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Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Titel: Inspektor Jury spielt Katz und Maus
Autoren: Martha Grimes
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papageiengrünes T-Shirt. Und hinter ihr, die schwarze Handtasche gegen den schwarzen Busen gepreßt, stand lächelnd Mrs. Wasserman.
    Carole-anne drapierte sich in Jurys Türrahmen, auch sie strahlte. «Hab Ihre Klamotten zurückgebracht, Superintendent. Ich meine, können Sie sich das vorstellen, ich im Zobel?» Lange, bläulichgrüne Glastropfen hingen an ihren Ohren wie Tränen. «Mrs. W. und ich», sie nickte Mrs. Wasserman zu, «wir gehen in die Kneipe. Na, kommen Sie schon!»
    Jury starrte sie ungläubig an. «Mrs. Wasserman?»
    «Sie brauchen mehr Abwechslung, wirklich, Superintendent.»
    Carole-anne setzte ihr zuckersüßes kleines Lächeln auf und zwinkerte ihm zu. «Jetzt seien Sie kein Spielverderber, Superintendent. Ein Stündchen im ‹Engel›, und Sie fühlen sich wie neugeboren.»
    «Ein Stündchen im ‹Engel›, und Sie müssen mich zurücktragen. Ich muß –»
    Carole-anne verzog das Gesicht. «O Gott, immer müssen Sie.» Sie zog ihn am Ärmel. «Wir brauchen männlichen Begleitschutz, stimmt’s, Mrs. W?»
    «Genau, Mr. Jury. Sie lassen doch Damen nicht ohne Begleitung in die Kneipe gehen.» Mit einem Seitenblick auf Carole-anne zwinkerte auch sie Jury zu.
    «Also gut, überstimmt.» Carole-anne stand lässig da und kaute ihren Kaugummi.
    Jury lachte. «Gut, eine halbe Stunde.»
    «Das ist ja toll! Vous serez toujours dans mon souvenir. »
    Mrs. Wasserman knipste nervös ihre Handtasche auf und zu. «Die hier, die hat ein Ohr, wirklich ein Ohr für Sprachen. Ich sage ihr immer, wenn sie es richtig lernte, würde die EG sie als Dolmetscherin nehmen.»
    Carole-anne zupfte an ihren Tränenohrringen. «Das fehlte mir noch!»

28
    D ER B RIEF WURDE ZUSAMMEN mit der restlichen Post auf dem silbernen Tablett serviert.
    Carrie saß am Eßtisch, starrte in ihren Salat und dachte an Bingo. Seit sie gestern abend Fuchsbaue geöffnet hatte, hatte sie ihn nicht mehr gesehen.
    «Er kommt schon wieder, Carrie», sagte Gillian, allerdings klang es nicht gerade überzeugt.
    Gillian händigte der Baronin die Post aus und sagte: «Tiere laufen schon mal weg, Carrie –»
    «Woher wollen Sie das denn wissen?» Sie fragte nicht bitter, einfach nur vorsichtig.
    Es stimmte; weder Gillian noch Regina hatten sich jemals um das «Tierasyl» gekümmert; sie kamen nur höchst selten in einem plötzlichen Anfall von Neugierde dort vorbei.
    Die Baronin war wenigstens so vernünftig, keinen billigen Trost auszusprechen. Vielleicht war sie aber auch nur an ihrer Post interessiert. Regina rauchte und trank ihren Kaffee, und Gillian las ihr zwei Briefe vor. Dann zog sie die Stirn in Falten und gab Carrie einen kleinen Umschlag. «Der ist für dich.»
    Carrie bekam nie Briefe und war genauso überrascht wie Gillian und Regina. Er war in Selby aufgegeben worden. Wer schrieb ihr denn aus Selby – vielleicht Neahle? Womöglich hatte Maxine endlich nachgegeben und sie mit zum Markt genommen. Das Gekrakel war kindlich, die Buchstaben groß und rund. Aber warum sollte Neahle –?
    «Meine Güte, willst du ihn nicht aufmachen? Vielleicht stehen Neuigkeiten drin.»
    Regina klang besorgt.
     
    Bingo . Keine Buchstaben, sondern kleine Bilder von einer Bingo-Karte. Der ganze Brief bestand aus Bildern. Aus einem Buch oder einer Illustrierten ausgeschnitten, eher noch aus einem Kinderbuch, ein Labyrinth. Dann – und da brach Carries eiserne Selbstbeherrschung beinahe zusammen – ein Foto vom Labor in Rumford. Bei Nacht aufgenommen. Auf dem leeren Feld unter Flutlicht sah es aus wie ein Gefängnis.
    Das war alles. Carrie starrte an Gillian vorbei, und Regina sagte: «Na, und was ist es?»
    Carrie wollte etwas sagen, besann sich aber anders. Denn sie wußte, sie wußte es so sicher wie alles, was ihre Tiere betraf, das hier war kein albernes Spielchen von Neahle. Der Absender hatte sorgfältig darauf geachtet, seine Identität nicht zu verraten. Nur der Empfänger war mit der Hand geschrieben. Es war eine Warnung. Oder ein Hinweis?
    Regina rüttelte sie ungeduldig am Arm. «Carrie?»
    Carrie wehrte sie ab und sagte ruhig: «Ach, es sind nur ein paar alberne Bildchen, die Neahle mir geschickt hat.»
    «Neahle? Meine Güte, ich wußte nicht mal, daß sie schreiben kann.»
    Carrie hatte Umschlag und Zettel in die Tasche gesteckt. «Vielleicht hat sie Maxine dazu gekriegt, es zu schreiben. Vielleicht nur, um mich aufzuheitern. Darf ich jetzt bitte gehen?»
    «Ich weiß nicht, warum du dir die Mühe machst zu fragen. Ich müßte dich anketten,
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