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Im finsteren Wald

Im finsteren Wald

Titel: Im finsteren Wald
Autoren: Heiko Grießbach
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Mann.
    Kleinhand packte das Messer und wollte es in Thomas‘ Seite rammen, er selber sah nicht, was sie vorhatte, er war zu sehr damit beschäftigt, nicht abgeschüttelt zu werden. Rothaar musste schnell handeln, sie stieß Zweite von sich fort und schleuderte das Messer auf Kleinhand. Er war eine Verzweiflungstat, sie hatte keine Erfahrung im Messerwerfen, doch sie traf gut. Die Klinge drang tief in den Hals von Kleinhand ein und verletzte die Halsschlagader. Blut schoss schwallweise aus der Halswunde und sie gurgelte. Ihre kleine Hand fuhr zum Messergriff, dann brach sie zusammen.
    Thomas sah das Blut spritzen und sie zu Boden gehen, er stieß mit einem Geräusch die Luft aus. Überrascht schaute er vom Messergriff, der aus dem Hals ragte zur Rothaarigen, die es geworfen hatte und wieder zurück zu der Getroffenen und zum Messer in ihrer Hand. Er begriff, dass die Frau, die sich ihm und dem Mädchen angeschlossen hatte, eine der Ihren getötet hatte, um ihm das Leben zu retten.
    Nun wurde sie selbst bedrängt und mit Schlägen und Tritten eingedeckt. Sie war die jüngere und kampfunerfahrenere der beiden und ging nun auch zu Boden. Thomas sah plötzlich rot!
    „Nein!“, schrie er. „Jetzt reicht’s aber! Warte, ich helfe dir!“
    Er hieb die Faust ins Gesicht der Frau unter ihm und schlug sie bewusstlos. Rücksicht oder Skrupel existierten nicht mehr, es ging um das nackte Überleben. Dann sprang er auf und kam seiner neuen Freundin zu Hilfe. Er trat der Frau, die sie bedrängte, in die Kniekehle und sie knickte ein, fiel auf die Knie. Ein Tritt unterhalb des Halses legte sie vollends flach und die Rothaarige trat ihr in den Solarplexus. Sie hatte genug.
    Knacken und Rascheln waren nun ganz nahe, die weiteren Verfolgerinnen näherten sich. Thomas schaute sich um, der verdammte Wald ließ nichts erkennen und sah in alle Richtungen gleich aus, endlich erkannte er die Richtung, in die sie mussten. Er packte seine Kampfgefährtin an der Hand und zog sie mit sich.
    „Los, weiter, wir müssen weg!“, rief er schnell und rannte mit ihr los, dem Mädchen folgend, von dem nichts mehr zu sehen war.

 
     
    34
    Werner ging zügig, aber nicht überhastet in den Wald hinein, genau an der Stelle, wo ihn das Mädchen verlassen hatte. Wo kam es her? Was hatte das Mädchen so erschreckt, dass sie nur noch gerannt war und vor allem, wo waren der oder die Begleiter, dieser Thomas und ihre Mutter? War ihr Vater auch im Wald? Er versuchte, Spuren zu erkennen, denen er folgen konnte, doch da war nichts. Oder er sah nichts, schließlich war er kein Waldläufer oder Indianer.
    „Hm, seltsam, das alles“, murmelte er vor sich hin. Ihm fielen die zwei Alten aus dem Dorf wieder ein, die sich geweigert hatten, in den Wald mitzukommen.
    „Hm, wirklich höchst seltsam“, wiederholte er.
    Nach fünfzig Metern blieb er stehen und überlegte, ob er noch weiter gehen sollte. Es gab keinen Weg, in alle Richtungen sah der Wald gleich aus, Bäume standen dicht und erlaubten dem Blick, nur ein, zwei Dutzend Meter weit zu reichen. Büsche und Unterholz taten ihr Übriges dazu, die Sicht zu verkürzen. Werner lauschte. Kam da nicht etwas auf ihn zu? Es knackte, raschelte, wurde lauter, ein Keuchen überschritt die Hörschwelle.
    ‚Hier ist es gruselig‘, hörte er seinen Kollegen in Gedanken sagen und winkte ab.
    ‚Eine Horde Wildschweine, das könnte es sein‘, dachte er weiter und zog vorsichtshalber die Dienstwaffe. Vor Jahren hatte er eine wild gewordene Bache erlebt, die ihre Frischlinge bedroht glaubte und in einer Gartenkolonie Amok lief. Nur ein Schuss konnte sie stoppen, zum Leidwesen ihres Nachwuchses, der sein restliches Leben im Zoo von Erfurt verbringen mussten.
    Jetzt war er sich sicher, etwas kam auf ihn zu und es näherte sich schnell. Seine Fantasie gaukelte ihm riesige Gorillas vor, die auf ihn zurasten um ihn in Stücke zu reißen. Dann sah er ein Pärchen angerannt kommen, ähnlich erschöpft wie das Mädchen. Die Frau sah sehr seltsam aus, ihr rotes Haar bestand nur aus wirren Zotteln, und war das ein Fell, das ihren Körper gerade so bedeckte? Werner staunte nicht schlecht. Doch der Mann sah noch abstruser aus, Blut hatte sein Bein rot gefärbt, sein Blick huschte irre umher und er war barfuß und ohne Hose!
    ‚Wenn das die Eltern des Mädchens sind, dann konnte es auch sein, dass die Kleine vor ihnen davongerannt war‘, dachte Werner. ‚Aber nein, die beiden hier laufen auch vor etwas weg, hm.‘
    Nur eine Jacke
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