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Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas
Autoren: Stefanie Gercke
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bis zu ihrem Zentrum. Es ist noch zu früh, ich kann das nicht beantworten, dachte sie, sah Mary vor sich und Ein-Arm-Len, fragte sich, hinter welcher Maske er sich heute wohl versteckte, dachte an den Vater des Garne Ranger, an das, was er gesagt hatte, und dass sie es noch immer nicht wussten, was in den Polizeicomputern stand. Sie durchlebte noch einmal den Überfall, der noch keine Stunde zurücklag, hörte das, was Neu über die Gefahr erzählt hatte, in der Vilikazi und Sarah schwebten, und für einen flüchtigen Moment sah sie den Jungfernstieg im Sommer vor sich. Eine endlose Reihe von Gesichtern zog vor ihrem inneren Auge vorbei, und ganz am Schluss stand der schwarze Polizist, der gesagt hatte, willkommen, willkommen daheim. »Wird dieser Fluss ein sicheres Bett in eurem Land finden? Ohne Stromschnellen, ohne Untiefen?« Twotimes' ernster, dunkler Blick lag auf ihr. »So wird es sein, Madam.« Plötzlich aber funkelte es in seinen Augen, die Maske des würdevollen alten Afrikaners verrutschte. Er richtete sich auf. »Mandela 511
    wird diesen verdammten Tsotsies schon Beine machen. Für die haben wir nicht gekämpft. Es gibt keinen Platz für Kriminelle in unserem Land!« Er schlug sich mit der Faust in die Hand. »Es wird sicher sein fiir Sie und Ihre Familie.
    Haben Sie keine Angst. Kommen Sie zurück! He, Neil, hab ich Recht?«
    Henrietta und lan starrten ihn sprachlos an, als wäre er vor ihnen aus seiner alten Haut geschlüpft, wie ein Schmetterling aus seiner Puppe. Twotimes?
    Neil hob seine Hand. Nickte. »Du hast Recht. Er hat immer Recht«, grinste er, seine Zuneigung war deutlich. Ganz offensichtlich waren sie Freunde, nicht Arbeitgeber und Untergebener, sondern Freunde, Kampfgefährten, die einen langen Weg gemeinsam gegangen waren.
    »Meine Güte, Twotimes! Ich hab dich noch nie so viel reden hören!« Tita stand deutlich ins Gesicht geschrieben, dass auch sie diesen Twotimes zum ersten Mal sah.
    »Yebo«, grinste er vergnügt, »es war die Zeit dazu. Jetzt kann ich der sein, der ich bin. Ich brauche mich nicht mehr zu verstecken.« Dann half er Julia aus dem Auto, setzte sie gemeinsam mit Karsten in den Rollstuhl, nicht mehr der geheimnisvolle Schatten von früher, sondern ein überaus lebendiger Mensch, der ahnen ließ, was in ihm steckte.
    Seine Frage war vergessen, sie brauchte sie nicht zu beantworten. Nicht jetzt.
    »Wir essen auf der Terrasse«, rief Tita und ging ihnen voraus. »Ich habe eine neue Köchin, ihr Essen ist Manna vom Himmel, sag ich euch! - Ellen, wir sind da und sterben vor Hunger!«, rief sie durch die geöffnete Küchentür.
    »Wird auch langsam Zeit«, hörte man eine brummige, schlecht ge^ launte Stimme.
    Tita kicherte. »Sie ist eine Furcht erregende Frau, wir haben alle Angst vor ihr. Wage ja nicht, dein Essen nachzusalzen, Henrietta, sie wird dich vierteilen, wenn sie es merkt.« Sie setzten sich um den Tisch, die Tür flog auf, und eine Frau mittle-512
    ren Alters, rund wie eine Tonne, Oberarme wie zum Bierseidelstemmen gemacht, mit einer weißen langen Schürze über einem buntgeblümten Kleid und wunderschönem, blondem Haar, das zu einem glänzenden Knoten gewunden war, kam mit einer dampfenden Suppenterrine heraus. Henrietta starrte nur, versuchte ihre Verwirrung zu verbergen.
    Ihre Freundin, die neben ihr saß, beobachtete sie mit einem vergnügten Lächeln, schien genau zu wissen, was ihr durch den Kopf ging. »Da staunst du, was? Das ist das neue Südafrika«, wisperte sie. Dann stellte sie ihre neue Köchin vor. »Das ist Ellen van Oosterhuizen, die gute Seele unseres Hauses.
    Was gibt's heute, Ellen?« »Suppe und Salate«, knurrte Ellen mit tiefer Stimme und knallte die Terrine auf den Tisch. »Guten Appetit!«, setzte sie drohend hinzu. Die Suppe war köstlich, frische Muscheln mit Krautern, Weißwein und Sahne, dazu eine aufgeschnittene Baguette. »Wo hast du Ellen aufgetan?«, fragte Henrietta.
    »Ich hab sie einer Freundin abspenstig gemacht«, antwortete Tita fröhlich.
    Kurz darauf stand Twotimes in der offenen Terrassentür. »Besuch, Nachbarn«, verkündete er, sich auf das Wesentliche beschränkend. »Ach je, die Leute von der Bürgerwehr - ich habe völlig verschwitzt, dass sie heute kurz vorbeikommen wollten. Nette Leute, neu in der Gegend. Tut mir Leid, Liebling«, entschuldigte sich Neil bei seiner Frau, »soll ich sie auf morgen vertrösten?«
    Statt einer Antwort winkte Tita Twotimes zu sich. »Sag Ellen bitte, dass wir vier weitere Gedecke
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