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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2
Autoren: Verschiedene Autoren
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ihre Gebieterin sehr über ihren Vorsatz und goß noch Öl ins Feuer. Eben dieses Mädchen war in einen jungen Menschen im Hause verliebt, der, ich wüßte nicht zu sagen, aus welchem Grunde, dem Don Diego höchst übelwollte, und dem dessen mutmaßliche Verbindung mit der blonden Ginevra ein Dorn im Auge war. Wie er nun von dem Unwillen des Fräuleins Kunde erhielt, sann er sich alsbald eine Lüge aus und gab gegen seine Geliebte vor, von einer glaubwürdigen Person gehört zu haben, Don Diego würde ohne die Rücksicht, die er auf seine Mutter zu nehmen hätte, das Fräulein mit dem Sperber schon geheiratet haben. Die Zofe mußte diese zweite Lüge ihrer Herrin zuflüstern, die ihr leider ein nur allzu geneigtes Ohr lieh. Und da sie entschlossen war, dieses Verhältnis zu zerreißen und Don Diegos fernere Besuche zu verhüten, so gab sie einem Edelknaben das Geheiß, nächstfolgenden Tags vor das Schloß hinaus an eine gewisse Stelle zu gehen und, wenn Don Diego komme, auf ihn zuzutreten und ihm zu sagen: »Herr Don Diego, die blonde Ginevra schickt mich zu Euch und läßt Euch sagen, Ihr möget nur dahin gehen, woher Ihr Euren so werten Sperber erhalten habt; denn hier werdet Ihr weder Rebhühner noch Wachteln mehr fangen.«
    Der Edelknabe ging zur rechten Zeit an den ihm angewiesenen Ort und blieb dort stehen, bis Don Diego nach seiner Gewohnheit hinkam. Sobald ihn der Knabe erblickte, ging er ihm entgegen und sagte ihm, was seine Gebieterin ihm aufgetragen hatte. Der kluge und einsichtige Ritter verstand gut den Sinn dieser rätselhaften Worte und kehrte sehr mißvergnügt nach Hause zurück. Dort angekommen, begab er sich auf sein Zimmer und schrieb einen für die Umstände passenden Brief, nahm den Sperber, brachte ihn um und sandte ihn nebst dem Briefe durch einen Diener zu Pferde an die blonde Ginevra. Als der Diener zu ihr kam, wollte sie aber weder Brief noch Sperber annehmen und sagte nur mündlich zu dem Boten: »Guter Gesell, sage deinem Herrn, er möge mir nicht mehr vor die Augen kommen; denn ich bin nun über ihn ganz im klaren und danke Gott von ganzem Herzen, daß er mir zu rechter Zeit noch die Augen geöffnet hat über seine Treulosigkeit.«
    Der Bote kehrte mit dieser heftigen Antwort zu seinem Herrn zurück und meldete ihm alles der Reihe nach. Wie sehr diese Botschaft ihn erschreckte und in Staunen versetzte, wie er jammerte über sein Unglück und sich härmte, ist nicht zu sagen. Er versuchte tausend Wege, um sie aufzuklären und ihr zu wissen zu tun, daß sie von bösen Zungen betrogen worden sei; aber alles war umsonst. Sie wollte sich durchaus nicht besänftigen lassen und den gerechten Entschuldigungen ihres aufrichtigen Liebhabers kein Ohr verleihen. Ihre vorgefaßte irrige Meinung hatte schon so tiefe Wurzeln in ihr Herz geschlagen, daß sie sie nicht mehr ausrotten konnte. Daher wollte sie auch weder Briefe noch Botschaften mehr von ihm annehmen.
    Als sich der unglückliche Liebhaber ohne seine Schuld so behandelt sah und einen so großen Kummer nicht ertragen konnte, auch weder Mittel noch Wege wußte, seine Flamme zu löschen, die immer weiter zu greifen schien, verfiel er in eine Schwermut, die ihm fast tödlich wurde. Die Krankheit des Ritters war leicht zu beurteilen, da er von seiner Gewohnheit, das Fräulein zu besuchen, ganz abgelassen hatte. Die beiden Witwen lachten darüber und meinten, es sei nur ein kindischer Zwist. Nachdem aber Don Diego die Überzeugung gewonnen, daß er alle Mittel und Wege, die ihn zu einem Ziele führen konnten, umsonst versucht habe, ward er des Lebens überdrüssig. Doch wollte er sich nicht selbst umbringen und beschloß daher, einen andern Weg zu versuchen, nämlich von der Ursache seines Kummers sich zu entfernen und einige Zeit in der Welt umherzuschweifen, in der Hoffnung, dieser herbe Schmerz werde sich mit der Zeit lindern. In diesem grausamen Vorsatz wählte er von seinen Sachen aus, was ihm mitzunehmen nötig schien, und unter anderem ließ er Einsiedlerkleider machen für sich und einen Begleiter, den er überallhin mitzunehmen beabsichtigte. Damit schrieb er einen Brief, den er einem seiner Diener mit den Worten gab: »Ich entferne mich von hier in gewissen Angelegenheiten und will nicht, daß meine Mutter oder irgendwer erfahre, wohin ich gehe. Wenn ich fort bin und meine Frau Mutter fragt nach mir, so sagst du, du wissest nicht, wo ich sei; ich hätte aber gesagt, ich käme in drei Wochen zurück. Wenn ich dann vier Tage fort bin,
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