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In Flammen

Titel: In Flammen
Autoren: Minette Walters
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konnten, ohne einen veränderten Blick auf das Ganze herauszufordern. Aber das Misstrauen fraß an ihrem Wohlwollen, und sie brauchte die Versicherung, dass Bridey wenigstens an Patricks Unschuld glaubte.
    Sie folgte der alten Frau im Rollstuhl ins Wohnzimmer und setzte sich auf die Kante eines speckigen Sofas, auf dem es sich Liam in seinem ölverschmierten Overall bequem zu machen pflegte, wenn er nach stundenlangem Herumbasteln unter einem seiner Schrottautos ins Haus kam. Es war Siobhan schleierhaft, was er da trieb; keines der Dinger schien mehr fahrtÜchtig zu sein, und sie hatte manchmal den Verdacht, er benÜtze sie nur als Unterschlupf, um ungestört seine Tage zu verschlafen. Er klagte oft genug, die VerkrÜppelung seiner rechten Hand, die er stets in der Jackentasche versteckte, um anderen den unerfreulichen Anblick zu ersparen, habe ihn jeder Möglichkeit beraubt, durch Arbeit fÜr sich und seine Familie zu sorgen, aber in Wahrheit war er ein fauler Mensch, der sich allenfalls einmal zu körperlicher Anstrengung aufraffte, wenn er seiner Frau aus dem Rollstuhl in den alten Ford Kombi half.
    »Seine linke Hand ist völlig in Ordnung«, pflegte Cynthia Haversley mit höhnischer Geringschätzung festzustellen, wenn sie die Pantomime vor dem Cottage beobachtete, »aber so wie er sich anstellt, könnte man meinen, ihm fehlten beide Hände.«
    Insgeheim, und mit einer gewissen Erheiterung, vermutete Siobhan, dass diese Vorstellungen eigens fÜr die ehrenwerte Mrs. Haversley inszeniert wurden, die kein Hehl aus ihrer Empörung darÜber machte, wie gut die O'Riordans von der Sozialhilfe lebten. Denn warum sollte eine Frau, die so starke Arme besaß, dass sie sich auf dem Hinterteil die Treppe hinaufschieben konnte, wie Bridey das jeden Abend tat, nicht fähig sein, sich aus eigener Kraft vom Rollstuhl ins Auto zu hieven?
    Das Wohnzimmer des Hauses – Bridey nannte es den »Salon«– war Überladen mit religiösen Objekten: auf dem Kaminsims eine stets blumengeschmÜckte Madonna mit Kind, an einer Wand ein großes hölzernes Kruzifix, an einer anderen eine Reproduktion von William Holman Hunts
Das Licht der Welt
, von einem Haken herabhängend ein Rosenkranz. Bei Siobhan, fÜr die der Glaube mehr PrÜfung als Trost war, stellte sich in diesem Raum unweigerlich eine Art religiöser Klaustrophobie ein, die sie ungeduldig machte, wieder ins Freie hinauszukommen und frische Luft zu atmen.
    Unter normalen Umständen hätten sich die Wege der O'Riordans, Abkömmlinge einer Sippe umherziehender Kesselflicker, und Siobhan Lavenhams (geborene Kerry), Tochter eines irischen Großgrundbesitzers, niemals gekreuzt. Tatsächlich hatte Siobhan, als sie mit Ian, ihrem Mann, die Fording Farm das erste Mal besichtigt hatte und sofort begeistert gewesen war, mit Schaudern auf das verwahrloste Anwesen der O'Riordans gedeutet und mit ihrer Vermutung darÜber, was fÜr Leute dort lebten, genau ins Schwarze getroffen. Irische Zigeuner, hatte sie gesagt.
    »Und wÜrde dich das stören?«, hatte Ian gefragt.
    »Nur wenn die Leute glauben, wir seien verwandt«, hatte sie lachend geantwortet und nicht einen Moment befÜrchtet, dass das geschehen könnte...
    Brideys unterwÜrfiges Gebaren erinnerte Siobhan immer an einen geprÜgelten Hund, und sie wiederholte nur mit starkem Widerstreben die Beschuldigungen des Inspectors, als sie Bridey fragte, ob die Geschichte von dem Autounfall und die Behauptung, Patrick habe niemals die Hand gegen seinen Vater erhoben, gelogen gewesen seien. Bridey begann sofort zu weinen und knetete ihre Hände im Schoß, als wollte sie sich wie Lady Macbeth von SÜnde reinwaschen.
    »Wenn ich gelogen hab, Siobhan, dann doch nur, damit Sie gut von uns denken. Sie sind eine wirklich nette Dame, und Sie haben ein gutes Herz, aber Sie hätten Patrick bestimmt nicht mit Ihren Kindern spielen lassen, wenn Sie gewusst hätten, was er seinem Vater angetan hat. Und Sie hätten Rosheen nicht zu sich ins Haus genommen, wenn Sie gewusst hätten, dass ihr Onkel Liam frÜher mal ein Dieb war.«
    »Sie hätten mir vertrauen sollen, Bridey. Ich habe Rosheen nicht entlassen, als Patrick wegen Mordes verhaftet wurde. Glauben Sie, ich hätte sie abgelehnt, nur weil Liam einmal im Gefängnis war?«
    »Ja, weil Ihr Mann Sie dazu Überredet hätte«, erwiderte Bridey und traf damit genau die Wahrheit. »Es hat ihn doch von Anfang an gestört, dass Rosheen mit uns verwandt ist. FÜr ihn zählt es gar nicht, dass sie in Irland
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