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Im Zwiespalt der Gefuehle

Im Zwiespalt der Gefuehle

Titel: Im Zwiespalt der Gefuehle
Autoren: Jude Deveraux
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leise und sah gedankenvoll in die wogenden Baumwipfel. Er wollte nicht, daß Lora merkte, wie böse ihn die Behandlung durch die Lankonier machte. Diese Leute waren schließlich Angehörige seines Volkes, aber ihre Blicke waren voller Verachtung. Sie hatten ihm bald klargemacht, daß sie ihn nicht wollten und nicht brauchten. Wenn Lora erst einmal merkte, welche Wut in ihm gärte, dann wäre sie nur noch aufgebrachter, und das war nicht gut. Er wollte sie schließlich beruhigen, nicht noch mehr aufregen. »Soll ich etwa einen von ihnen zum Zweikampf fordern? « fragte er neckend. »Soll ich einen meiner eigenen Männer töten oder verkrüppeln? Xante ist der Hauptmann der königlichen Wache. Was würde es mir nützen, wenn ich ihm ein Leid zufügte? «
    »Du scheinst ja sehr sicher zu sein, daß du dieses feuerspeiende Untier besiegen kannst! «
    Rowan war sich dessen überhaupt nicht sicher. Diese Lankonier waren — wie Feilan — der Meinung, er wäre schwach und nutzlos. Es gab Zeiten, in denen er ihnen durchaus zustimmen würde…
    »Möchtest du denn, daß ich deinen Xante besiege? « fragte Rowan ernsthaft.
    » Meinen ?? « schrie Lora empört auf und warf eine Handvoll Gras nach ihm. »Mag sein, daß du recht hast — deine eigenen Männer solltest du wirklich nicht bekämpfen. Aber eines will ich dir sagen: Du darfst es nicht länger zulassen, daß sie dich wie ihren Hofnarren behandeln! Schließlich schulden sie dir Respekt, weil du ihr designierter König bist! «
    »Och, so schlimm finde ich es auch wieder nicht. Im Gegenteil — ich habe es gern, jedesmal, wenn ich mich setzen will, ein weiches Kissen angeboten zu bekommen«, lächelte Rowan. Dann wandte er sich ihr mit ernstem Gesicht zu, weil er wußte, daß er Lora vollkommen vertrauen konnte. »Sie halten mich für dumm — deshalb kann ich immer ihren Gesprächen lauschen. Schweigend sitze ich bei den Männern und höre ihnen zu. Daher weiß ich, was und wie sie denken… «
    Lora seufzte erleichtert auf. Sie hätte wissen müssen, daß Rowan nicht ohne Grund den Dummkopf spielte. Seit sie England verlassen hatten, war sie ihm deswegen gram gewesen. Auch ihre anderen englischen Begleiter — drei von Rowans Rittern und sein Knappe Montgomery de Warbrooke — hatten sich sein Verhalten nicht erklären können. Tagelang waren sie mit den finsteren, schweigsamen Lankoniern geritten, und nachdem die erste Freude über ihre bevorstehende Heimkehr verflogen war, hatte Lora sehr bald begriffen, daß die Lankonier die Engländer für ein verweichlichtes, lächerliches Volk hielten. Bei jeder Gelegenheit warfen sich die wetterharten, kampferprobten Recken der Lankonier bedeutsame, verächtliche Blicke zu. Schon am ersten Abend hatte Neile, einer von Rowans Rittern, das Schwert blankgezogen, weil er von einem lankonischen Krieger beleidigt worden war. Rowan war dazwischengetreten.
    Und Xante, der großgewachsene, finsterblickende Hauptmann der Garde, hatte daraufhin gefragt, ob Rowan je ein Schwert gehalten hätte. Der sechzehnjährige Montgomery war Xante fast an die Kehle gesprungen. Da der Junge fast so groß und ebenso kräftig war wie der Hauptmann, hatte es Lora sehr bedauert, daß Rowan den Jungen zurückpfiff. Beleidigt war Montgomery davonstolziert, als Rowan Xante fast unterwürfig fragte, ob er einmal sein Schwert aus der Nähe sehen dürfte — das hätte er sich schon immer gewünscht.
    Bis heute hatte sie ihren Bruder für dieses feige Benehmen fast gehaßt. So tief ging dieses Gefühl, daß sie überhaupt nicht darüber nachgedacht hatte, welchen Grund Rowan für sein seltsames Verhalten hatte. Sie hatte gedacht, daß er vielleicht die Übermacht von einhundert finsteren lankonischen Kriegern fürchtete. Sie waren schließlich nur sechs erwachsene Engländer und ein Kind…
    Jetzt aber kannte sie den Grund: Rowan wandte eine List an. Nichts weiter.
    »Was haben sie denn geredet? « fragte sie leise.
    »Feilan hat mir zwar eine Menge über die Eigenarten der einzelnen lankonischen Stämme erzählt, aber ich habe seinen Berichten eigentlich immer entnommen, daß die Stämme mehr oder weniger vereinigt sind. « Er schwieg für einen Moment. »Es scheint so zu sein, daß ich nur der Erbe des Königthrons der Irial bin. «
    »Unser Vater Thal ist ein Irial, nicht? «
    »Ja. «
    »Na, dann ist ja alles klar. Die Irials sind doch die herrschende Partei, also wirst du König von ganz Lankonien. Laß die doch reden, was sie wollen! «
    Rowan mußte
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