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In den Trümmern des Himmelsystems

Titel: In den Trümmern des Himmelsystems
Autoren: Joan D. Vinge
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diese Menschen immer noch einen funktionierenden Generator, vielleicht eine Atombatterie aus der Zeit vor dem Krieg – oder durch einen späteren Handel mit dem Demarchy erworben. Wieder dachte er über die Tatsache nach, daß die Große Harmonie wegen des Demarchy nichts dergleichen hatte. Wären nicht die riesigen Schnee Vorräte, dann wäre die Große Harmonie in einer noch schlechteren Position als Lansing – und die einzige noch schlechtere Position war der Tod.
    Beim Stichwort Demarchy fielen ihm auch wieder Wadie Abdhiamal und das Rätsel ein, das hinter ihrem bevorstehenden Treffen stand. Er hatte Abdhiamal als Unterhändler auf Schnee-der-Errettung kennengelernt: unerfahren und bezüglich seiner eigenen Position unsicher, und doch hatte er beide Seiten zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit bringen können – mit einer Fairneß, die die Barrieren zwischen den Kulturen überwunden hatte wie ein glühender Dolch, der durch einen Eisblock gestoßen wird. Als Schiffskapitän hatte er Abdhiamal zu den Treffen in der Zentralen Harmonie gebracht, wie auch zu fast allen anderen Felsen der Ringe. Er war Zeuge geworden, wie man den Mann ignoriert, verlacht, beschuldigt, ihm gedroht hatte, und doch hatte er nie die Geduld verloren… Und er selbst war zunächst überrascht, argwöhnisch, und dann erfreut gewesen, als Abdhiamal ihn nach der Regierungspolitik der Harmonie gefragt hatte. Erfreut, weil er sah, wie Abdhiamal ihm zuhörte und aus dem gewonnen Wissen lernte und es schließlich auch zum Nutzen aller einsetzte.
    Die einzige Schwäche, die er an Wadie Abdhiamal hatte ausmachen können, war sein Unvermögen, mit einem fertig zu werden – dem unausweichlichen Ende von Himmels Gürtel. Er hatte herausgefunden, daß Abdhiamal der Meinung war, es werde immer noch eine Lösung geben, während er, Raul, wie die Bewohner von Lansing, seit langem gewußt hatte, daß im Endeffekt nur der Tod blieb. Doch langsam begann er zu argwöhnen, daß Abdhiamals unauslöschlicher Optimismus auch nur die eine Überzeugung kaschierte, so unauslöschlich wie seine eigene, nach der Himmel zum Sterben verurteilt war… aber mehr noch als das kaschierte es eine tiefe, pathologische Furcht: Abdhiamal war kein Mann, der akzeptieren konnte, daß sein ganzes Tun im Endeffekt vergeblich war. Er konnte nicht auf einer Straße gehen, deren Ende schon in Sicht war, niedergeschmettert von der Bürde seines eigenen Wissens würde er stolpern und fallen.
    Ein Teil von Abdhiamals Verstand hatte sich vor der Wahrheit verschlossen, sie unter einer Lüge begraben, die ihn mit seiner Arbeit fortfahren ließ. Raul hatte Abdhiamal um das Demarchy beneidet, wo äußerlicher Reichtum ihm erlaubt hatte, nur noch fester an seine Illusion zu glauben. Er hatte sich auch gefragt, ob jemals etwas ihn dazu bewegen konnte, sich die Wahrheit einzugestehen…
    Aber das Sternenschiff… sogar er, Raul, hatte wieder Hoffnung gehegt… was es für Himmel bedeuten konnte… besonders für die Große Harmonie. Warum wollte ausgerechnet Abdhiamal sicherstellen, daß es keiner der beiden Regierungen in die Hände fiel? Abdhiamal war ein fairer Mann – aber war er fair bis zum Irrsinn, bis zur Verdammung?
    Und die Frau, die das Schiff steuerte… warum ging sie das Risiko ein, ein Versprechen für Lansing einzuhalten, ausgerechnet für einen Ort wie Lansing? Waren sie beide verrückt? Alle? Oder gab es da noch etwas, das er nicht sehen konnte…? Es gab zu viele Dinge, die er nicht sehen konnte. Aber
wenn
sie ihr Versprechen hielt, wenn ihm das Schiff direkt in die Hände fiel… das war die einzige Chance, die er sich ersehnte. Die einzige.
     

Ranger (Im Raum Lansing)

+ 109 Megasekunden
    „Kannst du nichts von Lansing empfangen, Pappy?“ Bertha wandte sich steif vom Rendezvousprogramm auf dem Bildschirm ab.
    Clewell nahm mit einer müden Bewegung den Kopfhörer ab. „Nein, ich überwache das gesamte Spektrum. Wenn jemand sich mit uns in Verbindung setzen will, werden wir es auch hören.“
    „Vielleicht ist der Sender zusammengebrochen“, mutmaßte Shadow Jack „… Könnte schon sein. Es wurde immer schwieriger, ihn zu reparieren.“ Bird Alyn schwebte neben ihm über Berthas Kopf und betrachtete das vergrößerte Bild Lansings auf dem Bildschirm. Bertha betrachtete dagegen nur die sanfte Oberfläche des Zeltes mit Interesse: das Leichentuch eines sterbenden Volkes, das dank der
Ranger
noch eine kurze Frist gewonnen hatte.
    Diskus hing links darüber, ein fernes,
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