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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers
Autoren: Nina Blazon
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für ihn be­stimmt war, aber er kehr­te sich ge­gen ihn. Und nun ist Jo­lon ge­fan­gen.«
    »Aber was be­deu­tet das?«, frag­te Ra­vin.
    Jarog schüt­tel­te den Kopf.
    »Wir wis­sen es nicht.«
    Ra­vin ver­gaß vor Un­ge­duld und An­span­nung sei­nen Re­spekt und sei­ne Schüch­tern­heit.
    »Was heißt, ihr wisst es nicht?«, rief er. »Wenn ihr es nicht wisst, wer dann?«
    »Dein Bru­der wird nicht er­wa­chen«, sag­te Atandros. »Wir kön­nen ver­su­chen den Ei­gen­tü­mer des Stei­nes zu fin­den, den Shan­jaar, der den Fluch ge­spro­chen hat – aber wenn je­mand so fest ge­bun­den ist, dass er nicht mehr in die­sem Be­wusst­sein le­ben kann, dann kön­nen auch wir ihn nicht da­von be­frei­en.«
    Das Echo die­ser Wor­te wir­bel­te wie ein scharf­kan­ti­ger Schau­er von Sil­ber­split­tern durch den Raum, mit­ten durch Ra­vins Herz.
    Die Kö­ni­gin war auf­ge­stan­den. Die bei­den Zau­be­rer blick­ten Ra­vin an, der um Fas­sung rang.
    »Es tut uns Leid, Ma­je­stät«, schloss Atandros wür­de­voll. »Uns selbst schmerzt es, un­se­re Hilf­lo­sig­keit ein­ge­ste­hen zu müs­sen, aber wir kön­nen nichts für Jo­lon tun.«
    Jarogs Zor­nes­fal­te wur­de stei­ler.
    »Ganz recht«, sag­te er in sei­nem Sings­ang. »In ei­nem sol­chen Fall sind wir macht­los. Als ich in Lom und Ta­na un­ter­wegs war, sind mir sol­che Fäl­le be­geg­net. Es gab Zau­be­rer, die be­haup­te­ten hel­fen zu kön­nen. Aber stets stell­te sich her­aus, dass es Schar­la­ta­ne wa­ren. Die Be­wusst­lo­sen wur­den nach und nach schwä­cher und hör­ten ir­gend­wann ein­fach auf zu at­men. Ra­vin va La­gar, so Leid es uns tut, wir kön­nen Jo­lon nicht ret­ten.«
    Vol­ler Mit­leid sah er Ra­vin an, der nur müh­sam sei­ne Trä­nen zu­rück­hal­ten konn­te.
    »Wie könnt ihr so et­was sa­gen«, brach­te er schließ­lich her­vor. »Ihr ent­schei­det über Le­ben und Tod mei­nes Bru­ders, oh­ne auch nur ver­sucht zu ha­ben einen Aus­weg zu fin­den!«
    »Weil es kei­nen Aus­weg gibt«, sag­te Jarog.
    Die Kö­ni­gin war ernst ge­wor­den. Ra­vins Hoff­nung schwand, als er den Aus­druck in ih­ren Au­gen sah.
    »Lai­os?«, frag­te sie. »Stimmst du Jarog und Atandros zu?«
    Lai­os hüs­tel­te und run­zel­te die Stirn. Bis­her hat­te er im Hin­ter­grund ge­war­tet, nun trat er lang­sam vor und hielt Ra­vins ver­zwei­fel­tem Blick stand.
    »Im Grun­de ha­be ich nichts hin­zu­zu­fü­gen, Ma­je­stät!«, sag­te er schließ­lich mit ei­ner Stim­me, die so tief und klang­voll war, dass Ra­vin, hät­te er sie mit ge­schlos­se­nen Au­gen ver­nom­men, ge­glaubt hät­te, sie ge­hö­re ei­nem viel jün­ge­ren Mann.
    »Wie ich es dre­he und wen­de, ich fin­de kei­ne ver­nünf­ti­ge Lö­sung. Ra­vins Ge­schich­te er­in­nert mich an ein Lied, das ich vor vie­len Jah­ren ge­hört ha­be.« Er schloss die Au­gen und sang: »Teil na Skaard­ja kon va nar, Skard­jaan schem jig na va­zar.‹ So in et­wa. Es hat noch achtund­vier­zig Stro­phen, doch sie sind im Sand der Zeit ver­schüt­tet.«
    Jarog sah un­ge­dul­dig aus und auch Atandros schi­en Lai­os’ Wor­ten nicht viel ab­ge­win­nen zu kön­nen. Doch Lai­os fuhr fort.
    »Als ich noch jung war, ha­be ich die­ses Lied in Ska­ris ge­hört. Ich reis­te nach Nor­den und hör­te von Skaard­ja, ei­ner Hei­le­rin, die im Grenz­ge­biet leb­te. Es hieß, sie be­sit­ze ei­ne Heil­quel­le, de­ren Was­ser so­gar To­te aus ih­rem Reich jen­seits der lich­ten Gren­ze zu­rück­ru­fen kön­ne. Vor­aus­ge­setzt, sie wol­len noch um­keh­ren.«
    »Und was soll uns die­se Ge­schich­te sa­gen?«, spot­te­te Atandros. »Es ist ein Mär­chen, Lai­os. Je­der kennt den Spruch: ›Die Quel­le der Skaard­ja fließt nir­gends und ü ber­all.‹ Es ist ei­ne Zau­ber­ge­schich­te für Kin­der.«
    Lai­os wieg­te nach­denk­lich den Kopf.
    »Mag sein, du hast Recht, Atandros. Die Men­schen sind be­reit My­then und Wun­der zu er­schaf­fen. Mag sein, es gab die­se Hei­le­rin, mag sein, dass auch sie ein Mär­chen ist. Aber in je­der Per­le steckt ein Sand­korn.«
    Ra­vins Herz schlug bis zum Hals. Ska­ris! Die Schau­er­ge­schich­ten sei­ner Kind­heit spiel­ten dort. In Ska­ris leb­ten Ran­jögs, die um ein Viel­fa­ches
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