vergangenheit und Traditionen zu berauben. Die mündlich überlieferten Legenden und die Rituale ihrer Völker konnte so von den Alten nicht an die jungen weitergegeben werden, und vieles geriet in Vergessenheit. Als »indianische Amerikaner« sollten sie eine gerechte Chance erhalten. Selbst wenn Pratt und seine Zeitgenossen glaubten, damit hehre Ziele zu verfolgen, waren die Methoden mehr als zweifelhaft.
    Die gleiche politische Stoßrichtung hatte der »General Allotment Act« (»Landaufteilungsgesetz«) vom 8. Februar 1887, wenn auch unter anderen Vorzeichen. Jetzt wurden die Indianer nicht mehr als Stammesgemeinschaften sondern erstmals als Individuen angesprochen. Die Reservate wurden in winzige Parzellen aufgeteilt, auf denen einzelne Familien ihre eigenen Felder bestellen und es so den weißen Amerikanern gleichtun sollten. So lautete die offizielle Verlautbarung von Regierungsseite. Die eigentliche Absicht bestand jedoch darin, den Indianern auch den letzten verbliebenen Anspruch auf Land zu rauben und sie in der amerikanischen Gesellschaft aufgehen zu lassen. Auch wenn viele Familien aufgrund ihrer Tradition gar nicht in der Lage waren, wie die Weißen zu leben. Vor allem Indianer, die ehedem als umherziehende Jäger oder Halbnomaden gelebt hatten, scheiterten bei der Feldarbeit auf kargen Böden oder aber an der ihnen fremden Weltsicht des Kapitalismus, der von einem Farmer verlangt, den Boden zu nutzen, sein Land auszubeuten und dabei so viel Profit wie möglich zu machen. Indianer betrachteten die Erde als ihre Mutter, waren eher auf den Grunderhalt ihres Lebens ausgerichtet, bestellten die Felder zum Teil nur widerwillig und hatten selbst bei kargen Ernten allein das Gemeinwohl im Auge. Sie teilten mit ihren Stammesgenossen und versorgten die Alten und Schwachen.
    Im 20. Jahrhundert setzte die amerikanische Regierung ihren Zickzack-Kurs in der Indianerpolitik fort. Zahlreiche Indianer durften während des Ersten Weltkrieges zwar für die USA kämpfen, ihr Mut und Einsatz für das Vaterland wurde jedoch erst am 2. Juni 1924 belohnt, als ihnen die Regierung mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft für ihre Dienste im Krieg dankte. Am 18. Juni 1934 reagierte der Gesetzgeber erneut, als vor allem der Indianerbeauftragte John Collier dazu beitrug, mit dem »Indian Reorganization Act« ein Gesetz zu verabschieden, das wieder mehr Rücksicht auf ihre eigenständige Kultur zu nehmen schien. Man gab allen Stämmen das Land als kollektiven Besitz zurück, gestattete ihnen, eine eigene Verwaltung aufzubauen, behielt sich aber das Recht vor, eventuell vorhandene Bodenschätze fördern zu dürfen. Ein Punkt, der im 20. Jahrhundert in zahlreichen Reservaten zu Unruhen führte.
    Mit dem »Termination Act«, der in den Jahren 1953 und 1954 verabschiedet wurde, erreichten die Beziehungen zwischen der US-Regierung und den politischen Vertretern der Indianer einen erneuten Tiefpunkt. In ihren Wahlreden lobten die Politiker der Eisenhower-Ära dieses Gesetz als endgültigen Versuch, die Indianer »von ihren Fesseln zu befreien« und sie als »vollwertige Amerikaner anzuerkennen. Tatsächlich hatte sich nichts geändert: nach wie vor sollten die Stämme ihrer Traditionen und ihrer politischen Führer beraubt, auf ein Leben im amerikanischen Schmelztiegel vorbereitet werden.
    Umso tragischer erscheint es, dass es bei den Indianern eine breite Mehrheit gab, die es als höchstes Ziel ansah, so amerikanisch wie möglich zu werden. Viele rechneten sich bessere Zukunftschancen aus, manche wollten die Herkunft mit der so viele Benachteiligungen verbunden waren hinter sich lassen und endlich gesellschaftliche Anerkennung finden. Aber die amerikanische Öffentlichkeit empfing sie nicht mit offenen Armen. Sogar als es den Indianern in den 1950er Jahren endlich erlaubt war, ihre Reservate ohne vorherige Erlaubnis des Bureau of Indian Affairs zu verlassen und endlich das Recht auf Freizügigkeit erhielten, änderte sich daran wenig. Diskriminierungen und Vorurteile blieben an der Tagesordnung.
    Ein Umdenken setzte erst im Laufe der 1960er Jahre, im Zuge der Bürgerrechtsbewegung während des Vietnamkrieges ein, als auch das indianische Selbstbewusstsein neu erwachte und im »American Indian Movement« seinen deutlichsten Ausdruck fand. Man besann sich auf seine indianischen Wurzeln, ließ die schon fast vergessenen Traditionen und Rituale aufleben und war wieder stolz, ein Indianer zu sein. Die Bürgerrechtsbewegung erfasste breite
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