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Im Augenblick der Angst

Im Augenblick der Angst

Titel: Im Augenblick der Angst
Autoren: Marcus Sarkey
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die Tom ihn eben noch gerammt hatte. Wo ihm seine Pistole heruntergefallen war.
    Tom starrte ihm hinterher und wusste, dass er es nicht schaffen würde. Er hatte zu viel einstecken müssen, er war zu schwer verletzt. Außerdem musste er an Anna denken – wenn er Jack umbrachte, würde er sie nicht wiedersehen, sein liebes, liebes, totes Mädchen.
    In diesem Moment brach draußen ein unglaublicher Lärm los: donnernde Pistolenschüsse, einer nach dem anderen, laut und schnell und unanständig hart. Aber Tom registrierte sie kaum, denn über dem Lärm hörte er Anna – Anna, die seinen Namen rief, wieder und wieder, wie ein Gebet. Sie war am Leben. Seine Frau war am Leben.
    Tom kroch weiter, ignorierte das Stechen in seinen Rippen, das Wanken des Bodens, nichts davon war mehr von Bedeutung, er schob alles beiseite, und dann hatte er die Pistole in der Hand und fuhr auf den Knien herum, als Jack gerade auf ihn anlegte.
     
    Als sie die Schüsse aus dem Haus hörte, fing Anna an zu brüllen. Ihre Beine verkrampften sich, die leer geschossene Pistole fiel klappernd auf die Straße.
    Zu spät. Sie kam zu spät. Nichts hatte mehr einen Sinn.
    Später, wenn sie nachts wachlag und Julians gleichmäßigen Atemzügen lauschte, dachte sie oft an diesen Moment und ließ ihn langsam in ihrer Erinnerung ablaufen, wie eine Filmrolle. Der Moment, in dem sich alles verändert hatte. Das unfassbare Sonnenlicht auf ihrem Rücken, das gedämpfte Rauschen der Blätter – alles ging weiter, als wäre nichts passiert. Die Welt hatte ihren eigenen Untergang nicht mitbekommen.
    Die Zeit geriet aus der Spur. Anna stand bewegungslos da. Sie wollte sich auflösen, sie wollte ins Haus rennen, aber sie bewegte sich nicht. Sirenen näherten sich, die Polizei reagierte auf die Schüsse in der ruhigen Wohngegend. Irgendwo über ihrem Kopf sang ein Vogel.
    Aber das war alles egal.
    Ein Geräusch im Haus erregte ihre Aufmerksamkeit. Da drinnen bewegte sich etwas – eine Gestalt, ein vager Schatten in der Dunkelheit. Ein Mann mit einer Pistole, der in ihre Richtung schlich. Anna beschloss, einfach stehen zu bleiben und zu warten, bis Jack sie umbrachte.
    Da erkannte sie Tom.
    Es war wie eine Wiedergeburt, eine gemeinsame Wiedergeburt aus einer Flammenhölle. Einen Moment lang blickten sie sich bloß an. Kurz darauf, als die Streifenwagen in die Straße geschossen kamen wie eine metallene Urgewalt, rannte Anna auf ihn zu, und dann war sie bei ihm, dann klammerten sie sich aneinander, um nicht hinzufallen, und in diesem Moment schwor sie sich, dass sie nie wieder loslassen würde.
    Niemals.
     

21
     
    »… Polizeisprecher Patrick Camden zufolge wurden die Ermittlungen im Fall des tödlichen Schusswechsels, der sich letzte Woche in einer Mall in Lincoln Park ereignete, abgeschlossen. Als Täter wurden der dreiundvierzigjährige Jack Witkowski und der neununddreißigjährige Marshall Richards identifiziert. Beide kamen bei einer Schießerei zu späterer Stunde ums Leben, die noch weitere Opfer forderte, darunter ein hochdekorierter Detective. Nach ihrer Flucht aus dem Einkaufszentrum sollen Witkowski und Richards eine alleinstehende Mutter namens Sara Hughes getötet haben, die in der Nähe lebte, und sich daraufhin über mehrere Stunden in ihrer Wohnung versteckt gehalten haben. Beide Täter verfügen über ein langes Strafregister und gelten als Hauptverdächtige in dem Fall, der unter der Bezeichnung ›Shooting-Star-Raub‹ einige Bekanntheit erlangt hat; bei diesem Vorfall vom 24. April wurden zwei Männer getötet. Gleichzeitig kursierten Gerüchte über eine größere Summe Geld, die damals angeblich gestohlen wurde, worüber von offizieller Seite allerdings nichts verlautete. Bis heute wurde kein Geld sichergestellt –«
    Malachi beugte sich vor und schaltete das Radio ab. Es war immer wieder interessant, die offiziellen Berichte mit dem zu vergleichen, was wirklich geschehen war. Die Medien bauten Tom und Anna Reed zu strahlenden Helden auf, die einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet hatten, ein Duo von Polizistenmördern zur Strecke zu bringen – doch mit genaueren Informationen über die Hintergründe hielt sich die Polizei auffallend zurück. Malachi hatte ein paar Freunde bei den Cops, und soweit er wusste, gab es nicht wenige, die die Reeds am liebsten aufgehängt hätten. Aber der Fall hatte sich in ein politisches Problem verwandelt, und von ganz oben war die Anordnung ergangen, die Akten zu schließen. Aus Mangel an
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