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Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)
Autoren: Anne Holt
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lieber vor ihr her zum Hochhaus gerannt wäre, zündete sie sich ein Zigarillo an.
    »Ich glaube, du hast recht«, sagte sie lächelnd. »Da ist wohl wirklich eine große Sache im Gang.«
    20.34, Schloß Skaugum in Asker
    Die schwarze Regierungslimousine hielt vor dem Eingang zum Landsitz des Königs in Asker, eine halbe Stunde Fahrzeit von der Stadt entfernt. Ein hochgewachsener, schlanker Mann in dunklem Anzug öffnete die rechte Rücktür, noch ehe der Wagen richtig gehalten hatte, und stieg aus. Er zog seinen Mantel fest um sich und steuerte mit großen Schritten auf die Eingangstür zu.
    Ein Uniformierter öffnete und führte ihn in einen Raum, der Ähnlichkeit mit einer Bibliothek hatte. Mit leiser Stimme wurde er gebeten zu warten. Der Mann, der ihn empfangen hatte, hatte erstaunt die Augenbrauen hochgezogen, als der Besucher die ausgestreckte Hand abgewehrt hatte, die seinen Mantel an den dafür vorgesehenen Platz hängen wollte. Jetzt saß der schlaksige Außenminister in einem unbequemen Barocksessel und kam sich fehl am Platze vor. Er zog seinen Mantel noch fester zusammen, obwohl ihm wirklich nicht kalt war.
    Der König stand in der Tür. Er trug Alltagskleidung, eine graue Hose, ein Hemd, das am Hals offen war. Sein Gesicht sah noch besorgter aus als sonst, seine Augen, deren obere Hälfte von schweren Lidern bedeckt war, flackerten unruhig. Der Außenminister sprang auf und streckte ihm die Hand hin.
    »Ich habe leider sehr schlechte Neuigkeiten, Eure Majestät«, sagte er leise und hustete hinter vorgehaltener Faust.
    Die Königin war ihrem Gemahl gefolgt. Sie stand einige Meter von der Tür entfernt und hielt ein Glas mit Eiswürfeln in der Hand. Es klirrte freundlich, als sie das Zimmer betrat, wie eine Einladung zu einem gemütlichen Abend. Sie trug eine damenhafte Jeans und einen bunten, mit schwarzen und roten Kühen bestickten Pullover. Ihre professionelle Miene konnte eine gewisse Neugier über diesen Besuch nicht verhehlen.
    Der Außenminister fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Das Königspaar schien einen seiner seltenen ruhigen Abende zu Hause zu genießen.
    Er nickte der Königin zu, dann blickte er wieder dem König in die Augen und sagte: »Ministerpräsidentin Volter ist tot, Eure Majestät. Sie wurde heute abend erschossen aufgefunden.«
    Die beiden Majestäten tauschten einen Blick, der König rieb sich nachdenklich die Nasenwurzel. Schweigen.
    »Ich glaube, Sie sollten sich setzen«, sagte der König schließlich und zeigte auf den Sessel, den der hochgewachsene dunkle Mann eben erst verlassen hatte. »Nehmen Sie Platz und erzählen Sie weiter. Und geben Sie mir doch Ihren Mantel.«
    Der Außenminister schaute mit einer Miene an sich hinunter, die den Eindruck erweckte, er wüßte nicht einmal, daß er diesen Mantel trug. Mit zitternden Fingern knöpfte er ihn auf, brachte es aber nicht über sich, ihn dem König zu reichen, sondern hängte ihn über die Sessellehne und setzte sich wieder.
    Die Königin berührte mit der Hand seine Schulter, als sie an ihm vorüberging, um sich einige Meter von ihm entfernt in einem Sessel niederzulassen: die tröstende Geste einer Frau, die hinter den dicken, dunklen Brillengläsern des Außenministers Tränen erahnt hatte.
    »Möchten Sie etwas trinken?« fragte sie leise, doch der Mann schüttelte nur kurz den Kopf und räusperte sich dann ausgiebig. »Nein, ich glaube nicht. Ich habe eine sehr lange Nacht vor mir.«
    20.50, Ole Brumms vei 212
    »Mein herzliches Beileid«, sagte der Bischof von Oslo und versuchte, den Blick seines Gegenübers einzufangen.
    Das gelang ihm nicht. Roy Hansen war zweiunddreißig Jahre mit Birgitte Volter verheiratet gewesen. Bei ihrer Hochzeit waren sie beide blutjung gewesen, und gewissen turbulenten Phasen zum Trotz hatten sie in einer Zeit zusammengehalten, als alle Welt ihnen zu beweisen versuchte, daß eine lebenslange Ehe in einem hektischen, urbanen Milieu ein Ding der Unmöglichkeit sei. Birgitte war nicht nur ein wichtiger Teil seines Lebens gewesen, in vieler Hinsicht war sie sein Leben. Das hatte sich aus der Tatsache ergeben, daß sie sich beide für Birgittes Karriere engagiert hatten. Jetzt saß er auf dem Sofa und starrte einen Punkt an, den es gar nicht gab.
    Die Parteisekretärin der Sozialdemokraten stand neben der Verandatür und schien sich in Anwesenheit des Bischofs nicht wohl in ihrer Haut zu fühlen.
    »Bitte, gehen Sie«, flüsterte der Mann auf dem Sofa.
    Das Gesicht des Bischofs zeigte
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