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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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entgegenzuwerfen, bis auf der einen oder anderen Seite alle tot sind. Wenn du anschließend noch zu was taugst, bekommst du vielleicht einen Platz bei den Regulären. Aber viel eher bist du tot oder noch schlimmer dran.«
    Es hätte mich interessiert zu erfahren, was schlimmer sein konnte als der Tod, aber ich wollte ihm nicht den Gefallen tun, danach zu fragen. Es gab allerdings eine andere Frage, die in mir brannte. Bis vor einigen Wochen hatte Moaradrids Feldzug nur Anlass zu amüsierten Tavernengesprächen geboten, doch dann führte sein Vorstoß plötzlich in eine neue Richtung. Es ergab natürlich einen Sinn: Früher oder später musste es zur Auseinandersetzung mit dem König kommen, so blind und selbstvergessen der alte Narr auch sein mochte, und es war mehr nötig als nur ein undisziplinierter Haufen Flachländer, um diese Konfrontation zu gewinnen. Meine Neugier galt vor allem den nächsten Ereignissen. Der größte Teil von Moaradrids Streitmacht lagerte hier auf der Ebene bei Aspira Nero, während der Kriegsherr und ein kleines Gefolge die Reise fortgesetzt hatten. Sie waren den hastig zusammengezogenen südlichen Verteidigern aus dem Weg gegangen, mit dem Ergebnis, dass auf beiden Seiten kaum ein Tropfen Blut vergossen worden war. Jetzt befand sich Moaradrid wieder hier. Vor der Entscheidung, mein Glück beim Tross zu versuchen, hatte ich die Streitmacht eine Zeit lang beobachtet, und dabei waren mir Planwagen aufgefallen, deren Ladung verborgen blieb.
    Was hatte Moaradrid vor?
    Selbst wenn diese drei Männer Bescheid wussten – und das hielt ich für sehr unwahrscheinlich –, hatte ich die Chance vertan, sie zu fragen. Seit ungefähr einer Stunde waren wir zum Hauptlager unterwegs. Der Himmel hatte längst das letzte Tageslicht verloren, und der Mond hing tief über dem Horizont, halb hinter Wolken verborgen. Kantige Silhouetten in der Nähe eines Flusses, vermutlich Zelte, wiesen ebenso auf das Lager hin wie einige Lagerfeuer weiter oben am Hang, rechts von uns. Hinzu kam ein Gestank, der in den letzten Minuten immer stärker geworden war. Einzelheiten konnte ich ihm nicht entnehmen, aber das wilde Durcheinander von abscheulichen Gerüchen vermittelte mir eine ungefähre Vorstellung davon, wie viele Körper weiter vorn auf uns warteten.
    Ich kannte diese Gegend. Hier beschrieb der Casto Mara einen Bogen in Richtung östliche Vorberge, unweit des Talausgangs. Die einzige nahe Stadt war Aspira Nero, die die Grenze zwischen dem Castoval und den vom König kontrollierten Mittländern markierte und als neutrales Territorium galt. In dieser Region gab es nur kleine Bauernhöfe mit Olivenhainen weiter oben am Hang und Reisfeldern beim Fluss. Es wäre gutes Land gewesen, ohne die häufigen Überflutungen, die es in einen Sumpf verwandelten. Ich fragte mich, was aus den Einheimischen geworden sein mochte. Vielleicht waren sie tot. Oder vielleicht lernte ich sie bald als Gefährten bei den »Freiwilligen« kennen.
    Am Rand des Sumpfes – der Übergang war eher fließend, manchmal im wahrsten Sinne des Wortes – hielt uns ein Wächter an, ein Flachländer, der sein langes Haar zu einem Zopf geflochten über der einen Schulter trug.
    »Wohin wollt ihr?«, fragte er ohne großes Interesse.
    »Diese Männer …« Ich deutete auf meine Begleiter. »… sind Söldner von der billigeren Sorte. Ich hingegen bin ein Freiwilliger, dazu entschlossen, Moaradrid mit dem Elan und Mut meiner Jugend zu dienen.«
    »Aber nicht mit deinem Schwert, wie?«, fragte der Wächter und warf einen demonstrativen Blick auf meinen leeren Gürtel.
    »Es wurde mir von Räubern gestohlen«, sagte ich traurig. »Fast ein Dutzend von ihnen habe ich getötet, hielt es dann aber für klüger, mich zwar unbewaffnet, dafür aber mit heiler Haut auf und davon zu machen. Bestimmt wird jemand so gütig sein, mir ein neues Schwert zu leihen.«
    »Zweifellos.«
    Der Mann winkte jemandem zu, der lässig an einem Baum lehnte.
    »Bring ihn zu den Entbehrlichen«, sagte er und zeigte auf mich.
    Der Soldat brummte und bedeutete mir, vom Karren zu klettern. Als ich seiner wortlosen Aufforderung nachkam, richtete der Offizier einige Worte an Armando, und meine Füße hatten kaum den Boden berührt, da rollte der Karren auch schon wieder los.
    »Viel Glück, Freiwilliger!«, rief Costas. Er spuckte, verfehlte mich aber um Armeslänge.
    »Mögest du auch so gut zielen, wenn dein Leben davon abhängt!«, rief ich zurück.
    Der Soldat musterte mich mit
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