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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers
Autoren: Nina Blazon
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die­ser Auf­ga­be ge­wach­sen ist?«
    Atandros lach­te spöt­tisch. Ra­vin hielt die Luft an.
    »Mehr als si­cher«, sag­te Lai­os mit Nach­druck. »Es liegt an Ra­vin.«
    Wie­der sa­hen al­le Ra­vin an. Einen Mo­ment lang zö­ger­te er, doch als er Lai­os’ Blick auf sich ru­hen fühl­te, spür­te er, wie die An­span­nung von ihm wich. Ru­he durch­ström­te ihn mit je­dem Atem­zug und un­end­li­che Er­leich­te­rung, dass er die­sen Ent­schluss ge­fasst hat­te.
    »Ich rei­se mit Dari­an.«
    Die Kö­ni­gin mus­ter­te ihn lan­ge, der un­sicht­ba­re Fal­ter be­rühr­te sei­ne Schlä­fe, streck­te Füh­ler nach sei­nen Ge­dan­ken und Träu­men aus und ver­schmolz mit dem Po­chen sei­nes Blu­tes. Schließ­lich nick­te sie.
    »Ich se­he, es ist dein Wunsch, Ra­vin, und ich re­spek­tie­re ihn, wenn ich ihn auch nicht bil­li­ge. Du und Dari­an brecht al­so mor­gen früh auf.«
    »Dumm­heit und Wahn­sinn!«, rief Jarog und ver­ließ den Saal oh­ne sich von Ra­vin zu ver­ab­schie­den. Atandros schüt­tel­te den Kopf und folg­te ihm.
    Lai­os ver­beug­te sich vor der Kö­ni­gin. »Ein wei­ser Ent­schluss, Ma­je­stät«, sag­te er und zu Ra­vins Über­ra­schung dreh­te er sich zu ihm um und leg­te ihm die Hän­de auf die Schul­tern. »Und ein gu­ter Ent­schluss, Ra­vin va La­gar!«, flüs­ter­te er. »Ich ver­spre­che dir, wir wer­den über Jo­lons Träu­me wa­chen und da­für sor­gen, dass er ru­hig schläft.«
     
    L
    an­ge hat­te Ra­vin das ge­schnitz­te Bett in sei­nem Zim­mer be­trach­tet. Die Bett­pfos­ten stell­ten kunst­voll aus dem Holz her­aus­ge­ar­bei­te­te Tjärg­pfer­de mit wal­len­den Mäh­nen und fi­li­gran ge­schnitz­ten Oh­ren dar. Sie schim­mer­ten im sam­ti­gen Rot­ton des sel­te­nen Mar­ju­la­bau­mes. Die La­ken und Kis­sen wa­ren aus ei­nem glat­ten, was­ser­wei­chen Stoff ge­macht und leuch­te­ten perl­mutt­far­ben wie die Wän­de. Vor­sich­tig ließ er sich dar­auf nie­der und war er­staunt, wie tief er ein­sank. Er lä­chel­te, dann hol­te er aus sei­ner Ta­sche die ge­floch­te­ne Gras­mat­te her­vor, leg­te sie auf den Bo­den und streck­te sich dar­auf aus. Der Ritt saß ihm in den Kno­chen und die Au­di­enz bei der Kö­ni­gin hat­te ihn auf­ge­wühlt und er­mü­det. Trotz­dem lag er noch lan­ge wach, nach­dem er die Ker­zen ge­löscht hat­te, und starr­te in die mond­lo­se Dun­kel­heit des Zim­mers. Er hör­te den Re­gen un­ge­wohnt weit weg – aus­ge­sperrt und lei­se. Wenn ihn et­was Neu­es wie die Burg und die­ses Zim­mer be­reits so be­un­ru­hig­te, wie soll­te er ei­ne Rei­se ins Grenz­land nach Ska­ris meis­tern? Ra­vin fühl­te, wie ihm im Dun­keln der Mut sank. Mit ei­nem Mal kam ihm sein Ent­schluss über­eilt und sinn­los vor. Er dach­te an die Re­ak­ti­on von Atandros und Jarog und schäm­te sich plötz­lich. Auf die­se Rei­se soll­te ein Shan­jaar ge­hen oder ein Krie­ger, nicht ein Wald­mensch, der bis­her noch nichts ge­tan hat­te, als in Tjärg Ran­jögs und Fi­sche zu ja­gen. Die Sor­ge wälz­te sich wie­der wie ein Stein auf sei­ne Brust.
    Wäh­rend er in den Schlaf hin­über­g­litt, spür­te er noch, wie sei­ne Fin­ger schmerz­ten, die ei­ne so lan­ge Zeit ver­krampft die Zü­gel ge­hal­ten hat­ten. Die Träu­me lie­ßen ihn nicht los. Er sah vier dä­mo­ni­sche Ge­stal­ten mit schwar­zen Ge­sich­tern um ein Feu­er ver­sam­melt. Sein Bru­der er­schi­en dar­in, bleich und ver­stört. Er trat aus dem Feu­er und sah sich um. »Ra­vin?«, rief er. Zi­schend wi­chen die Dä­mo­nen zu­rück. Ra­vin schrie: »Hier bin ich!« Doch Jo­lon hör­te ihn nicht. Noch ein­mal rief er nach Ra­vin. Die Dä­mo­nen lach­ten, die Ge­sich­ter ver­zo­gen sich zu Frat­zen. Von Grau­en ge­schüt­telt sah Ra­vin, wie sie ihn in das Feu­er zu­rück­trie­ben. Jo­lon tau­mel­te den Flam­men ent­ge­gen, wehr­te sich, wur­de durch­sich­tig. Ra­vin schrie wie­der: »Jo­lon, hier! Ich bin hier!«
    Der Nacht­wind be­weg­te sacht die Vor­hän­ge. »Jo­lon!«
    Es reg­ne­te nicht mehr. Ein blas­ser Si­chel­mond war hin­ter den Wol­ken her­vor­ge­kom­men und warf einen schwa­chen Schein in das Zim­mer.
    »Jo­lon!«, flüs­ter­te Ra­vin. Er blin­zel­te den
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