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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers
Autoren: Nina Blazon
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Vor­hang an und brauch­te vie­le Herz­schlä­ge, bis er be­griff, dass er wach war. Ver­stört ließ er sei­nen Blick vom Fens­ter über die Wän­de zur Tür wan­dern. Im Mond­licht glich sein Zim­mer ei­ner Höh­le, in den Schat­ten war­te­ten Ge­fah­ren und Ge­heim­nis­se. Ein Geis­ter­pferd aus Ska­ris bleck­te in den Fal­ten der Vor­hän­ge die Zäh­ne. Ra­vin zog sei­ne De­cke bis ans Kinn. Die Wär­me be­ru­hig­te ihn. Als sein Herz lang­sa­mer schlug und die Ge­spens­ter sich wie­der in Vor­hän­ge, Stuhl­leh­nen und ge­schnitz­te Pfer­de ver­wan­delt hat­ten, schloss er die Au­gen und ver­such­te aber­mals ein­zu­schla­fen.
    Plötz­lich hör­te er es.
    Er fuhr hoch und lausch­te. Da war es wie­der. Es kam aus der Rich­tung der Tür. Ra­vin hielt den Atem an. Er spür­te einen leich­ten Luft­zug, der ihm einen Schau­der über den Rücken jag­te. Im fah­len Licht des Mon­des ahn­te er mehr, als dass er es sah, wie die Tür sich lang­sam öff­ne­te. Im Rah­men er­kann­te er den Um­riss ei­ner Ge­stalt. Groß und be­droh­lich rag­te sie auf. Schlag­ar­tig ka­men Ra­vin die Dä­mo­nen aus sei­nem Traum wie­der in den Sinn. Lang­sam glitt das Ge­spenst auf ihn zu – Schrit­te wa­ren zu hö­ren und das Ra­scheln von schwe­rem Stoff. Die Ge­stalt war am Fußen­de des Bet­tes an­ge­langt, wo sie ver­harr­te.
    Ra­vin glaub­te für einen Mo­ment, ein Au­ge auf­blit­zen zu se­hen. Das Ge­spenst schi­en ihn an­zu­star­ren. Vor­sich­tig tas­te­te er nach sei­nem Mes­ser.
    In die­sem Au­gen­blick wur­de es dun­kel. Die Wol­ke hat­te sich wie­der vor den Mond ge­scho­ben. Ra­vin hielt die Luft an, je­de Fa­ser sei­nes Kör­pers war ge­spannt. Wie­der lei­se Schrit­te und Stoffra­scheln – jetzt dicht an Ra­vins Ohr. Die Dun­kel­heit hüll­te ihn ein wie schwar­zes Was­ser. Dann kam der Mond wie­der her­vor. Ra­vin fühl­te, wie ihm das Blut aus den Wan­gen wich. Das Ge­spenst beug­te sich über ihn.
    Ra­vin riss sein Mes­ser un­ter dem Kis­sen her­vor.
    »Was willst du!«, zisch­te er.
    »Du bist noch wach!«, hör­te er ei­ne Stim­me sa­gen, die der sei­nen ähn­lich war. »Du hast ge­schri­en und da dach­te ich, ich se­he nach, ob al­les in Ord­nung ist.«
    Vor Schreck und Er­stau­nen konn­te sich Ra­vin im­mer noch kaum rüh­ren.
    »Ist denn al­les in Ord­nung?«, frag­te die Stim­me.
    »Ja«, brach­te Ra­vin her­vor und ließ das Mes­ser sin­ken.
    »Hast du schlecht ge­träumt?«, bohr­te die Stim­me wei­ter.
    »Ja«, er­wi­der­te Ra­vin wahr­heits­ge­mäß.
    Ein La­chen im Dun­keln.
    »Kannst du auch noch et­was an­de­res sa­gen als ja?«
    »Du hast mich er­schreckt!«
    Lang­sam ge­wann Ra­vin sei­ne Fas­sung wie­der.
    »Ich hät­te dich bei­na­he mit dem Mes­ser ver­letzt! Wer bist du über­haupt?«
    »Mach das Licht an, dann siehst du es.«
    Ra­vin tas­te­te nach den Zünd­höl­zern. Sei­ne Hän­de zit­ter­ten noch im­mer und er brauch­te meh­re­re An­läu­fe, bis die Ker­ze end­lich brann­te.
    Ne­ben ihm stand ein Jun­ge in sei­nem Al­ter. Al­ler­dings war er grö­ßer und kräf­ti­ger als Ra­vin. Sein blon­des Haar war zer­zaust und glich ei­nem Bü­schel Stroh, das je­mand durch­ein­an­der ge­schüt­telt hat­te. Es um­rahm­te ein schma­les Ge­sicht mit Au­gen, die in ei­nem dunklen Braun leuch­te­ten. Ra­vin wuss­te nicht, was ihn an die­sen Au­gen stör­te, doch ir­gen­det­was an ih­nen kam ihm selt­sam vor. Der Jun­ge lä­chel­te.
    »Mei­ne Gü­te, du schläfst ja auf dem Bo­den!«
    »Wo denn sonst?«, fuhr Ra­vin ihn an. Der Frem­de mach­te ei­ne be­schwich­ti­gen­de Ges­te.
    »Darf ich mich set­zen?«
    Ra­vin nick­te und der Frem­de ließ sich am Fußen­de sei­nes La­gers auf dem Bo­den nie­der. Den Stuhl, der in der Ecke stand, schi­en er nicht zu be­mer­ken.
    »Al­so, wer bist du?«
    Der Frem­de zuck­te mit den Schul­tern und grins­te.
    »Ich bin der Schre­cken der gan­zen Burg. Von Atandros ver­höhnt, von Jarog ver­spot­tet und von den Ge­sand­ten mit Kopf­schüt­teln be­dacht. Nun?«
    »Du bist Dari­an?«
    »Rich­tig!«
    Dari­an sprang auf und schwang ele­gant sei­nen Man­tel.
    »Ich bin Dari­an Dana­lonn. Der größ­te al­ler Zau­be­rer im gan­zen wei­ten Tjärg! Mei­ne
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