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In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)

In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Christiane Fux
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ich gehe erst mal duschen.«
    Während er das Wasser plätschern hörte, setzte sich Theo an den Tisch in der geräumigen Altbauküche. Bislang war er erst zwei Mal in Hannas Wohnung gewesen und da hatte er wahrscheinlich die ganze Zeit nur sie angestarrt. Er betrachtete die Wand, an der allerlei Fotos und Erinnerungsstücke hingen. Er blieb an einem Bild hängen, auf dem Hanna mit einer blonden Frau mit schmalem Gesicht zu sehen war. Beide hatten Zigaretten in der Hand und beide lachten in die Kamera. »Meine allerliebste Nachbarin.« Hanna kam in einen riesigen Bademantel gewickelt aus dem Bad. Züchtig hielt sie den Kragen verschlossen. Ihr Haar war feucht und ringelte sich schwarz auf dem weißen Frottee.
    »Komm her«, sagte Theo.
    Sie setzte sich rittlings auf seinen Schoß und sie begannen sich zu küssen.
    »Und? Warst du mir auch treu?« Hanna kicherte.
    Theo zögerte. Es war nur ein winziger Moment, aber Hanna kapierte schnell.
    »Sag, dass das nicht wahr ist.«
    »Mensch, Hanna.«
    Sie stand mit einem Ruck auf. »Das gibt’s doch nicht. Schreibt mir Hunderte Schmacht-Mails und vögelt nebenbei herum.«
    »Ich hab nicht rumgevögelt. Es war nur ein einziges Mal, kurz nachdem du abgehauen bist.«
    »Ich bin nicht abgehauen, ich hab gearbeitet.«
    »Es hat sich aber so angefühlt.«
    »Konntest du uns nicht einfach ein bisschen Zeit geben?«
    Theo schwieg. Er war gekränkt gewesen und verwirrt, weil Hanna sich ihm auch schon vor ihrer Abreise entzogen hatte. Und als sie ihn schließlich zum Essen eingeladen hatte, war er voller Hoffnung gewesen. Stattdessen hatte sie ihm eröffnet, dass sie einen tollen Reportageauftrag in Südafrika übernommen hatte.
    »Du hattest auch vor Südafrika nicht besonders viel Zeit für mich.« Er fand selbst, dass er wie ein beleidigter Schuljunge klang.
    »Du weißt genau, dass ich da an der Spiegel-Geschichte gearbeitet habe.«
    »Davon rede ich nicht. Du warst plötzlich total distanziert.«
    Hanna schloss die Augen und stöhnte. Sie wusste, dass er recht hatte. Sie war damals in Panik geraten. Theo war einfach eine Nummer zu groß für sie, hatte sie gedacht. Er sah einfach so verdammt gut aus, war außerdem noch engagiert, klug und ein wirklich feiner Mensch. »Zu gut für dich«, hatte ihr eine fiese kleine Stimme eingeflüstert, die irgendwo tief im Inneren der ansonsten souveränen Journalistin lauerte. Sie setzte sich auf einen Stuhl. »Warum, lieber Gott, kann es nicht einmal einfach sein mit mir und den Männern.«
    Theo schwieg. Ihm war elend. Warum nur dieser überflüssige One-Night-Stand? Hätte er sein gekränktes Ego nicht auf andere Weise hätscheln können?
    »Hanna, können wir das nicht einfach vergessen. Es war wirklich bedeutungslos.«
    »Dann hättest du es ja auch lassen können.«
    »Ja, das hätte ich auch besser. Aber es ist nun mal passiert.«
    »Ich bin gerade mal eine Stunde da und schon streiten wir.«
    Er beugte sich zu ihr und strich ihr eine feuchte Locke von der Wange.
    Sie hielt seine Hand fest. »Ich muss das jetzt erst mal alles verdauen.«
    »Soll ich gehen?«
    »Ist vielleicht besser.« Sie lächelte schief. »Das heißt aber nicht, dass du nie mehr wiederkommen darfst.«
    Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Hanna begleitete ihn zur Tür.
    »Ruf einfach an, wenn dir danach ist, okay?«, sagte Theo niedergeschlagen.
    Sie nickte. Dann schloss sie die Tür hinter ihm.

KAPITEL 6
    Frustriert steuerte er den Citroën in Richtung Wilhelmsburg. Normalerweise erfreute er sich immer an dem kühnen Schwung der Elbbrücken, dieser Stahlkonstruktionen mit ihren mächtigen Pfeilern und den gigantischen Nieten. 1887 eingeweiht, waren sie unmittelbare Zeitgenossen des Pariser Eiffelturms und auf ihre Weise ebenso schön. An diesem missratenen Tag hatte Theo dafür keinen Blick. Er schloss sein Handy an die Freisprecheinrichtung an und wählte die häufigst benutzte Kurzwahl.
    »Na, Alter«, meldete sich sein bester Freund Lars, »wie hast du es diesmal versemmelt?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Du hast Hanna erst vor drei Stunden vom Flughafen abgeholt, und schon hab ich dich an der Strippe. Dafür gibt’s nur eine Erklärung: Du hast es versemmelt.«
    »Mann, Lars, du kannst einen wirklich aufbauen.«
    »Du hast ihr von der Schönen aus der Bar erzählt.« Lars war an jenem Abend, als Theo die attraktive lettische Geschäftsfrau kennengelernt hatte, mit ihm um die Häuser gezogen. »Ich hoffe, du weißt, was du tust«, hatte Lars noch gesagt, bevor
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