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Immer dieser Knasterbax

Immer dieser Knasterbax

Titel: Immer dieser Knasterbax
Autoren: Werner Schrader
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angrenzenden Saal.
Die Besucher stürzten hastig nach. Noch ehe sie aber die Tür hinter sich
zuschlagen konnten, schepperte und klirrte es blechern in der Waffenkammer, und
sie hörten, wie jemand schwer zu Boden fiel. Dem Sturz folgten mehrere lange
Flüche und die Worte: „Bring ich noch heute um das Esel von Blechschmied. Hat
sich doch Rüstung wieder gemacht zu eng!“
    „Können Sie die Tür nicht
verriegeln?“ fragte eine kleine Dame bebend. „Ich fürchte mich so.“
    „Natürlich kann ich das“, sagte
der Burgführer, „aber es nützt nichts. Geister gehen durch die dicksten Wände.“
    Nun, der Geist Knasterbax ging
nicht durch die Wände, sondern durch Geheimgänge und abgelegene Räume und nahm
seinen nächsten Gruselplatz ein. Auf einem Hocker stehend, steckte er
vorsichtig sein Gesicht durch ein Loch in der Wand und konnte nun in den
Kaminsaal hineinsehen, wo die Besucher standen, ängstlich um den Burgführer
geschart, und soeben die großen Bilder an den Wänden betrachteten.

    „Ist sich doch eine dumme
Gesellschaft“, flüsterte er, „glaubt sich albernstes Spuk. Will ich schnell
klettern weiter für nächstes Gruselei .“
    „Alle Personen auf den
Gemälden“, hörte er den Burgführer sagen, „haben auf der Burg gelebt und sind
auch hier gestorben. Die meisten sind einander sehr ähnlich. Das Bild dort über
dem Kamin zeigt Friedrich den Furchtbaren, wie man ihn später nannte, der
seinen Bruder ermordete. Treten Sie bitte einen Schritt zurück, dann können Sie
es besser erkennen.“
    Die Leute gehorchten und -
starrten Knasterbax ins Gesicht, denn niemand anders als er war es, der
anstelle des furchtbaren Brudermörders in dem Bilderrahmen steckte.
    „Der sieht ja aus wie echt“,
sagte der Herr mit der Brille und musterte ihn aufmerksam. „Man könnte fast
meinen, er zucke sogar mit der Nase.“
    Und ob Knasterbax mit der Nase
zuckte! In dem Loch da oben in der Wand zog es nämlich scheußlich, und er mußte
dringend niesen. Um das zu vermeiden, weil es nicht auf dem Programm stand,
machte er die unmöglichsten Verrenkungen mit der Nase. Die mußten einem
aufmerksamen Beobachter natürlich auffallen. Schließlich konnte er nicht mehr
an sich halten, und er nieste so laut, daß der Saal widerhallte.
    Erschrocken fuhren die Besucher
zurück. Sie hielten die Explosion da oben in dem Gemälde für einen neuen Spuk.
    Das Maß der Schrecken war aber
noch nicht voll! Knasterbax hatte nämlich bei dem heftigen Niesen das
Gleichgewicht verloren und fiel nun aus dem Bilderrahmen in den Kaminsaal
hinein.
    Da kreischten die Damen auf, als
ob man sie in eine Schlangengrube werfen wollte. Auch die Herren und die Jungen
verloren jede Farbe aus dem Gesicht. Alle drängten sich an den Burgführer und
erwarteten von ihm Hilfe und Rettung.
    Knasterbax, der sich bei dem
Sturz eine große Beule gestoßen hatte, rappelte sich auf und begann gräßlich zu
schimpfen.
    „Hängt sich das elende Bild
viel zu hoch!“ belferte er. „Noch so eine Sturz, und ich hab’ Beule wie
Teufelshorn!“ Er rieb sich den Kopf und schwankte benommen im Saal umher.
    Mittlerweile hatte der
Burgführer, der über den ungeplanten Zwischenfall genauso erschrocken war wie
seine Schützlinge, sich gefaßt und tat, als sei auch dieser echte Sturz nur ein
Spuk.
    „Friedrich ist wütend“,
flüsterte er, „das ist gefährlich. Wir müssen ihm schnellstens aus dem Wege
gehen.“
    Und er flüchtete mit den ihm Anvertrauten in das Nebenzimmer. „Meine Damen und
Herren“, begann er dort, „Sie haben soeben erlebt, wie echt die
Geistererscheinungen sind. Einer von Ihnen muß eine besonders starke
Ausstrahlung haben, daran gibt es gar keinen Zweifel. Aus dem Bild ist
Friedrich nämlich bisher noch nicht gefallen. Folgen Sie mir nun bitte in die
Totengruft!“
    Aber die Damen hatten genug.
    Sie wollten so schnell wie
möglich nach draußen und nichts mehr von einer Totengruft wissen. Auch den
Herren war längst der Spaß an der Besichtigung vergangen. Nur weil sie ihre
Angst nicht offen eingestehen und vor den Kindern nicht als feige gelten
mochten, stapften sie vorsichtig hinter dem Burgführer in den feuchten Keller
hinunter. Die Jungen hielten sich an der Hand und folgten männlich tapfer. In
der Gruft hatte Knasterbax inzwischen seinen Platz eingenommen. Er lag in einem
großen Sarg mitten im Raum. Der Deckel war geschlossen, aber durch Löcher an
der Seite konnte er mühelos atmen. „Wir wollen hier an der Tür
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