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Jagdhunde (German Edition)

Jagdhunde (German Edition)

Titel: Jagdhunde (German Edition)
Autoren: Jørn Lier Horst
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versagt«, sagte Robbek und beleuchtete den Wagen, der zu einem rostigen Wrack geworden war. »Den Saab hat man beobachtet, als Ellen verschwand, aber wir haben’s nicht kapiert. Wir haben versagt.«
    Wisting sagte noch immer nichts und sah sich stattdessen nach etwas um, womit er das Scheunentor aufbrechen könnte.
    »Ich habe Werkzeug im Wagen«, sagte Robbek, als hätte er Wistings Gedanken gelesen.
    Er nahm eine Brechstange aus dem Kofferraum und reichte Wisting die Taschenlampe. Das Holz war alt und trocken und gab schnell nach, als Robbek die Planken oberhalb des Stahlriegels einschlug, der die Bolzen an ihrem Platz hielt. Er zwängte die Brechstange weiter hinein und drehte sie mehrmals herum, sodass das Holz immer mehr zersplitterte. Es knackte, dann fiel der erste Bolzen herab. Anschließend machte sich Robbek über den zweiten her. Er saß fester. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf der Stirn des ehemaligen Polizisten.
    Nach fünf Minuten waren alle Bolzen entfernt. Frank Robbek warf die Brechstange zur Seite und zog die große Doppeltür der Scheune auf.
    Wisting folgte ihm hinein. Vereinzelte alte Saatkörner knirschten unter ihren Schuhsohlen. Winzige Staubpartikel tanzten im Licht der Taschenlampe. Es roch nach Stroh und Dünger.
    Die Scheunendecke war hoch, doch der Raum selbst war nicht viel größer, als dass er einem Wagen hätte Platz bieten können.
    Wisting versuchte, durch die eingestaubten und trüben Autofenster zu blicken, und wollte den Staub gerade wegwischen, als es über ihm knisterte. Dann blinkte es ein paarmal hell auf, bevor die Scheune in Licht getaucht wurde. Wisting drehte sich zu Line um, die am Scheunentor neben einem Lichtschalter stehen geblieben war. Über ihnen hing eine große Arbeitslampe mit grauem Metallschirm.
    Frank Robbek öffnete die hintere Tür auf der Fahrerseite. Wisting und er schauten in den Wagen. Am Rückspiegel hing ein verblichener Wunderbaum, ansonsten war alles sauber und aufgeräumt. Im Zündschloss steckte ein Schlüssel.
    Wisting lief um den Wagen herum und betrachtete ihn aus verschiedenen Winkeln. Er war rostig, so wie ihn der Zeuge auf dem Traktor beschrieben hatte, wenngleich die Jahre in der kalten Scheune den Zustand noch verschlimmert hatten. An den Radkästen waren große verrostete Metallstücke abgefallen und die Verankerung des einen Außenspiegels war vom Rost weggefressen worden, sodass der Spiegel herunterhing.
    Wisting blieb vor dem Kofferraum stehen. Vorsichtig drückte er mit dem Daumen auf den Knopf, der das Schloss entriegelte. Ein schabendes Geräusch war zu hören, als der Knopf nach einigem Widerstand nachgab. Dann ertönte ein Klicklaut und der Kofferraumdeckel öffnete sich einen Spalt.
    Frank Robbek klappte den Deckel hoch.
    Auf einer schwarzen Gummimatte lagen ein paar ordentlich zusammengelegte Kleidungsstücke. Ein Trainingsshirt mit kurzen Ärmeln, eine Trainingshose, eine kleine weiße Unterhose und ein grauer Sport-BH. Daneben standen ein Paar Joggingschuhe, in denen weiße Socken steckten.
    An einigen Stellen auf dem Boden des engen Kofferraums hatte sich der Rost durch das Metall gefressen und Wisting konnte bis auf den Fußboden hindurchsehen.
    Es waren Risse, die auch vor siebzehn Jahren schon groß genug gewesen waren, um einen kleinen Walkman aus dem Auto zu werfen.
    Ein seltsam düsteres Gefühl beschlich Wisting. Er drehte sich um und blickte durch das geöffnete Scheunentor auf das Haupthaus, das auf dicken Grundmauern zu ruhen schien.
    77
    Noch während alle in der Scheune standen, klingelte Wistings Handy. Es war Steinar Kvalsvik, der Psychiater. Wisting hatte seine Nummer gespeichert, die nun im Display aufleuchtete.
    »Sie hatten angerufen?«
    »Ja, aber ich würde lieber später noch mal darauf zurückkommen«, erwiderte Wisting, trat durch das Scheunentor und hielt den Blick weiter auf das Wohnhaus auf der anderen Seite des Hofes gerichtet. Das Scheinwerferlicht von Lines Wagen ließ die ganze Szene in einem scharfen Schwarz-Weiß-Kontrast hervortreten.
    »Worum geht es denn?«, wollte der pensionierte Psychiater wissen.
    »Haglund wurde wegen Prostatakrebs operiert«, erklärte Wisting. »Möglicherweise ist er infolgedessen impotent geworden. Ich finde es eigenartig, dass das in Ihrem Gutachten nicht erwähnt wurde.«
    »Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Das hätte erwähnt werden müssen«, erwiderte der Psychiater nach einem Moment der Stille. »Aber eine psychiatrische Untersuchung funktioniert etwas
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