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Illusionen

Illusionen

Titel: Illusionen
Autoren: Richard Bach
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frohlockte der Meister, bedankte sich und summte ein kleines Mechanikerlied, während er von dem Berg hinabstieg. Und als das Volk ihn wieder umringte und bestürmte und ihm von seinen Kümmernissen berichtete und ihn anflehte, es zu heilen und ohne aufzuhören mit den Früchten seiner Erkenntnisse zu füttern und mit seinen Wundertaten zu unterhalten, lächelte er der Menge freundlich zu und sagte: »Ich höre auf.«
    25. Einen Augenblick hatte es der Menge die Sprache verschlagen.
    26. Und er sprach zu ihnen: »Wenn ein Mann Gott versicherte, er täte nichts Heber, als der leidenden Menschheit zu helfen, einerlei, was es koste, und Gott ihm antwortete und sagte, was er tun müßte, sollte dieser Mann dann nicht tun, wie ihm geheißen?«
    27. »Gewiß doch, Meister!« rief die Menge. »Es sollte ihm eine Lust sein, selbst Höllenqualen zu erleiden, wenn Gott es so wollte.«
    28. »Gleichgültig, was diese Qualen sind und wie schwer die Aufgabe ist?«
    29. »Ehrenvoll ist es, aufgehängt, ruhmvoll, an einen Baum genagelt und verbrannt zu werden, wenn es dies ist, was Gott verlangt hat« riefen sie.
    30. »Und was würdet ihr tun«, fragte der Meister die Menge, »wenn Gott euch ins Angesicht sagte: ICH GEBIETE EUCH, ZEIT EURES LEBENS AUF DIESER WELT GLÜCKLICH ZU SEIN? Was würdet ihr dann tun?«
    31. Und die Menge schwieg darob, nicht eine einzige Stimme erklang über den Hügeln und Tälern, wo sie alle standen.
    32. Und der Meister sagte in die Stille hinein: »Auf dem Pfad unseres Glücks werden wir die Erkenntnis finden, für die wir uns dieses Leben ausgesucht haben. Dies ist es, was ich heute erkannt habe, und ich will euch jetzt verlassen, damit ihr euren eigenen Weg geht, wie ihr es für richtig haltet.«
    33. Und er bahnte sich einen Weg durch die Menge und verließ sie und kehrte zurück in die Alltagswelt der Männer und Maschinen.

 
2.   Kapitel
     
    Es war Hochsommer, als ich Donald Shimoda das erstemal begegnet bin. In den vier Jahren meiner Flugpraxis war ich noch nie auf jemanden gestoßen, der sich wie ich betätigte, der mit dem Wind von Stadt zu Stadt flog und Rundflüge in einem alten Doppeldecker verkaufte: Preis drei Dollar für zehn Minuten Flugzeit. Aber eines Tages, unmittelbar nördlich von Ferris im Staate Illinois, blickte ich aus dem Cockpit meiner alten Fleet hinunter, und da saß eine Travel Air 4000, gold und weiß lackiert, wie gemalt, mitten im gelbgrünen Gras.
    Gewiß, mein Leben war ungebunden, aber manchmal wurde es verdammt einsam. Ich sah den Doppeldecker dort unten, zögerte einen Augenblick und dachte dann, es könnte nicht schaden, ihm einen Besuch abzustatten.
    Gas zurück auf Leerlauf, voll ins Seitenruder gestiegen, und dann glitten die Fleet und ich mit einem kalifornischen Riesenslip schräg nach unten auf den Boden zu. Der Wind sang in den Spanndrähten, ein sanfter, guter Klang, das bedächtige tuk-tuk des guten alten Motors, der den Propeller ohne Hast weiter herumwirbelte. Schutzbrille hoch, um die Landung besser beobachten zu können. Maisstengel huschten wie ein grünblättriger Dschungel dicht unter mir dahin, eine Umzäunung blitzte auf, dann nur frischgemähtes Heu, so weit das Auge reichte. Mit Knüppel und Ruder aus dem Slip, ein elegantes Abfangen über dem Heu, das die Reifen streiften, und dann das vertraute harte Schütteln vom festen Boden unter den Rädern, sachte, sachte ... ein plötzliches Anschwellen von Lärm und Kraft, um neben das andere Flugzeug zu rollen und zu halten. Gas weg, Zündung aus, das leise klack-klack des Propellers, der nun in der völligen Ruhe des Julitages zum Stillstand kam.
    Der Pilot der Travel Air saß im frischgemähten Gras, den Rücken gegen das linke Rad seiner Maschine gelehnt, und beobachtete mich. Eine gute halbe Minute starrte ich zurück und bewunderte seine rätselhafte Gelassenheit. Ich wäre nicht so ruhig gewesen, hätte nicht einfach so dagesessen und zugesehen, wie ein anderes Flugzeug sich knappe zehn Meter entfernt von mir auf ein Feld setzte. Ich nickte ihm zu, er gefiel mir auf den ersten Blick. »Sie sahen so einsam aus!« rief ich über die Entfernung zwischen uns.
    »Sie auch.«
    »Wollte nicht stören. Wenn ich überflüssig bin, verdufte ich.« »Nein. Ich habe Sie erwartet.«
    Ich mußte lächeln. »Tut mir leid, daß ich mich verspätet habe.«
    »Macht nichts.«
    Ich nahm meine Kopfhaube und die Schutzbrille ab, kletterte aus dem Führersitz und sprang von der Tragfläche herunter. Es tut
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