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Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Titel: Inspektor Jury spielt Katz und Maus
Autoren: Martha Grimes
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Anderson oder Shirley MacLaine.»
    «Sie würden garantiert alle an die Wand spielen. Haben Sie Unterricht genommen?»
    «Ein bißchen. Brauche ein bißchen Übung.» Sie inspizierte ihr hartgekochtes Ei.
    «Ein bißchen ist gut. Ich muß los, arbeiten. Ich bring Sie nach Haus. Ich werde Sie ein wenig im Auge behalten, Carole-anne.»
    Sie zuckte eine samtene Schulter in Richtung Tresen und sagte: «Was gibt’s denn sonst so Neues?»
     
    «Polly? Polly Praed ? In einer Telefonzelle –?» Nachdem Jury Carole-annes Türverriegelung überprüft und die lose Kette festgeschraubt hatte, hatte er die Wohnung verlassen. «Wollen Sie mich hinter Schloß und Riegel bringen, Super?»
    Als er seine eigene Wohnung betrat, klingelte das Telefon. Er war nicht in Bereitschaft, New Scotland Yard durfte es also eigentlich nicht sein, aber er kannte die Neigung seines Chief Superintendent, den ersten, zweiten und dritten auf der Liste einfach zu ignorieren, und rechnete mit einem von Racers mitternächtlichen Schlachtrufen. Oft bedeuteten Racers Anrufe nicht einmal, daß in London ein Verbrechen passiert war, von dem Jury erfahren mußte, sondern lediglich, daß Racers Club und die Kneipen geschlossen waren.
    Darum war Jury angenehm überrascht, am anderen Ende die Stimme seines alten Freundes Melrose Plant zu hören.
    «Klar bin ich gerade an einem Fall. Racer sorgt schon dafür, daß ich alle Hände voll zu tun habe – oder aber, daß sie mir auf den Rücken gebunden sind. Wo ist das?»
    Jury schrieb es auf. «Gut. Was hat sie Ihnen noch erzählt? Hm … Sie bringen sie aber auch immer in Höchstform.» Jury lächelte. «Dann sehen wir uns morgen dort. Das heißt inoffiziell. Die Polizei in Hampshire würde es wohl nicht gerade begrüßen, wenn ich ungebeten meine Nase in die Sache hineinstecke.»
    Sie hatte also einfach aufgelegt? Jury schüttelte den Kopf und warf den langweiligen Papierkram, den er in der Hand hielt, wieder auf den Schreibtisch. Soweit er sich erinnerte, redete man gegen Wände, wenn man Polly Praed in ein Gespräch verwickeln wollte. Sie war doch eigentlich extrem schüchtern – es sei denn, das Thema war Mord.

5
    L AUT D R . F ARNSWORTH war Una Quick an Herzstillstand gestorben.
    Der Sturm und Ida Dotrices Aussage über Unas Angewohnheit, ständig ihren Arzt anzurufen (der übrigens auch den Totenschein unterschrieben hatte) – das genügte der Polizei in Hampshire, um sich der Unfallursache sicher zu sein. Dr. Farnsworth, dessen Praxis im nahegelegenen Selby lag, hatte Una Quick regelmäßig einmal im Monat untersucht. Bedauerlich (sagte Farnsworth der Polizei), Miss Quick hatte Herzrhythmusstörungen und war immer kurz vor dem Herzversagen gewesen.
    Una hatte Ida Dotrice erzählt, Dr. Farnsworth bestehe darauf, daß sie ihn einmal die Woche – jeden Dienstag abend nach Praxisschluß – anrief, um über ihren Zustand zu berichten. Wie das letzte Medikament anschlug oder wie’s der alten Pumpe ging oder ob sie gegen seine Anordnungen verstoßen und mehr als die genehmigten zwei Tassen Tee getrunken hatte und so weiter.
    Aber der Sturm am Dienstag abend hatte ein Telefonkabel heruntergerissen, und sie konnte den Arzt nicht von ihrem Cottage aus anrufen. Törichterweise war sie deshalb die hügelige High Street zum Telefonhäuschen hochgelaufen, um den Doktor pflichtgemäß zu informieren.
    Der Anruf war nie erfolgt; Una war in der Zelle umgekippt, und anstatt, wie man hätte annehmen können, auf dem Boden aufzuschlagen, hatte sie sich am Telefon festgehalten. Die Polizei rekonstruierte, daß sie sich, um nicht zu fallen, mit dem Arm in der Zelle abgestützt haben mußte.
    Dr. Farnsworth hatte keinen Sinn für die Ironie, daß seine Patientin gestorben war, weil sie ihm über ihren Gesundheitszustand berichten wollte.
     
    Es war Morgen, und Barney war immer noch weg.
    Jeden Moment würde Melrose Plant hier sein. Jetzt war es ihr natürlich furchtbar peinlich, daß sie ihn unter einem Vorwand hierher nach Hampshire zitiert hatte. Vielleicht konnte sie eine nette Fahrt durch den New Forest oder ein gemeinsames Mittagessen vorschlagen. Oder was anderes. Polly versank immer tiefer in dem knarrenden Eßzimmerstuhl im «Haus Diana».
    Warum sie überhaupt keine Probleme hatte, mit ihm zu reden – ihm, der immerhin Earl of Caverness, Viscount Soundso, Baron und weiß der Geier was noch war, beziehungsweise gewesen war, bevor er seinen Status aufgegeben hatte … Polly spießte das Tischset auf, als sei es
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