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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land
Autoren: Ernest Hemingway
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gehen. Der Schnee war hart gestampft und glatt von den Heuschlitten und Holzschlitten und den Baumstämmen, die den Berg hinuntergeschleppt wurden. Der Schnee lag über dem ganzen Land, beinahe bis hinunter nach Montreux. Die Berge auf der anderen Seite des Sees waren alle weiß, und die Ebene des Rhônetals war ganz bedeckt. Wir machten la nge Spaziergänge auf der anderen Seite des Berges nach den Bains d'Alliez. Catherine trug genagelte Schuhe und ein Cape und einen Stock mit einer scharfen, eisernen Spitze. Sie sah mit dem Cape nicht dick aus, und wir gingen nicht zu schnell, sondern blieben hin und wieder stehen und setzten uns auf Baumstämme am Straßenrand, wenn sie müde war.
    Unter den Bäumen bei den Bains d'Alliez war ein Wirtshaus, wo die Holzfäller einkehrten, und wir saßen drinnen vom Ofen gewärmt und tranken heißen Rotwein mit Gewürzen und Zitrone darin. Sie nannten es Glühwein, und es war gut, um einen aufzuwärmen und Feste damit zu feiern. Im Wirtshaus war es dunkel und rauchig, und nachher, wenn man hinausging und die kalte Luft scharf in die Lungen eindrang, erstarrte einem die Nasenspitze beim Einatmen. Wir sahen auf das Wirtshaus zurück. Licht fiel aus den Fenstern, und die Pferde der Holzfäller stampften draußen und warfen die Köpfe, um warm zu bleiben. Frost war auf den Haaren ihrer Nasen, und ihr Atem
    n machte Federn aus Frost i der Luft. Den Weg hinauf, nach Hause zu, war der Weg ein Stück glatt und glitschig und das Eis orangefarben von den Pferden, bis der Holzfällerweg abzweigte. Dann war der Weg sauber gestampfter Schnee und führte durch die Wälder, und zweimal sahen wir abends beim Nachhausegehen Füchse.
    Es war ein schönes Land, und jedesmal, wenn wir ausgingen, hatten wir Spaß.
    «Du hast jetzt einen wundervollen Bart», sagte Catherine. «Er sieht aus wie der von einem Holzfäller. Hast du den Mann mit den winzigen goldenen Ohrringen gesehen?»
    «Er ist ein Gemsenjäger», sagte ich. «Die Leute tragen sie, weil sie glauben, daß sie dann besser hören.»
    «Wirklich? Das glaub ich nicht. Ich glaube, sie tragen sie, um zu zeigen, daß sie Gemsjäger sind. Gibt es hier in der Nähe Gemsen?»
    «Ja. Jenseits vom Dent du Jaman.»
    «Es war lustig, den Fuchs zu sehen.»
    «Wenn er schläft, wickelt er seinen Schwanz um sich, um warm zu bleiben.»
    «Das muß ein herrliches Gefühl sein.»
    «Ich wollte immer einen solchen Schwanz haben. Wäre es nicht ulkig, wenn wir solche Büschel wie die Füchse hätten?»
    «Sicher wär's sehr schwer, sich anzuziehen.»
    «Wir würden uns Kleider anfertigen lassen, oder in einem Land leben, wo es nicht darauf ankäme.»
    «Wir leben in einem Land, wo es auf nichts ankommt. Ist es nicht fabelhaft, wie wir nie jemand sehen? Du willst doch keine Leute sehen, Liebling, nicht?»
    «Nein.»
    «Wollen wir uns einen Moment hier hinsetzen? Ich bin ein klein bißchen müde.»
    Wir saßen dicht beieinander auf dem Baumstamm. Vor uns ging der Weg hinunter durch den Wald.
    «Sie wird sich nicht zwischen uns schieben, nicht? Die kleine Göre?»
    «Nein. Das werden wir ihr nicht erlauben.»
    «Wie steht es mit Geld?»
    «Wir haben reichlich. Der letzte Sichtwechsel ist honoriert.»
    «Wird deine Familie nicht versuchen, dich zu erreic hen, jetzt, wo sie wissen, daß du in der Schweiz bist?»
    «Wahrscheinlich. Ich werde ihnen irgendwas schreiben.»
    «Hast du ihnen nicht geschrieben?»
    «Nein. Nur den Sichtwechsel.»
    «Gott sei Dank bin ich nicht deine Familie.»
    «Ich werde ihnen telegrafieren.»
    «Machst du dir gar nichts aus ihnen?»
    «Früher ja, aber wir haben uns so viel gezankt, daß sich das gegeben hat.»
    «Ich glaube, mir werden sie gefallen. Wahrscheinlich werde ich sie sehr gern haben.»
    «Wir wollen nicht über sie reden, sonst mache ich mir noch Gedanken um sie.»
    Nach einer Weile sagte ich: «Wir wollen weitergehen, wenn du dich ausgeruht hast, ja?»
    «Ich bin ausgeruht.»
    Wir gingen den Weg hinab. Es war jetzt dunkel, und der Schnee knirschte unter unseren Schuhen. Die Nacht war trocken und kalt und sehr klar.
    «Ich liebe deinen Bart», sagte Catherine. «Es ist ein großer Erfolg. Er sieht so steif und stolz aus und ist so weich und ein großer Spaß.»
    «Magst du's lieber als ohne?»
    «Ich glaube ja. Weißt du, Liebling, ich werde mein Haar nicht vor Catherine Geburt abschneiden lassen. Ich sehe jetzt zu dick und matronenhaft aus. Aber nach ihrer Geburt, und wenn ich wieder dünn bin, dann werde ich's schneiden,
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