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Im Netz der Meister (German Edition)

Im Netz der Meister (German Edition)

Titel: Im Netz der Meister (German Edition)
Autoren: Carla Berling
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schob. Sie warf den Kopf hin und her, damit er ihn im Nacken nicht befestigen konnte.
    Seine Ohrfeigen trafen sie unvermittelt und so heftig, dass ihr schwarz vor Augen wurde. Der Ball lag fest auf ihrer Zunge, die Riemen drückten an ihren Ohren, sie keuchte und gurgelte, und dann war sie ruhig.  

Pflicht oder Kür

    Es dauerte nicht lange, bis Simone sich wieder in ihren alten Gewohnheiten zurechtgefunden hatte. Ganz bewusst hatte sie ihren Tagesablauf geändert: Sie stand jeden Morgen eine halbe Stunde früher auf, holte Brötchen, machte Frühstück, weckte Gerald und die Mädchen und begann den Tag mit ihnen in Ruhe und gemeinsam.
    Jenny und Julia wirkten nach kurzer Zeit gelöster und fröhlicher. Sie alberten mit Simone herum, halfen erstaunlich freiwillig im Haushalt und kuschelten sich abends beim Fernsehen manchmal rechts und links an Simone, anstatt im Gästezimmer vor dem Computer zu sitzen.
    Der war sowieso besetzt, denn Gerald hatte ein virtuelles Auktionshaus für sich entdeckt und surfte dort stundenlang durch das riesige Angebot. Er wurde sowieso immer versierter mit dem Computer, hatte sogar ein Buch über HTML und Homepage-Design ersteigert und wollte, sobald er alles verstanden hatte, wie er sagte, eine eigene Homepage für den Bücherladen einrichten.
    Simone kam abends sofort nach Ladenschluss heim, sie hatte tagsüber alles Wichtige geschafft, denn die Stunden, die sie sonst im Chat und mit Mails verbracht hatte, nutzte sie nun wieder für ihre Arbeit. Erst jetzt begriff sie, wie sehr das Internet ihr Leben und das ihrer Töchter verändert hatte.
    Simone nahm sich Zeit, mit ihnen shoppen zu gehen, sie wanderten zu dritt mit dem Hund stundenlang durch den Kottenforst und unterhielten sich über Schule, Jungs, Musik und Popstars, lachten und schwatzten und holten die Nähe nach, die ihnen allen so sehr gefehlt hatte.
    Die Stimmung im Hause Sänger war so gut wie seit fast zwei Jahren nicht mehr.
    Mit Gerald würde sie noch Geduld haben müssen. Sie sah ihn wieder offener, aufmerksamer an, mit diesem Gefühl inniger Zärtlichkeit, allerdings ohne das wilde Kribbeln, das sie während ihrer Seitensprünge erfahren hatte. Aber darauf hatte sie ja bewusst verzichtet, zugunsten von Familie, Idylle und Harmonie, und deshalb wollte sie gar nicht mehr daran denken. Simone schob die Erinnerungen an ihre Affären wie einen alten Vorhang zur Seite.
    Gerald wirkte manchmal abwesend, zerstreut und fahrig. War er das vor ihrem Sinnenswandel auch gewesen?
    Erst gestern hatte sie ihn gefragt, ob er etwas ausbrüte, vielleicht eine Frühlingsgrippe oder einen Virus, aber meinte, er sei bloß von der Hektik in der Firma ein bisschen gebeutelt, und ansonsten gehe es ihm prächtig.
    Mit Simones neuem Leben begann auch der Frühling. Laue Nachmittage, seidenweicher Wind, mit bunt gekleideten Menschen bevölkerte Straßencafés und die rheinländisch heitere Atmosphäre, die in Bonn und Köln besonders spürbar ist, nährte die frische Lebensfreude, der sie sich hingab.
    Sie saß an ihrem freien Nachmittag in einem Café am Remigiusplatz, genoss die Aprilsonne und erfreute sich am Anblick der herrlich bunten Blüten des Blumenmarktes. 
    Irgendwo spielte ein Straßenmusikant russische Volkslieder, die Vögel zwitscherten, die Gäste murmelten und lachten ab und zu, Kellnerinnen klapperten mit Geschirr. Simone legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und versuchte, die Sonnenstrahlen einzuatmen.
    »Sieh an, sieh an, notre Madame de plaisir höchstpersönlich.«
    Simone musste nicht hinsehen, um zu wissen, wessen Stimme das war. Die hat mir zu meinem Glück gerade noch gefehlt , dachte sie und sagte, ohne die Augen zu öffnen: »Hallo, Karin.«
    Sie war so laut wie eh und je: »Gut siehst du aus, ma chère, très chic und entspannt, das macht dich zehn Jahre jünger.«
    Simone blinzelte in die Sonne und legte eine Hand über die Augen. Karin hatte sich frech an ihren Tisch gesetzt. Ihre Ohrringe schaukelten, die Hochsteckfrisur war gekonnt dezent zerzaust, das Make-up nur einen Tick zu stark fürs Tageslicht.
    »Ja, du darfst dich gerne zu mir setzen, Karin, und ja, der Stuhl ist natürlich noch frei.«
    Karin grinste und winkte mit lasziver Diven-Geste die Kellnerin heran. Ein imposanter Brillantring steckte auf ihren schwarz spitzenbehandschuhten Fingern und glitzerte auffällig.
    »Kann ich wohl was bestellen?«, fragte sie laut.
    Die Bedienung war schlagfertig. »Ich hoffe, dass Sie das können, gnädige
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