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Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

Titel: Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger
Autoren: Caroline Graham
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fühlte sich den Blicken ausgesetzt wie eine einsame Schauspielerin auf grell ausgeleuchteter Bühne.
      Bis zum winzigen Postamt waren es noch etliche Meter. Der Briefkasten stand am Gartentor. Als Laura ihn erreichte, schob sich erneut eine Wolkenbank vor den Mond. Sie steckte den Umschlag hastig wieder in die Tasche und ging weiter. Hinter dem Postamt erwartete sie der gefährlichste Teil. Lief sie jetzt einem Bekannten in die Arme, war der Briefumschlag als Vorwand keinen Pfifferling mehr wert. Doch sie hatte Glück. Außer ihr war niemand unterwegs.
      >Plover's Rest< war das letzte Haus, das direkt am Dorfplatz lag. Die Straße, die sich am Anfang der Grünanlage gegabelt hatte, führte hier wieder zusammen. Die Grundstücke ohne direkten Anschluß an den Park waren weniger wert. Bevor die Reihen mit preiswerteren Häusern begannen, kam eine Baulücke, ein verwildertes Grundstück von gut dreißig Metern Länge, auf dem Dornengestrüpp, wilde Schlehen und Holzapfelbäume wucherten. Für Laura war dieses Geviert ein Geschenk des Himmels, denn, wie die meisten Häuser direkt am Park, besaß auch >Plover's Rest< einen Bewegungsmelder in Form einer grellen Halogenlampe, die sich bei Dunkelheit einschaltete, sobald sich jemand näherte.
      Laura bahnte sich vorsichtig den Weg durch die Wildnis. Das, was sie antrieb, nahm ihr jede Angst. Schließlich trat sie gebückt und mit klopfendem Herzen aus dem dichten Gestrüpp, wandte sich nach links und zwängte sich durch eine Öffnung in einem hüfthohen Weidenzaun. Im nächsten Augenblick war sie in Gerald Hadleighs rückwärtigem Garten.
      Laura blieb einen Moment stehen und nahm ihre Umgebung aufmerksam in sich auf. Ihr Blick glitt über eine mächtige Birke, leere dekorative Gartenurnen, die schwach erkennbaren Umrisse einer Terrasse, deren Oberfläche frostig glitzerte. Der Himmel über ihr war voller Sterne. Sie mied den Kiesweg und schlich auf Zehenspitzen weiter. Ihr Atem kondensierte in der Kälte.
      In der Küche brannte Licht. Als Laura näher kam, sah sie jedoch, daß der Raum leer war. Mutig starrte sie durchs Fenster. Im Spülbecken türmte sich schmutziges Geschirr. Eine halbe Flasche Rotwein und ein Glas standen auf einem Tablett. Laura verrenkte sich den Hals, so daß sie ein langes Board erkennen konnte, auf dem Gewürzgläser mit offenbar exotischem Inhalt standen.
      Gerald hatte einmal erwähnt, daß er gern Japanisch kochte. Laura hatte daraufhin umgehend ihre Vorliebe für diese Küche beteuert und ihn praktisch gezwungen, eine vage Einladung auszusprechen. Danach hatte sie in einem Taumel des Glücks lange vergeblich auf die Konkretisierung dieser Einladung gewartet.
      Als die Vorstellung, wie sie mit Gerald bei Kerzenlicht und warmem Sake zusammensitzen würde, allmählich zur Obsession geworden war, hatte sie ihn schließlich an sein Versprechen erinnert. Woraufhin er ihr versicherte, sein Versprechen nicht vergessen zu haben, und sie für den folgenden Donnerstag gegen sieben Uhr zu sich einlud.
      Laura schwebte wie auf Wolken, gönnte ihrer Haut ein klärendes Dampfbad, bürstete sich das Haar und cremte ihre makellos schlanken Beine mit Parfümlotion ein. Donnerstag um Viertel vor sieben zog sie ihr maisgelbes Jasper Conran Jackett über ihre elfenbeinfarbene Seidenbluse und den schmalen pflaumenfarbenen Seidenrock. Karneolohrringe waren ihr einziger Schmuck. Sie sah einfach bezaubernd aus. Jeder sagte das ... die Cleweses, Rex, das alte Ehepaar aus >Windy Hollow<. Er hatte nämlich die halbe Straße eingeladen. Und für alle war es, wie man ihr versicherte, die erste Einladung gewesen.
      Jeder andere hätte daraus seine Lehre gezogen. Laura jedoch, die sich in den Schlaf weinte, wachte in der Überzeugung auf, daß Gerald einfach nervös, in romantischen Dingen völlig aus der Übung gewesen sei. Beim ersten Mal hatte er die Zweisamkeit offenbar gescheut. Mittlerweile war gut ein Jahr verstrichen. Eine Einladung war nie wieder ausgesprochen worden.
      Unglücklich bis zur Verzweiflung kämpfte Laura aus Selbstschutz mit Phantasien, in denen sich Gerald als miserabler Liebhaber, Langweiler, Pedant und Egozentriker entpuppte. Unter großem Energieaufwand gelang es Laura auch, diese tröstliche Fiktion gelegentlich über Tage aufrechtzuerhalten ... Bis sie ihn wiedersah.
      Plötzlich Geräusche und Licht! In panischer Angst duckte sich Laura am Fenster vorbei und preßte sich flach gegen die Hauswand, so daß sich die
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