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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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sich Moaradrid an mich. »Möchtest du gehängt werden?«
    »Um ganz ehrlich zu sein, ich finde die Vorstellung wenig erquicklich«, antwortete ich.
    Der Hals fühlte sich noch immer wie abgeschnürt an, und die Worte brannten wie Salz in einer offenen Wunde.
    »Würdest du lieber in meinem Heer dienen?«
    »Genau das hatte ich vor, Herr, bevor mich diese Grobiane törichterweise packten und …«
    »Bringt ihn zu einer Freiwilligenbrigade«, sagte Moaradrid und richtete diese Worte an den selbst ernannten Anführer der Fischer.
    Er stieß die Hacken in die Seiten des Pferds und ritt zur Straße. Die Leibwächter folgten ihm sofort.
    Er ritt fort, ohne dass einer meiner neuen Gefährten auch nur einen Mucks von sich gab. Ich sah dem Kriegsherrn nach und kam nicht umhin, seine Haltung zu bewundern, die einfache Eleganz seiner Kleidung, die Gelassenheit, mit der seine freie Hand auf dem Knauf des Degens ruhte.
    Doch was mich am meisten beeindruckte, war die Größe des Geldbeutels, den ich, halb verborgen, an seiner Taille bemerkt hatte.
    »Vorhin wolltest du etwas über meine Mutter sagen.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja.«
    »Das überrascht mich. Normalerweise neige ich nicht dazu, die Abstammung anderer Menschen zu kommentieren. Eine ungewöhnlich starke Provokation wäre nötig, mich so weit sinken zu lassen.«
    Costas – der selbst ernannte Anführer – schnaubte und wandte sich ab. Seit mindestens fünf Minuten versuchte er, Streit mit mir anzufangen. Normalerweise hätte ich nichts dagegen einzuwenden gehabt, aber derzeit befand ich mich kaum in einer geeigneten Verfassung. Ich war erschöpft und halb verhungert gewesen, als sie mich erwischt hatten. Andernfalls hätten sie mich gar nicht erwischt, und es war auch die Erklärung dafür, wieso ich mich dazu herabgelassen hatte, vom Tross zu stehlen. Dass ich anschließend verprügelt und fast gehängt worden war, hatte meinen Zustand nicht gerade verbessert.
    Costas war groß, aber auch schmächtig, und ich schätzte, dass ich unter normalen Umständen mit ihm fertiggeworden wäre. Den kleinen Burschen namens Armando hielt ich für gefährlicher, und der dritte, der bisher kaum gesprochen hatte, blieb eine unbekannte Größe. Jedenfalls stand es drei zu eins, weshalb ich es für klug hielt, mich von der höflichen Seite zu zeigen. Costas hatte es mir nicht leicht gemacht, freundlich zu bleiben, und ich war froh, dass er endlich das Interesse verlor.
    Ich saß mit Costas und dem Stillen hinten auf dem Karren, auf einer Kiste, die nach Kohl und getrocknetem Fisch roch, der seine beste Zeit hinter sich hatte. Die Straße war schlecht und die Federung des Karrens noch viel schlechter. Aber ich fand es immer noch besser, als zu Fuß zu gehen.
    »Was hat es mit dieser Freiwilligenbrigade auf sich?« Es schien mir ein neutrales Gesprächsthema zu sein. Die drei ehemaligen Fischer achteten nicht auf mich, und deshalb fügte ich hinzu: »Bessere Arbeit als die von Söldnern, nehme ich an?«
    Der vorn auf dem Kutschbock sitzende Armando kicherte.
    »Du wirst schon sehen.«
    »So schlimm kann es doch nicht sein.«
    »Meinst du?«
    Dies führte zu nichts, und ich glaubte ohnehin, die Antwort zu kennen. Es war vermutlich einer der Gründe dafür, warum sich Moaradrid hier unten im Castoval befand und nicht weit oben im Norden, wo er hingehörte. Die Ebenen jenseits von Pasaeda waren eine elende Region, vom König vernachlässigt, weil er sie für wertlos hielt. Zahllose vorwiegend nomadische Stämme verbrachten dort den größten Teil ihrer Zeit damit, sich gegenseitig zu bekriegen, wobei es meistens um Frauen und Pferde ging, nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.
    Moaradrid hatte all das geändert und innerhalb eines Jahres ein Drittel der Stämme geeint. Seine Vorgehensweise war recht einfach: Wo sich andere damit begnügt hatten, sich eine Frau oder einen guten Hengst des besiegten Feindes zu krallen, nahm er den Kopf des Kriegsherrn und alle seine Kämpfer.
    Ich unternahm einen neuen Versuch, ein harmloses Thema anzuschneiden. »Bestimmt gibt es in der Freiwilligenbrigade viele Möglichkeiten für einfallsreiche und hart arbeitende Leute wie mich.«
    »Vielleicht, wenn du die Nacht überlebst«, brummte Costas.
    »Natürlich«, stimmte ich ihm fröhlich zu.
    »Was ich bezweifle. Du willst es einfach nicht kapieren, wie? Du kannst von Glück sagen, wenn sie dir eine Waffe geben. Die Aufgabe der Freiwilligen besteht darin, Aufstellung zu beziehen und sich dem Feind
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