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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3
Autoren: Verschiedene Autoren
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verscheidend rücklings auf ihre Kinder und den Leichnam ihres Gatten hin. Das unten gaffend umherstehende Volk drang aufkreischend bei diesem Anblicke hinzu und fand die beiden unglücklichen Kinderchen in den letzten Zügen, wie unschuldige Lämmer von der verzweifelten Mutter hingewürgt.
    Auf der Stelle erhob sich ein gräßliches Toben und Schreien, und die Kunde vom Geschehenen drang wie ein Lauffeuer durch die Stadt. Alles weinte und rannte herbei, das empörende Trauerspiel zu sehen, wie Vater und Mutter mit zwei so schönen blonden Söhnchen, mit schmählichen Wunden, blutbesudelt und tot kreuzweise übereinander lagen. Der Tränen und Wehklagen gab es in der Stadt so überflüssig viel, daß es schien, als müsse das Ende der Welt bevorstehen. Zumal beklagte das Volk den Tod der beiden unschuldigen Brüderchen, die ohne Sünde oder irgendein Vergehen, zu grausam mit dem Blute ihres Vaters und ihrer entarteten Mutter gefärbt, auf dem Boden ruhten, gleichsam als schliefen sie. Aus der geöffneten zarten Kehle entträufte ihr warmes rotes Blut und erregte in den Busen der Zuschauenden solch Mitleiden und Weh, daß einer, der seine Zähren oder sein Schluchzen hätte zurückhalten können, vielmehr müßte Stein oder Eisen, als ein menschlicher Körper gewesen sein. Denn der grausame wilde Anblick hätte wohl in der toten Natur selbst den Laut des Mitleidens erweckt.
    Einige Freunde und Verwandte Fazios und der Pippa ließen die irdischen Hüllen von Mann und Weib, mit Erlaubnis der Obrigkeit, auf eine Bahre legen und, weil sie als Verbrecher gestorben waren, nicht an geweihter Stätte, sondern der Mauer entlang beerdigen. Aber die Leichen der beiden Brüderchen wurden zum unaussprechlichen Schmerz aller Pisaner in Santa Caterina beigesetzt.

Antonio Francesco Grazzini
Fiammetta und der Arzt
    Es ist nicht lange her, da lebte in unserer Stadt ein Notar, der sich Herr Anastasius dalla Pieve nannte. Er kam klein nach Florenz und war dann als Erzieher im Hause der Strozzi, um schließlich, als er heranwuchs, sich in die Zunft einzuschreiben; nachdem er im Gerichtsgebäude begonnen hatte Geld zu verdienen, wurde er im Laufe der Zeit reich. Als er nun schon beinahe alt geworden war, beschloß er, weil er niemand hatte, um ihm seine Habe zu hinterlassen, ein Weib zu nehmen. Da er nicht nach Mitgift fragte, fand er glücklich ein junges, schönes Mädchen aus vornehmem Hause, das von ihm, innerhalb wie außerhalb des Bettes, in allen Dingen zufriedengestellt ward, die sie nur immer fordern und erbitten mochte. Denn der Herr war von ihr so bezaubert und so in sie verhebt, daß er der eifersüchtigste Mann der Welt geworden war, der mehr Mühe und Sorgfalt darauf verwandte, sie gut zu bewachen, als daß er Kunden zu gewinnen und Verträge aufzusetzen suchte.
    Das Mädchen, die sich Fiammetta nannte, ward gar bald des verkehrten Sinnes und der Furcht ihres Gatten inne; darob und weil sie von edlem Blut und adliger Gesinnung war, entrüstete sie sich so sehr, daß sie sich vornahm, ihm das anzutun, nur aus diesem Grunde, was sie anders nie auch nur gedacht hätte zu tun. Und da sie gewahr wurde, daß ein ihr benachbarter Arzt, der vor kurzem aus Paris zurückgekehrt war, wo er zum Studium gewesen, ein Mann von ungefähr fünfunddreißig Jahren, voll Anmut und Grazie, ihr in besonderer Weise den Hof machte, begann sie ihm ein heiteres Gesicht zu machen. Darüber war der Arzt außer sich vor Freude und ging noch häufiger am Hause vorbei; und da sie ihn immer freundlicher ansah, geschah es, daß sie sich in ihn verliebte. Als sie so einander liebten, begehrten sie nichts glühender, als sich zusammenzufinden. Aber sie konnten damit nicht zu Rande kommen wegen einer alten Magd, die der Herr zu keinem andern Zweck im Hause hielt, als daß sie tagsüber aufpasse; nachts dann behütete er sie selbst. Damit waren Fiammetta und ihr Magister Julius, denn das war der Name des Arztes, ganz und gar unzufrieden. Trotzdem berieten sich die junge Frau und der, den die Sehnsucht zusammenschnürte, um Mittel und Wege, zu ihrer Lust zu finden; und es kam ihr eine neue List in den Sinn, um mit ihrem Arzt zusammen zu sein und sich mit ihm zu vergnügen. Davon unterrichtete sie ihn durch Briefe.
    Nachdem sie so einig waren über das, was sie unternehmen wollten, begann die gute Frau eines Nachts im ersten Schlafe laut zu schreien und zu rufen: »0 Herr Anastasius, o mein Gemahl, ich sterbe, ich sterbe! 0 weh, helft mir um Gottes
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