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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3
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als ob sie mit den Tränen zugleich sich die Seele aus dem Leibe weinen wollte, so sehr, daß Herr Anastasius, seiner selbst vergessend, gezwungen war, sie zu stärken und zu trösten. Indem er ihr sagte, daß sie reich hinterbliebe, wünschte und erbat er nur eine Gunst, und das war: Falls sie sich nicht wieder verheiraten würde, solle sie nach ihrem Tode alles dem Waisenhause hinterlassen; oder falls sie sich wieder verheiratete, möge sie dem ersten Sohn, der ihr geboren würde, den Namen Anastasius geben, damit sie Anlaß habe, sich lange an ihn zu erinnern. Unter strömenden Tränen versprach ihm die Frau alles vielmals; dann verlor der Herr, da sich sein Zustand stark verschlimmerte, bei Sonnenuntergang die Sprache und verschied in derselben Nacht.
    Fiammetta teilte ihre heftige Betrübnis mit ihrem Vater und den Brüdern, die sie besuchen gekommen waren, und ließ ihn anderntags aufs ehrenvollste begraben. Der alten Magd, die lange Zeit im Hause gewesen war, gab sie außer dem Lohn ein gutes Geldgeschenk und schickte sie fort; die junge verheiratete sie. Sie selbst, da sie reich war und sich jung fand, entschloß sich gegen den Willen ihres Vaters und all der Ihren, sich wieder zu verheiraten. Da sie ihren Magister in bester Erinnerung und ihn immer vor Augen und in allen Liebesproben als tüchtigen und freimütigen Liebhaber befunden hatte, so unterhielt sie mit ihm im geheimen ein sehr enges Verhältnis. Auch er nicht weniger als sie ersehnte in jeder Hinsicht die Hochzeit, so daß sie schließlich in der ehrbarsten Weise, die möglich war, die Ehe schlossen. Sie lebten dann lange Zeit, sich ihres Glücks erfreuend, zusammen, sehr reich und zufrieden, und nahmen ständig zu an Wohlstand und Kindern. Fiammetta hielt nach Zeit und Ort darin ihrem Gatten die Treue, daß sie ihrem ersten Sohne den Namen Anastasius gab.

Antonio Francesco Grazzini
Des Fischers Glück und List
    Geraume Zeit bevor Pisa der florentinischen Herrschaft unterworfen wurde, kam ein Mailänder Arzt von Paris, wo er studiert und die Heilkunde erlernt hatte, in diese alte Stadt, blieb allda eine Weile, indem er mit Gottes Hilfe einige Edelleute behandelte und ihnen wieder zu ihrer verlorenen Gesundheit verhalf, und gelangte bei den Pisanern allmählich zu so großem Ansehen und Verdienste, daß er nicht übel Lust bekam, weil ihm überdies die Stadt sowie die Sitten und Lebensweise ihrer Bewohner gar wohl zusagten, nicht nach Mailand zurückzukehren, sondern sich in Pisa niederzulassen.
    Da er nun in seiner Heimat von den Seinen niemand als seine alte Mutter hinterlassen und wenige Tage, ehe er nach Pisa kam, die Nachricht erhalten hatte, daß sie aus diesem Leben geschieden sei, so setzte er, also von nichts mehr dahin zurückgezogen, seine ferneren Hoffnungen ganz allein auf Pisa und erwählte es zu seinem Wohnorte, wo er seine Kunst mit vielem Glück ausübte, in kurzem reich ward und sich Meister Basilio von Mailand nennen ließ. Um seiner guten Verhältnisse willen wünschten mehrere Pisaner, ihn zu verheiraten, und brachten ihm eine Menge Jungfrauen in Vorschlag, ehe er sich dazu entschloß. Zuletzt gefiel ihm ein Mädchen, das weder Vater noch Mutter hatte, zwar edelgeboren, aber arm war und ihm nichts als ein Haus zur Mitgift einbrachte, in welchem der Meister, nachdem er lustig und guter Dinge darin seine Hochzeit gehalten und es bezogen hatte, viele Jahre lang ein glückliches und zufriedenes eheliches Leben führte, das ihn an Kindern und an Hab und Gut bereicherte. Seine Frau gebar ihm drei Knaben und ein Mädchen. Dieses letztere und den ältesten der Söhne verheirateten sie im erwachsenen Alter, und der jüngste Sohn widmete sich den Wissenschaften, weil der mittlere, namens Lazzaro, denselben lange Zeit vergeblich oblegen hatte und in seinem trägen, schwerfälligen Verstände keine Neigung dazu empfand, sondern vielmehr von Natur melancholisch, zerstreut, menschenscheu, wortkarg und so störrig war, daß, wenn er einmal zu einer Sache Nein gesagt hatte, die ganze Welt ihn nicht anderen Sinnes zu machen vermochte. Da ihn denn sein Vater als so grob, halsstarrig und bäurisch erkannte, so entschloß er sich, ihn von sich zu entfernen, und schickte ihn aufs Land, wo er unweit der Stadt vier schöne Besitzungen gekauft hatte.
    Mit diesem Aufenthalte äußerst zufrieden, weil er an den ländlichen Sitten viel mehr Geschmack als an den städtischen fand, hatte Lazzaro allda wohl an die zehn Jahre gelebt, als Pisa von einem
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