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Ins Eis: Roman (German Edition)

Ins Eis: Roman (German Edition)

Titel: Ins Eis: Roman (German Edition)
Autoren: Karen Nieberg
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Spielzeug und Handschuhen seit Fredriks Geburtstagsdinner.
    Das Päckchen war in etwa so lang wie eine Männerhand. Goldenes Geschenkpapier zerriss unter Kirstens Fingern, darunter kam eine längliche, aus Plexiglas gefertigte Box zum Vorschein. In dem kleinen Schaukasten schwebte auf zwei kurzen Stielen befestigt ein dunkel glänzender, grob geschnitzter Wal. Seine Fluke war unregelmäßig, die Finne abgebröckelt, der Kopf uneben gearbeitet und mit zahlreichen Kerben übersät. Als ob das Tier in Eile oder von ungeübten Händen geschnitzt worden sei.
    Oder in vollkommener Finsternis.
    Am Boden des Behälters klebte ein zusammengefaltetes Kuvert. Kirsten zog ein in Handschrift beschriebenes Blatt heraus. Sie musste es dicht an ihr Gesicht bringen, um es in der schlecht beleuchteten Kabine des Helikopters lesen zu können.
    Kirsten,
    diesen Wal habe ich einst für Kristoffer geschnitzt. Er hat mich am Leben, bei klarem Verstand gehalten, in einsamster Stunde. Ich werde Jonas, wenn er ein bisschen älter ist, seine Geschichte erzählen. Bis dahin wird dieser Wal ihn beschützen, wie er mich damals beschützt hat.
    Ich wünschte bloß, Kristoffer hätte ihn Jonas selbst einmal schenken können.
    Fredrik
    Im Januar 2011
    Kirsten drückte die Wange gegen Jonas’ Kopf und blickte hinab auf die Insel aus Lichtern, die Longyearbyen der arktischen Nacht entgegensetzte.

E r balanciert auf einem Felsbrocken am Ufer des Flusses und betrachtet die Strömung. Ihn fröstelt, die Temperaturen sind in der letzten Stunde rapide gesunken. Gleich wird er das zweite, warme Fleece aus dem Rucksack holen müssen, Mütze und Handschuhe. Bislang hat die Bewegung ihn warm gehalten.
    Vielleicht wird er umkehren müssen. Seit einer halben Stunde sucht er eine Stelle, um den Fluss zu überqueren. Vergebens. Das Wasser tost an ihm vorbei, wild, dabei so klar und rein, dass er es mit der Hand in den Mund schöpfen könnte.
    »Ungewöhnlich viel Wasser für die Jahreszeit, nicht wahr?«
    Unvermittelt steht sie hinter ihm. Lacht angesichts seines überraschten Gesichtsausdrucks, die graublauen Augen funkeln vergnügt. Gestern, gestern noch, da hatten sie sich im Streit getrennt. Wegen seines Vaters.
    Er springt von seinem Aussichtsfelsen, an dem sein Rucksack und das Gewehr lehnen. Der Boden unter ihm gibt bei der Landung nach. Seine Füße saugen Wasser auf. Der Fluss hat sein Bett verlassen, der gefrorene Boden hindert das Wasser am Versickern, weshalb es sich an der Oberfläche staut. Hier und dort, auch direkt neben ihm, bildet es kleine Tümpel, gesäumt von Gras. Die Halme biegen sich im auffrischenden Wind. Ein Stück weiter endet das Gras, Steine gewinnen die Oberhand.
    In seinen Wimpern verfangen sich erste wässrige Schneeflocken. Für einen Mann hat er lange Wimpern, er weiß das. Er blinzelt.
    »Was willst du hier, Ingrid?«
    Sie tritt näher. »Hast du das Notizbuch gelesen?«
    »Das habe ich. Ich habe es weggeworfen, Ingrid. Es sind nichts als Lügen, das weißt du. Schon damals hat niemand diesen Idioten geglaubt.«
    Sie nickt langsam. Sie konnte nichts anderes erwarten, nicht von ihm. »Du kennst meinen Vater nicht«, hat er ihr gesagt.
    »Habe ich dich enttäuscht?«, fragt sie.
    Er lässt die Frage unbeantwortet, sein angespanntes Kinn ist Antwort genug. Sie sieht zum Himmel hinauf. Er ist tiefer gesunken, die Wolkendecke bedrohlicher als noch vor wenigen Minuten. Das Wetter schlägt viel rascher um, als es der Wetterbericht vorhergesagt hat.
    Sie steht jetzt neben ihm. »Es tut mir leid«, sagt sie. Ihre Hand greift unter seine Jacke, die Finger finden den Saum der Hose, gleiten unter den Stoff seines Shirts und streichen über die nackte Haut. Die Stelle fünf Zentimeter über seinen Lenden. Empfindsam. Die Reaktion erfolgt umgehend und ungewollt. In seinem Unterleib strömt das Blut zusammen.
    Sie spürt die Bewegung in seiner Hose. Sie lächelt, rückt näher. Küsst ihn, seine Lippen müssen ihre erst erwärmen.
    »Lass das«, murmelt er und will sie von sich schieben. Aber ihre Hand ist schon in seine Unterhose geschlüpft. Zielstrebig, fordernd. Erregend. Er stöhnt. Sie zieht den Reißverschluss seiner Jacke auf.
    »Es ist zu kalt«, beginnt er, aber es ist eine halbe Lüge, denn von ihrer beider Becken strahlt Hitze aus.
    »Ganz schnell!«, haucht sie in seinen Mund. Sie zieht ihm die Jacke hinunter; seine Hose ist nun offen. Sein dünnes Fleece, das Shirt darunter, sie schiebt beides hoch. Der auffrischende Wind
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