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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle
Autoren: Mikka Bender
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so zusammenleben. Ich hätte beim Bürgermeister des Dorfes auch einen Kriegseinsatz mit Speeren, Pfeil und Bogen ordern können, nachgestellt von den Männern von Jiwika. Aber diese Schau war mir zu teuer, und möglicherweise hätte Ludger dann auch noch eine anschließende Menschenfresserei fotografieren wollen.
    Wir sitzen auf dem feuchten Boden zwischen Rundhütten aus Lehm und Gras, umgeben von Palisaden, die jedes Gehöft umzäunen. Etwa fünfzig Dorfbewohner haben sich in Gruppen versammelt, Frauen, Kinder und Männer, auch ein strammes Ferkel ist zugegen. Zwei Dani halten es wie einen Pokal in die Höhe. Im nächsten Moment fliegt ein Pfeil, das Ferkel quiekt noch kurz, dann ist es tot.
    In einem kräftigen Feuer in der Mitte des Platzes werden nun dicke Steine erhitzt, zugleich wird in die schwere, schwarze Erde eine Grube gegraben. Ein paar Dani flämmen dem Ferkel die Borsten ab, nehmen es aus und zerlegen es fein säuberlich. Dani-Frauen haben Süßkartoffeln ausgegraben, die jetzt Teil eines festverschnürten Pakets werden. Zusammen mit den glühend heißen Steinen, Fleischstücken und Gewürzen werden sie in Bananenblätter gewickelt, in das Erdloch gelegt und mit Gras abgedeckt. Die Arbeit ist getan. Die Dani-Männer sitzen im Kreis um die Grube herum und singen ihre Lieder, die Frauen tanzen ihre Tänze, und Ludger fotografiert. Er darf das unentgeltlich, denn diese Bilder sind im Preis fürs Schwein inbegriffen. Für das Ereignis haben die Dani-Männer ihren kompletten Kriegsschmuck angelegt und ihre Gesichter und Körper bemalt. Die Frauen tragen Bastrock oder ihren Schamschutz, Muschelketten und etwa zwei Kilo Lehmfarbe pro Person auf der Haut.
    Wir haben Zeit, den Tag Revue passieren zu lassen, unsere Eindrücke zu beschreiben und zu kommentieren. Gotthard hat der Kulturschock nachdenklich gemacht, während für Jana folkloristische Darbietungen ein Gräuel sind.
    «Ein bisschen Zirkus ist das hier schon», sagt sie. «Wir zahlen und bekommen dafür eine perfekte Show geboten. Das könnten wir doch morgen Abend bei entsprechender Belohnung genauso wieder haben, oder?»
    «Im Prinzip ja», antworte ich ehrlich. «Möglicherweise nur mit anderen Darstellern, weil die hier vielleicht schon für ein anderes Schweinefest gebucht sind.» Nach einer kunstvollen Pause fahre ich aber fort, wozu bin ich Guide: «Aber ihr solltet auch bedenken, dass wir mit unserem Geld Gutes tun. Wir sorgen dafür, dass alte Tänze, Gesänge und Gebräuche gepflegt werden. Meint ihr, die Dani würden alle paar Tage ein Schwein verzehren und dazu tanzen und singen, wenn es keinen Sponsor gäbe? Das ist bei uns in Oberbayern doch genauso. Die laufen da auch nur ständig in Lederhosen herum und schlagen sich auf die Schenkel, weil Japaner in der Nähe sind. Und erst das Oktoberfest! Das ist ein totales Affentheater, da ist das hier noch ganz authentisch.»
    Jana stimmt mir zu, ist aber trotzdem enttäuscht. «Ich hatte gehofft, noch viel mehr Ursprünglichkeit zu erfahren.»
    Gotthard mischt sich jetzt ein: «Wenn das hier alles ursprünglich wäre, so wie vor fünfzig Jahren, dann würdest du da unten im Erdloch liegen und gleich mit Süßkartoffeln serviert werden.»
    Da hat er recht. Gotthard nimmt aber auch nicht an dieser Tour teil, weil er ethnologische Studien betreiben möchte, sondern weil er sich ja Urlaubsziele aussucht, die in seiner Sammlung noch fehlen.
    Mechthild sieht die Sache ähnlich wie Jana. «Wir wollen ja gar keine Menschenfresser bestaunen, aber auch keine Pausenclowns, für die wir noch bezahlen müssen.»
    Ich kann die beiden Frauen gut verstehen. Sie sind enttäuscht, dass selbst die Dani in der Gegenwart angekommen sind und entsprechend mit den Touristen Geschäfte machen wollen. Nach dem Motto: Wir liefern euch unsere fremde und exotische Welt, ihr zahlt uns dafür gutes Geld. Die ganze Welt ist heute entdeckt, kartographiert und von Touristen bereist, das müssen jetzt leider auch Mechthild und Jana akzeptieren.
    Ludger hat ganz andere Probleme. Wegen der hohen Luftfeuchtigkeit will auch seine zweite Kamera nicht mehr funktionieren. Gerade jetzt, wo Fotos von wilden Dani all inclusive sind, ist das mehr als ärgerlich.
    Nach etwa zwei Stunden ist das Ferkel gar. Gras, Blätter und heiße Steine werden beiseitegelegt, die zarten Fleischteile mit Süßkartoffeln verteilt. Die schönsten Stücke bekommt der Bürgermeister, was uns am Ende auf dem Bananenblatt serviert wird, ist sehr schwer zu
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